Fleet Foxes „Helplessness Blues“ (Bella Union)
Muß das sein, lautet die erste Frage. Muß das sein, dass in der Süddeutschen der ausgewiesene Leitartikler und Chefredakteur Kurt Kister, zu Glanzzeiten von Schröders rot-grüner Zwangsehe auch als Lookalike von Joschka Fischer (der dickeren Variante) unterwegs, dass also ein Mann der Politik die Besprechung des neuen, zweiten Albums der Fleet Foxes übernimmt? Warum nicht, kann man da entgegnen, ein guter Redakteur muß alles (be)schreiben können und hat nicht Kister auch schon in bunten Kinderheften Meinungen geäußert und zählt er nicht auch zu den Meistern der spitzen Feder, die in der Streiflicht-Kolumne tagtäglich für Erheiterung und Besinnung gleichermaßen sorgen? Jetzt, wo Guido Westerwelle aus Amt und Würden ist, sucht der Mann halt neue Betätigungsfelder.
Außerdem verortet er, völlig zu recht, die Folkmusik der Fleet Foxes ins Erbe von Simon And Garfunkel bzw. Crosby, Stills And Nash, und das ist seine Zeit, also ist er auch zuständig. Andere Sachen bleiben ihm dagegen eher fremd, deshalb darf er ungestraft von Seattles Nirvana als „Krachmaxenband“ fabulieren, die seiner Ansicht nach nur deshalb bekannt sei, weil sich deren Sänger Kurt Cobain ungehindert einen Gewehrlauf in den Rachen schob und die angeblich als gebrochenes Versprechen dem Hörer vieles schuldig geblieben wäre. Was natürlich Unsinn ist, denn zu „Nevermind“ gab es einfach nichts wirklich Wichtiges mehr hinzuzufügen, was selten genug vorkommt in der Welt des Rock und Pop. Zumindest fraglich ist auch die These, nach der die Fleet Foxes mit zwei grandiosen Platten nullkommanix die beste Band Amerikas seien, was unterschlägt, dass auch andere Mütter schöne Töchter haben, also zum Beispiel Midlake zuvor durchaus Vergleichbares abliefern konnten.
Genug salbadert – die Fleet Foxes also: Wer sein zweites Album fertigstellt, von dem erwartet man noch nicht die großen Überraschungen, zumal das erste, selbstbetitelte gerade mal knapp zwei Jahre alt ist und ein wirklich gelungenes war. Und so gibt es auf dem aktuellen wieder zart verwobenes Saitenspiel zu der fürsorglich warmen Stimme von Robin Pecknold, flauschige Männerchöre, die dem Ohr des Hörers nur Gutes wollen. Dazu erbauliche Selbstbespiegelungsverse („What's my name, what's my station, oh, just tell me what i should do …”/Helplessness Blues) und mit „The Cascades“ ein feines Instrumental. Die Songtitel sind gewohnt verwunschen und versponnen – „Beduin Dress“ mit mittelalterlichen Fidelklängen und sachte angetipptem Rhythmus, bei „Sim Sala Bim“ geht‘s am Schluss verhältnismäßig ruppig zur Sache, auch beim zweigeteilten „The Shrine/An Argument“ treten sich gegen Ende der acht Minuten verwegen schräge Töne auf die Füße.
In „Blue Spotted Tail“ rückt einem Peckold ohne den gewohnten Hall erstaunlich nah auf die Pelle, während er seine schweren Gedanken wiegt: „Why in the night sky are the lights on? Why is the earth moving round the sun? ... Why is life made only for to end?“ Das wirkt so ungewohnt wie unmittelbar, dass es mit zu den schönsten Momenten der Platte zählt. Es wird auch für das Wohl und Wehe dieser Band entscheidend sein, wie gut sich der Folk auf Dauer zu etablieren vermag, wie sich also Joanna Newsom, Mumford And Sons oder auch Junip weiterentwickeln, ob es bei betulicher Einkehr bleibt oder ob vielleicht doch noch eine politische, expressivere Variante daraus entstehen kann. Bis hierhin jedenfalls: schön.
http://www.fleetfoxes.com/
Muß das sein, lautet die erste Frage. Muß das sein, dass in der Süddeutschen der ausgewiesene Leitartikler und Chefredakteur Kurt Kister, zu Glanzzeiten von Schröders rot-grüner Zwangsehe auch als Lookalike von Joschka Fischer (der dickeren Variante) unterwegs, dass also ein Mann der Politik die Besprechung des neuen, zweiten Albums der Fleet Foxes übernimmt? Warum nicht, kann man da entgegnen, ein guter Redakteur muß alles (be)schreiben können und hat nicht Kister auch schon in bunten Kinderheften Meinungen geäußert und zählt er nicht auch zu den Meistern der spitzen Feder, die in der Streiflicht-Kolumne tagtäglich für Erheiterung und Besinnung gleichermaßen sorgen? Jetzt, wo Guido Westerwelle aus Amt und Würden ist, sucht der Mann halt neue Betätigungsfelder.
Außerdem verortet er, völlig zu recht, die Folkmusik der Fleet Foxes ins Erbe von Simon And Garfunkel bzw. Crosby, Stills And Nash, und das ist seine Zeit, also ist er auch zuständig. Andere Sachen bleiben ihm dagegen eher fremd, deshalb darf er ungestraft von Seattles Nirvana als „Krachmaxenband“ fabulieren, die seiner Ansicht nach nur deshalb bekannt sei, weil sich deren Sänger Kurt Cobain ungehindert einen Gewehrlauf in den Rachen schob und die angeblich als gebrochenes Versprechen dem Hörer vieles schuldig geblieben wäre. Was natürlich Unsinn ist, denn zu „Nevermind“ gab es einfach nichts wirklich Wichtiges mehr hinzuzufügen, was selten genug vorkommt in der Welt des Rock und Pop. Zumindest fraglich ist auch die These, nach der die Fleet Foxes mit zwei grandiosen Platten nullkommanix die beste Band Amerikas seien, was unterschlägt, dass auch andere Mütter schöne Töchter haben, also zum Beispiel Midlake zuvor durchaus Vergleichbares abliefern konnten.
Genug salbadert – die Fleet Foxes also: Wer sein zweites Album fertigstellt, von dem erwartet man noch nicht die großen Überraschungen, zumal das erste, selbstbetitelte gerade mal knapp zwei Jahre alt ist und ein wirklich gelungenes war. Und so gibt es auf dem aktuellen wieder zart verwobenes Saitenspiel zu der fürsorglich warmen Stimme von Robin Pecknold, flauschige Männerchöre, die dem Ohr des Hörers nur Gutes wollen. Dazu erbauliche Selbstbespiegelungsverse („What's my name, what's my station, oh, just tell me what i should do …”/Helplessness Blues) und mit „The Cascades“ ein feines Instrumental. Die Songtitel sind gewohnt verwunschen und versponnen – „Beduin Dress“ mit mittelalterlichen Fidelklängen und sachte angetipptem Rhythmus, bei „Sim Sala Bim“ geht‘s am Schluss verhältnismäßig ruppig zur Sache, auch beim zweigeteilten „The Shrine/An Argument“ treten sich gegen Ende der acht Minuten verwegen schräge Töne auf die Füße.
In „Blue Spotted Tail“ rückt einem Peckold ohne den gewohnten Hall erstaunlich nah auf die Pelle, während er seine schweren Gedanken wiegt: „Why in the night sky are the lights on? Why is the earth moving round the sun? ... Why is life made only for to end?“ Das wirkt so ungewohnt wie unmittelbar, dass es mit zu den schönsten Momenten der Platte zählt. Es wird auch für das Wohl und Wehe dieser Band entscheidend sein, wie gut sich der Folk auf Dauer zu etablieren vermag, wie sich also Joanna Newsom, Mumford And Sons oder auch Junip weiterentwickeln, ob es bei betulicher Einkehr bleibt oder ob vielleicht doch noch eine politische, expressivere Variante daraus entstehen kann. Bis hierhin jedenfalls: schön.
http://www.fleetfoxes.com/