Samstag, 25. April 2009

Gefunden_15



"... Posselt ist eher stark gebaut und rundköpfig. Dem Grundkonzept des Halses, also einer deutlich abgesetzten Verbindung zwischen Torso und Kopf, scheint er skeptisch gegenüberzustehen. ... Und dann hat Posselt einen Schnurrbart. Der steht in zwei deutlich voneinander abgesetzten Haarbalken auf der Oberlippe. Man meint, der geteilte Schnurrbart habe sich gebildet aus einem Paar verrutschter Augenbrauen, die in der Annahme, der Mund werde sich später zu einem solitären Zyklopen-Auge entwickeln, bereits prophylaktisch gewachsen sind."
Kurt Kister in der Süddeutschen Zeitung vom 25./26. April 2009 zum Wahlkampfplakat des CSU-Kandidaten Bernd Posselt

Freitag, 24. April 2009

Gehört_26



The Breeders "Fate To Fatal" (The Breeders)
Kurze Platte, kurze Kritik - Volltreffer. Nachdem der letzte Longplayer der Breeders "Mountain Battles" selbst eingefleischten Fans etwas zu durchwachsen und unentschlossen war - sie waren im Nachhinein wohl selbst nicht so ganz zufrieden damit - ist ihnen mit ihrer ersten selbstproduzierten und -vertriebenen E.P. "Fate To Fatal" ein kleines Meisterwerk gelungen. Es enthält neben dem gleichnamigen, gewohnt kracherten Eröffnungsstück drei ungewöhnlich ruhige Songs: Bei "The Last Time" überlassen Deal und Conelly gleich dem Screaming-Trees-Frontmann Mark Lanegan das Mikro - sicher kein Fehler. Hernach eine gelungene, verhaltene Coverversion von Bob Marleys "Chances Are" und am Schluß gute fünf Minuten verschrobener Blues wie zu besten "Title TK"-Zeiten, "Pinnacle Hollow" beschließt ein sehr willkommenes Lebenszeichen. Wollen wir mal hoffen, Mr. Black aka Francis hat auch gut hingehört und weiß das Potential für das laut Gerüchten bald geplante neue Pixiesalbum zu nutzen. Besser wär' das.

Hören+Sehen



SONIC YOUTH, Haus der Kunst, 23.04.2009
Die Gefahr einer Überhöhung ist bei einer Band wie Sonic Youth, die ich zwar nicht seit ihren ersten Tagen, aber doch schon seit vielen Jahren in großer Zuneigung begleite, durchaus gegeben. Deshalb kann es gerade bei der Nachbetrachtung zum Konzert im Haus der Kunst zu schamlos unkritischen Schwelgereien kommen – ich möchte mich dafür allerdings nicht entschuldigen müssen. Denn was kann ich dafür, dass sich so viele Komponenten zu einem nahezu perfekten Ganzen ergänzt haben. Das Ambiente: Dosenbier in den heiligen Hallen. Aber gern. Zünftige Saunaluft bzw. deren Mangelverwaltung, dazu eine ambitionierte Ansage von Chris Dercon himself mit der Bitte, doch auch die Ausstellung von Gerhard Richter nicht zu vergessen. Mal schaun. Die Band: Ganze vier Gitarren inkl. wanderndem Bass, ein prächtig aufgelegter Schlagzeuger und das liebgewonnene Reihum am Mikrofon, leidenschaftlich Lee Ranaldo, gewohnt schluffig Thurston Moore und herrlich extatisch Kim Gordon. Überhaupt: KIM GORDON. Schwarzes Chiffonkostüm, sehr mini, einmal mehr omnipräsent bei Gesang und Tanz ... – besser, ich höre sofort auf, bevor es allzu peinlich wird und ich Probleme mit meiner Frau bekomme. Die Setlist war eine angenehm ausgeglichene – neue Songs vom kommenden Album „The Eternal“, geradliniger, melodiöser und etwas eingängiger als die älteren, wechseln mit Klassikern zu gleichen Teilen – phänomenale Höhepunkte natürlich „C’ross The Breeze“ und „Hey Joni“ vom legendären 88’er „Daydream Nation“, „100%“ ein Heuler vor dem Herrn und am Ende die obligatorische, zehnminütige Feedbackorgie – vier Menschen arbeiten sich völlig selbstvergessen an ihren Instrumenten ab, ein jeder wie mit einer Art Wünschelrute bewaffnet auf der Suche nach dem endgültigen, dem erlösenden Ton. Ein Erlebnis. Und gut zu sehen und zu hören, dass jahrzehntelang gelebte Verweigerung so vollkommene Formen erreichen kann. Immer wieder.

Donnerstag, 23. April 2009

Gefunden_14



"I can smell burning flesh ... and I hope to God it's human."
Morrissey auf dem Coachella-Festival 2009.

Dienstag, 21. April 2009

Gefunden_13


Man hört es förmlich aus dem Off:
„Nee, das is jetzt nicht Euer Ernst! Ich selber?“
„Doch, das kommt gut – total autenthisch! Mach mal!“
„Aber die Scheißdinger halten nich – bescheuerte Marketingidee!“
„Jetzt hab Dich nich so – die Kohle willste doch auch einstecken.“
(Ganz leise) „Verwichste Agenturfuzzis!“
„Was meinste?“
„Nix – mach ja schon ...“
Und er macht und gibt sich richtig Mühe. Jarvis Cocker bastelt für seine neue Single „Angela“ höchstselbst an seiner Website – sehr nett anzuschauen. Und natürlich auch anzuhören, klar ...
www.jarviscocker.net

Gehört_25



Metric „Fantasies“ (Pias UK)
Ja, was soll man Metric eigentlich vorwerfen? Sie haben mit „Fantasies“ ihr bislang viertes Studioalbum abgeliefert und klingen darauf so teuflisch einschmeichelnd, dass man automatisch ein schlechtes Gewissen bekommen muß, wenn man einen Haken daran sucht. Und leider auch findet – denn das war von Anfang an das Problem der Kanadier: Sie klingen leider so unglaublich glatt, dass einen das Gefühl beschleicht, sie hätten sich vor jeder Platte mit einem Universalratgeber hingesetzt, der da heißt „Moderner Indierock im Wandel der Zeiten, Vol. 1-4“. Und dass sie gut aufgepaßt haben, hört man „Fantasies“ eben an – windschnittige Rocksongs, perfekt in Aufbau und Auswahl der Zutaten, hier eine Prise Breeders, da ein Zitat von House of Love, ganz viel Garbage (Brüder und Schwestern im Geiste) kann gar nicht schaden, alles langsam köcheln lassen, sorgsam abschmecken – fertig: „Gimme Sympathy“, „Help I’m Alive“, „Blindness“, „Collect Call“, und und und ... Dummerweise klingt das halt alles nach dem zweiten Durchlauf nicht mehr so richtig spannend und später einfach nur noch langweilig. Und wenn dann zur Mitte noch so ein billiges Liquido-Riff durchschimmert, ist es leider ganz aus. Fazit: Zuviel gewollt und allzu wenig dafür getan. Die Bude wird wohl trotzdem voll werden, befürchte ich. Geschenkt.
Metric "Fantasies" Komplettstream

Montag, 20. April 2009

Bitte nicht stören!



Quasi als Nachtrag: Eingetroffen ist die Deluxe-Edition von "Sounds Of The Universe" und wird nun natürlich entsprechend zelebriert - also: Pssssst!

Donnerstag, 16. April 2009

Gehört_24



Depeche Mode „Sounds Of The Universe” (Mute)
Ja, wie nun angehen die Schreibe über eine Sache, bei der Voreingenommenheit Gesetz und Objektivität schlichtweg unmöglich sind? Machen wie die Onlineschreiber beim Spiegel, die zwar besser hingehört haben als vermutet, sich aber dennoch grob im Kontext vergreifen und das Phänomen Depeche Mode lieber abschätzig belächeln als sich die Mühe zu machen es zu erklären? Wie die ZEIT, die sich gar nicht den Anschein gibt, sie hätte die Platte anhören wollen und sich lieber jammernd darin ergeht, wie kritiklos und speichelleckerisch doch die restliche Journaille seit Jahren mit den Synthiepoppern umspringt? Oder gar wie die WELT, die seit Urzeiten ausgewiesene Weg- oder Nichthörer im Feuilleton unterbringt, welche wiederum vor einigen Monaten den famosen FAZ-Artikel über Guns N’Roses gelesen haben müssen und soviel Gefallen daran fanden, dass sie nun glauben, so einen Verriss kriegen sie auch hin? Kriegen sie nicht – Jungens, das geht nicht ohne Hirn und Herz! Man muss keine Eloge wie das Fachmagazin de:bug verfassen, aber man kann sich durchaus kritisch mit dem Album als Ganzem und mit den einzelnen Songs auseinandersetzen, wie zum Beispiel die Frankfurter Rundschau oder der Tagesspiegel es getan haben.

Das neue Album also, SOTU sein faninterner Nickname, ist ein sehr widersprüchliches geworden, zerrissen, unentschieden, eher geklotzt als gekleckert. Bewusst retro, mit haufenweise alter Technik bespielt und oft in der Dosierung übertrieben, dem mächtigen, brazzigen Sound den Vorzug gebend vor den feinen, eher leisen Tönen. Es ist nichts wirklich neues dabei, textlich pendelt man wie gewohnt zwischen Weltschmerz und Liebestrieben, viele Klangspuren, Geräusche erinnern an Phasen oder auch Songs der Bandhistorie, der Mix ist interessant, zuweilen krude und ja, es stimmt, das Album arbeitet sich in die Gehörgänge, man sollte sich also etwas Zeit damit lassen.

Einzeln und wohlwollend betrachtet bleibt es trotzdem ein gutes, ehrliches Stück Arbeit, die besseren Songs überwiegen meines Erachtens auf der Habenseite: Unentschlossen noch grollt der soulige Opener „In Chains“, bis eine beißende Fuzzgitarre ihn mitleidlos zersägt, der Nachfolger „Hole To Feed“ wirkt schon runder, tanzbarer mit seinem nervösen Beat. „Wrong“ als Single unschlagbar und auch das große Versprechen vorab, wuchtig, mit formidablen Backingvokals verfeinert. „Fragile Tension“ im Anschluss verblasst etwas und erinnert in seiner schluffigen Art ein wenig an das ähnlich leidenschaftslose „Lilian“ vom Vorgängeralbum, auch „Little Soul“ kann trotz 80er Glockenspiel und zu kurzer Bluesgitarre am Ende nicht überzeugen, Gahan leiert seltsam unmotiviert. „In Sympathy“ wiederum ein Klon des glattgebügelten „Precious“, allzu windschnittig und kantenarm – „Peace“ hingegen lässt einen wieder in Vergangenem schwelgen, gemahnt fast schon an Zeiten von „A Broken Frame“ und dreht den Gesang in erstaunliche Höhen. Der Folgesong „Come Back“ war in der Studioversion als Ballade verstanden und da auch sehr gelungen, auf dem Album ist er mit einer durchaus verzichtbaren Gitarrenspur aufgepimpt und mit diesem Bombast leider ziemlich unverdaulich. Das Instrumentalstück „Spacewalker“ ist – ein Luxusproblem – das ärgerlichste Stück der Platte, zwei Minuten flaumiges Nichts, Sachen, die man getrost Klaus Schulze oder Jean Michel Jarre überlassen kann. Zum Abschluß aber dann nur noch Gutes: „Perfect“ ist nicht das, sondern einfach in Ordnung, „The Truth Is/Miles Away“ mit stampfendem Beat, live eine ganz sichere Nummer. Der Höhepunkt dann von und mit Martin Gore – „Jezebel“ leise, behutsam, mit zarten Melodiebögen und den so vermissten kleinen Geniestreichen. Der einzige Vorwurf an „Corrupt“ ist die falsche Platzierung im Gesamtmix, so als hätte man dem kleinen Blonden den grandiosen Abgang inkl. Vorhang nicht gönnen mögen, solide Arbeit trotzdem. Ein wenig werden sich diese Eindrücke sicher noch verschieben in den nächsten Wochen, manches wird schnell verblassen, anderes erst langsam auftauchen müssen – ein Abgesang ist dieses Album aber mit Sicherheit nicht geworden ...

Mittwoch, 15. April 2009

Noch ein paar Tage ...



... und das Ding ist draussen. Endlich möchte man sagen, denn als gesetzestreuem Endkonsumenten geht es einem langsam mächtig auf den Keks, dass alle Welt schon Urteile abzugeben weiß, wo doch außer "Wrong" noch nichts draußen ist. Der deutsche Rolling Stone ist bei schlappen zweieinhalb Sternen hängengeblieben, Spiegel-Online macht die Jungs zur teutonisch-metallischen Depriband und bringt sie in einem Atemzug mit Fury In The Slaughterhouse und Peter Maffay. Na gut, Fachverständnis war offensichtlich auch hier nicht das bestimmende Einstellungskriterium, Schmarren halt. Ein letztes Mal der Blick zurück, bevor's am Freitag ff. in die Gegenwart geht - sehr kurz gefaßt und natürlich subjektiv die fünf besten Songs ohne Rangfolge:

Stripped (Black Celebration): Wunderbar harmonisches Zusammenspiel von Gefühl und Maschine, selten hat ein Lied das Wesen der Band besser wiedergegeben als dieses - perfekte Länge: Highland-Mix.

Master & Servant (Some Great Reward): Dieses Lied als Statement, allein vor zweihundert Leuten im Dorfgasthof auf der Tanzfläche, selbstverloren, im stampfenden Beat aufgelöst - perfekte Länge: Slavery-Whip-Mix, neunminütige Hypnose.

Something To Do (Some Great Reward): Fiebriger Sound, metallisches Geklirr, gehetzte Lyrics, herrlich - perfekte Länge: Metal-Mix.

Agent Orange (Music For The Masses/B-Seite): Depeche Mode waren und sind immer auch eine gute Band für reine Instrumentalmusik, stellvertretend diese verstörend melodische Skizze, schweres Maschinengewehr, Rotorblättersound, Apocalypse now.

Clean (Violator): Eine der besten Balladen, unterkühlter und doch anrührender Seelenschmerz, wundervoll pointierter Sound, Fadeout - danach nichts mehr.

Für Ungeduldige: SOTU Prelistening

Donnerstag, 9. April 2009

Gehört_23



Junior Boys "Begone Dull Care" (Domino)
Aufmerksam geworden bin ich auf die beiden Kanadier eigentlich durch diverse Remixe, die sie entweder anderen angeschafft haben oder sich selbst haben verhackstücken lassen. Alles sehr kluges und abwechslungsreiches Geplucker, die neue Platte ist in dieser Hinsicht keinen Deut schlechter. Man bewegt sich gekonnt in einer stets tanzbaren Mixtur aus hartem Beat (sehr schön: „Work“), luftigen Italodiskozitaten („Bits & Pieces“) und einem wirklich nur leichten Hauch von House. Stimmlich sind sie nicht ganz so dolle bestückt, erinnern da ein wenig an Obereintänzer Justin Timberlake. Einige Anleihen kann man sicher auch bei Prince finden – die meines Erachtens eher schwächere Single „Hazel“ ist schon purer Funk und schielt mächtig nach „Sign ‚O’ The Times“. Die Höhepunkte für mich eher die flächigeren, raumgreifenden Stücke wie „Parallel Lines“ und „Dull To Pause“ – Entspannung rules! Eine runde Sache, fast ein Kleinod, eines von diesen Alben eben bei denen man froh ist, sie entdeckt zu haben.
"Begone Dull Care" im Komplettstream

Mittwoch, 8. April 2009

Eine kleine Horrorshow ...



Man kann wohl ohne viel Widerrede behaupten, dass es zuweilen nichts anstrengenderes und langweiligeres gibt als das Anschauen von Fotos im Freundeskreis. Früher ein Muß: der Diaprojektor, der nach cirka zehn Minuten sowas von schweineheiß wurde, dass die Dias im Rahmen fast geschmolzen sind. Und wenn man es nicht mehr aushielt, konnte man wenigstens mithilfe der Zigarette lustige Rauchzeichen in den Lichtkegel blasen ... Heute regiert natürlich das Notebook die Werkschau, viel spannender wird sie dadurch aber leider auch nicht. Deshalb kann man die Leute von Spiegel-Online nur für ihren Mut bewundern, so eine Art Projektor ins Netz zu stellen, ihn „einestages“ zu nennen und mit ihm einen versonnenen und verqueren Blick auf alles Vergangene zu werfen. Daß die Idee trotzdem funktioniert, liegt zum einen an der vielfältigen und manchmal recht kuriosen Themenauswahl und natürlich an den gewohnt spitzen Kommentaren. Sehr schön anzuschauen zum Beispiel die Sammlung von Bildern ostdeutscher Rockmusiklegenden – abgebildet als stilbildende Geschmacksverirrungen z.B. Elektra, Karat, Pudhys (natürlich!), allesamt ausgerüstet mit Hilfe des Komplettbaukastens deutscher demokratischer Popeleganz. Unentbehrlich: Stern- und/oder Pfeilgitarren, Dauerwelle, Lederschlips und die schwere Wahl zwischen Karotte oder Schlag. Nicht dabei leider Fashion Victims wie Rockhaus, Berluc (No More Hiroshima!) und Gruppe Elefant, von Keks und Possenspiel ganz zu schweigen. Reinschauen und Stöbern lohnt sich!

Montag, 6. April 2009

Noch 2 Wochen ...



Der Tag rückt näher - so langsam sieht man Land, wenn auch noch weit hinten am Horizont, und so wird es Zeit, die Maßstäbe zu setzen für die neue Platte. Depeche Mode haben ja mit elf Studioalben in knapp dreißig Jahren Bandgeschichte ein beachtliches Werk zusammen und obwohl man sie getrost als Single-Band bezeichnen kann, sind auch die Alben in ihrer Gesamtheit durchaus diskutabel und hier in folge höchst subjektiv gelistet:

11. Speak And Spell (1981) > für die Zeit sicher bahnbrechend, aus heutiger Sicht aber eher zu niedlich und zu pubertär;
10. A Broken Frame (1982) > immer noch eine Spur zu niedlich, aber schon mit ersten Ansätzen zum Schwergewicht;
9. Exciter (2001) > mit „Shine“ zwar einen der besten neuen Songs im Gepäck, ansonsten aber zu unentschieden, selten mit Biß und mit „Death Of Night“ ein ganz böser Schnitzer;
8. Playing The Angel (2005) > „Der Tag der toten Ente“ auf dem Cover, die Songs zuweilen zu nahe am Formatradio und Gahan als Ideengeber ohne große Impulse;
7. Songs Of Faith And Devotion (1993) > einige Klassiker, ein herrlich kruder Opener „I Feel You“ mit Tinitusgarantie, leider auch belanglosere Songs und lästige Soulversuche;
6. Ultra (1997) > auch da zu Beginn die Horrorshow, Platte als Ganzes zwar sehr glatt, aber auch sehr gefällig produziert und mit wunderbaren Hooks;
5. Violator (1990) > vielfach als Meilenstein bezeichnet, fast keine Schwachpunkte und bestes Livepotential, in seiner reduzierten und punktgenauen Art einzigartig;
4. Music For The Masses (1987) > der Sprung übern Teich und dazu die perfekte Karaokescheibe, trotzdem auch angenehm verstörende Kanten in „Little 15“ und „PIMPF“;
3. Black Celebration (1986) > knochentrocken, ironisch, plakativ – „Crowdpleaser“ und „Tearjerker“ in einem;
2. Construction Time Again (1983) > das experimentellste, das politischste Album, Depeche Mode mit dem meisten Mut und richtungsweisender Selbstfindung
1. Some Great Reward (1984) > das Destillat: alles an Bord, was diese Band so einzigartig macht, unschlagbar ...
Interview mit Andy Fletcher in der WamS

Gehört_22



Yeah Yeah Yeahs „It’s Blitz!“ (Polydor)
So ist das also, wenn große Ereignisse ihre Schatten vorauswerfen und sich dann herausstellt, dass es doch nur an der tief stehenden Sonne lag und sich der angebliche Riese nun als kleiner Zwerg entpuppt. So geschehen beim neuesten Werk der Yeah Yeah Yeahs. Man hatte es ja schon verschiedentlich gelesen: Karen O., die ungezähmte Widerspenstige und ihre Kollegen aus New York machen jetzt in Electro! Und wie das so ist bei allem, was als ultimativer Hype gepriesen wird: Misstrauen war angebracht. Und aus jetziger Sicht auch mehr als berechtigt. Denn abgesehen von der länger bekannten ersten Single „Zero“, die unbestritten ihre Qualitäten besitzt und ein, zwei weiteren ansprechenden Songs bekommt die Platte, sorry!, ihren Arsch nicht hoch. So wird bei „Heads Will Roll“ das Brachialriff der Stooges aus „I Wanna Be Your Dog“ wiederholt zu Tode geritten - das, liebe Miss O., hat Madonna mit „I Love New York“ vor Jahren schon weitaus besser hinbekommen. Mit „Skeletons“, „Runaway“ und „Little Shadow“ haben sich eindeutig zu viele müde Balladen auf das Album geschlichen und epische Breite ist nicht nun mal nicht so das, was man sich von hippen Trendsettern aus dem Melting Pot der Musikszene erwartet. Die zappeligen Stampfer zwischendrin bringen den Daumen leider nicht wieder nach oben – als Sinnbild dafür „Hysteric“: ein falsches Versprechen, kreuzbrav und am Schluß gepfiffene Ratlosigkeit, klingt er wirklich so, der „Wind Of Change“? Letzten Endes sollte man den Yeah Yeah Yeahs dringend die Rückkehr zum Kurzformat ans Herz legen – ihre beiden E.P.’s waren kraftvolle, eingängige Meisterwerke – von dieser Platte aber bleibt leider nur das nette Cover in der Erinnerung zurück ...
"It's Blitz!" im Komplettstream

Mittwoch, 1. April 2009

Hommage an den Retter ...



... oder "Braun-weißes Dirndl vs. Rostbratwurst". Es gibt wohl kaum eine Person in der öffentlichen Wahrnehmung des Fußballgeschäfts, die so stark zu polarisieren versteht wie der Manager des FC Bayern München Uli Hoeneß, den Mann, der nur auf zwei Gefühlsregungen zählen kann: Man liebt und verehrt ihn grenzenlos oder haßt ihn abgrundtief. Dazwischen ist nicht viel. Ich nehme mich da selbst nicht aus - der Verein kann mir nach all den Jahren hier in München kaum Sympathie entlocken, Uli Hoeneß dagegen respektiere ich in seiner allzu menschlichen Geradlinigkeit, in seinem unbedingten Einsatzwillen für sein Lebenswerk. Dies tut offensichtlich auch Corny Littmann, seinerseits Präsident des FC St. Pauli, und hat als solcher eine hörenswerte Laudatio auf den "Retter" gehalten aus Anlaß der Aufnahme des Bayernmanagers in die Hall of Fame des Sportsponsorings. Das ist schon ein paar Wochen her, bisher fehlte mir aber noch die mediale Unterfütterung für das Posting - hier nun zu finden auf der Seite der FASPO. Viel Spaß!

Noch 3 Wochen ...



Liest man die unzähligen Einträge im deutschen Depeche-Mode-Forum muß man den Eindruck bekommen, man sei der einzige, der die neue Platte drei Wochen vor Erscheinen noch nicht gehört hat - die "Sauger" bestimmen den Ton. Tja, das Forum - beim unreflektierten Hineinlesen meint man zuweilen im größten Online-Kindergarten gelandet zu sein, zu sehr erinnern die teils groben Kommentare an Sandkastenstreitereien Marke "Du hast meine Schaufel kaputtgemacht und bist jetzt nicht mehr mein Freund - das sage ich jetzt den anderen und die müssen dich dann auch doof finden." Übersetzt auf Forumsprech: "Du hast die Band meines Lebens kritisiert, dann kannst du kein richtiger Fan sein und gehörst von allen hier mächtig verbal verhauen." Das relativiert sich etwas, wenn man die Anhängerschaft von Depeche Mode einzuordnen weiß: Es gibt wohl keine ähnlich verschworene, treuere Fangemeinde als diese deutsche es ist - hier geht es nicht um bloße Musikliebhaberei und oberflächliches Styling, hier wird oft fanatisch ein Lebensinhalt gefeiert oder gefeuert, der den Großteil schon die kompletten 29 Jahre des Bestehens der Band begleitet. Und im Wissen um die Schwierigkeiten, die der mißtrauisch beäugte Formathörer wie auch der stetig nörgelnde Musikjournalist mit der leidenschaftlichen Pose, mit dem offensiven Weltschmerz und dem schier grenzenlosen Pathos der Band haben, tut man sich halt zusammen und riegelt ganz einfach die Wagenburg ab. Nüchterner Diskurs hat Seltenheitswert, der Schrein leuchtet hell und Ironie ist den meisten sichtlich fremd (Lustige Ausnahme: Vorschlag zur Deutung des Covers der aktuellen Single). Unfreiwillige Komik gibt's natürlich zuhauf - Sachen wie: "Habe meine gebrannte CD auf einer Marantz-High-End laufen lassen und finde das Album echt mies produziert!" Überhaupt fällt der Tenor der Vorhörer deutlich schlechter als erwartet aus und steht in krassem Gegensatz zu den hymnischen Selbstauskünften der Band, enttäuschte Kommentare wie "unglaublicher Schrott" und "schlimmstes Album ever" liest man immer häufiger. Aber auch davon muß man sich nicht verrückt machen lassen, so sind sie nun mal, die Fans von Depeche Mode ...