Samstag, 13. Februar 2010

Gehört_104



LaBrassBanda „Übersee“ (Trikont)
Auf die berüchtigte Frage, ob denn auch für sie das zweite Album das schwerste gewesen sei, würden LaBrassBanda vermutlich mit einem lässigen „Geh weida, so an Schmarren!“ antworten. Naheliegend ist der Gedanke deshalb, weil sich „Übersee“ so mühe- und nahtlos zum Vorgänger fügt, als wäre es nur ein neues Kapitel im großen Ganzen. Und genau das wollte man ja auch. Wer wie ich schon „Habediehre“ als grandiose Unterhaltung erlebt hat, wer von dieser teils gewitzten, teils melancholischen Mundart schon angefixt war, brauchte dringend mehr von diesem Stoff – „Übersee“ liefert reichlich nach. Die Änderungen zum Debüt scheinen marginal, es gibt mehr Text, mehr Tempo und den verschiedenen Spielarten des Chiemgau Brass wird – sorry für die Verhackstückung – vielleicht noch eine Art Brassfloor hinzugefügt. LaBrassBanda bleiben bei alledem weit genug entfernt von Mode, Modernität oder Zeitgeist (Bauersbua: „Vo deine moderna Musi wird mir schlecht ...“), ursprünglich weiterhin, sympathisch sowieso. Und wenn man irgendeinen programmatischen Standpunkt herauslesen möchte, dann vielleicht die anhaltende Verweigerung der gleichmacherischen Verständlichkeit – denn wo ein Münchner Tatort gänzlich hochdeutsch daherkommt und der bayerische Dialekt auch sonst eher bei Comedy und Kabarett zu Hause scheint, wird er hier wieder im besten Sinne herkunftsbewußt und stilprägend eingesetzt. Da heißt es sich auf den Hosenboden setzen und, dem Idiom nicht uneingeschränkt mächtig, Texte entschlüsseln. Die Belohnung folgt prompt, LaBrassBanda erweisen sich auch auf „Übersee“ als Meister der Poesie. Mit „Rotes Hoserl“ und „VW Jetta“ gelingen ihnen feinfühlige, etwas unbeholfene Liebeslieder, das wunderbare „Ringelbleame“ kontrastiert auf überraschende Art stakkatoartigen Beat mit verschämtem, traurigem Schuldeingeständnis der eigenen Unzulänglichkeit. Auch „Doda Has“ rührt an, wohingegen bei „Des konnst glam“, „Inter Mailand“ und „Ragga“ der gewohnt beißende Spott amüsiert. Ein Höhepunkt für mich, der ich Lebenseinstellung, Haltung herauslesen möchte („Da Stress vo aussn lasst mi kalt, schau liaba zua wie d’Welt si malt …“), zweifellos „Deyda“ – die Worte lassen einen ganz still werden, bringen zusammen mit der bedächtigen, warmen Instrumentierung eine angenehme Ruhe zustande, so klingt mir das Ganze wie eine gesungene, angenehm schwingende Fortsetzung von „Paby“ aus dem ersten Album. Man wünscht ihnen, dass sie dieses Niveau noch lange zu halten vermögen, zu wenig davon ist da um den eigenen Bedarf zu decken …
http://www.labrassbanda.com/

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