Samstag, 16. April 2011

Tschüss denn ...



Die Zeiten, in denen Pressekonferenzen von Fussballtrainern erbauliche und/oder erheiternde Informationen boten, sind längst vorbei - ungefähr seit etwa dem Moment, als sich der biedere Titten- und Zweitligasender DSF bemüßigt fühlte, ein Format mit dem Titel "PK-TV" ins Leben zu rufen, scheint der Reiz komplett verflogen. Wo früher, also in einem anderen Jahrtausend, ein Daum herrlich sinnentleert faselte ("Ich tue dies, weil ich ein absolut reines Gewissen habe"), ein Trappatoni tobte ("Eine Trainer iste immer eine Idiot") oder ein Matthäus hoffte ("I hope we have a little bit lucky"), gibt es heute nur mehr dröges Einerlei. Entweder man gefällt sich in vieldeutigem, humorfreiem Nichtssagen (Schaaf), verfällt in gehetzte und bockige Schnappatmung (van Gaal) oder niveauarme Schimpftiraden (Rehagel), ach, wie wohltuend unorthodox nahmen sich dagegen noch die Jounalistenscherze von Hans Meyer aus.

Da tut es gut, sich Holger Stanislawskis 36minütigen Abgang anzuschauen, weil so viel von dem drinnen steckt, was dieser ganze Fußballzirkus namens Bundesliga nur noch selten hat: Herzblut, Tränen, unfreiwillige Komik, trotzige Männerromantik, Unsicherheit, unverstellte Ehrlichkeit, und wer will, kann nebenbei noch eine ganze Menge über den Verein FC St. Pauli erfahren. Natürlich gibt es nach dieser melancholischsten aller Abschiedsreden auch einige unbeantwortete, vielleicht kritische Fragen: Warum dieser Zeitpunkt, warum jetzt? Wenn man ausgebrannt ist, warum dann gleich in der nächsten Saison zum nächsten Engagement hetzen? Und warum vom Alternativverein mit historischem Flair zum firmenalimentierten Dorfklub?

Sei's drum, vielleicht weiß der Holger das selbst nicht so genau, die knappe Dreiviertelstunde wirkt jedenfalls auch wie eine Entschuldigung an sich selbst, ein einziges großes Fragezeichen - hier versucht sich einer mächtig Mut zuzusprechen für die Zeit nach dem Absprung. Trotzdem - wer wollte schon ernsthaft verlangen, dass olle Stanislawksi wie Pierre Brice als ewiger Winnetou durch den Verein geistert, man gönnt ihm bei allem Abschiedsschmerz diesen klaren Schnitt. Für alle Verpasser in voller Länge - Kaffeetasse und Taschentücher bereithalten: hier.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Neuer weint auch ...

Wieso hat van Gaal nicht geheult, was war los bei Magath? Alles eiskalte Machtmenschen? Wo bleibt die Menschlichkeit im Fußball?

Und was bedeutet es eigentlich, wenn Neuer sagt, dass er nicht entscheiden kann, wohin er wechselt, das müssen die Verein ausmachen? Sind Fußballer etwa austauschbar wie Leuchtmittel oder Batterien?

Für mich bricht eine Welt zusammen, ich kann nicht mehr. Ich glaube ich muss auch weinen ...

derciri

Mapambulo hat gesagt…

Das mit dem "wohin" haste falsch verstanden, da ging's eher um das "wann" - ich hab' mir die 27 Minuten auch komplett gegeben.

Ansonsten - sollen sie doch heulen, ist doch schön. Tun sie doch eh' nur, wenn sie weggehen, oder meinst du der heult weil er zu Bayern muss?

Ende ist gut: "Es ist schlimmer, von der eigenen Familie ausgepfiffen zu werden als von Noch-Fremden." Ehrliche Haut, der.