Donnerstag, 20. Januar 2011

Gehört_231



Gang Of Four “Content” (Grönland)
Da hat man sich ehrlich gefreut, endlich mal wieder eine Kapelle unter die Tastatur zu bekommen, die nicht zur Kategorie “klingt wie” gehört, sondern die ganz im Gegenteil seit Jahren Heerscharen von aufstrebenden und auch etablierten Indiebands selbst als unverrückbare und verehrungswürdige Referenzgröße gilt. Gang of Four sind ja quasi die Tanzlehrer des Postpunk, Ferdinands Franz wäre ohne sie überhaupt nicht denkbar, die komplette Besetzung der Red Hot Chili Peppers säße wahrscheinlich auf dem Arbeitsamt und hierzulande müßte man ohne die Mannen aus Leeds wohl auf den Meilenstein “Monarchie und Alltag” der Fehlfarben verzichten – undenkbar also.

Groß war dann die Überraschung, dass nun Gang Of Four auch nicht mehr so klingen wollen wie Gang Of Four – zumindest die erste Hälfte ihres mit großer Spannung erwarteten Albums “Content” besteht ohne Ausnahme aus gnadenlos hingerotzten Gitarrenbrettern, Punk ohne Post, näher bei den Stooges und kaum Spuren der vielgerühmten Funkyness. “Who can steel when everything is free, who am I when everything is me, who can lie when everything is true, who wants old when everything is new?”, ätzt Jon King in gewohnter Manier (Who am I?) und der Grund, warum auch dieser forcierte Teil des Albums so gut funktioniert, liegt sicher zum Großteil am prächtigen Zusammenspiel Kings mit dem Saitenquäler Andy Gill, der sich und seinem Instrument wirklich nichts schuldig bleibt.

Erfreulicher Bruch dann beim fast besinnlichen “Fruitfly In The Beehive” (What is the proof of live? A fruitfly in the beehive!), reduziertes Gitarrenpicking zu entspanntem Beat, auch “I Can See You From Far Away” mit entfernten Dubstepanleihen geht diesen Weg. Den Abschluß bildet “Second Life”, 2008 schon einmal als zwischenzeitliches Lebenszeichen gefeiert und nun fast verschämt am Ende der Platte versteckt. Wessen Schädel nach dem Trommelfeuer der ersten gut zwanzig Minuten nicht gänzlich betäubt worden ist, der darf danach den Wiedererkennungseffekt genießen – in jedem Falle ein nicht nur lang ersehntes, sondern auch passables Comeback. Und ganz nebenbei die irritierende Botschaft, dass Grönemeyer zwar immer noch nicht tanzen kann, es mittlerweile als Labelboß aber zu einem achtbaren Musikgeschmack gebracht hat.
http://www.gangoffour.co.uk/

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