Samstag, 30. September 2017

Protomartyr: Die Wut der Musterschüler

Protomartyr
„Relatives In Descent“

(Domino Records)

Ursprünglich war der Post-Punk ja mal angetreten, dem zunehmend schablonenhaften und uniformierten Punkrock, der fast zum modischen Accessoire verkommen war, die musikalischen Scheuklappen wegzureißen und ihn gleichzeitig wieder zu politisieren. Nun, betrachtet man sich die aktuellen Nachkommen des Subgenres, dann hat das musikalisch noch immer ganz gut geklappt, nur mit der Politik haben die meisten Bands nicht sonderlich viel am Hut. Insofern dürfen Protomartyr aus Detroit quasi als Musterschüler gelten. Denn stilistisch sind sie mit ihrem wandlungsfähigen Sound aus Noise, Garage, Punk und Anklängen beim Gothrock so breit wie kaum eine andere Band aufgestellt und zählen deshalb zu den interessantesten Vertretern der aktuellen Szene. Und auch mit ihrer politischen Meinung halten sie nicht hinterm Berg und grenzen sich damit deutlich vom verinnerlichten Wavepop und schwarzgewandeten Posertum vieler ihrer Nischenmitbewohner ab.

Es ist das vierte Album, das Joe Casey zusammen mit seinen drei Kollegen eingespielt hat und waren schon „Under The Colour Of Official Right“ und „The Agent Intellect“ überaus gelungene Platten, so setzen sie mit „Relatives In Descent“ noch einen drauf. Druckvoll, variabel, durchaus überraschend und mit klar verständlicher Message. Nach Hinweisen auf Wut und Enttäuschung muß man in den Stücken wahrlich nicht lange suchen, mehr oder weniger direkt geißelt Casey die gesellschaftliche Entwicklung seines Landes unter dem neuen Präsidenten, besonders die Art der Willens- und Meinungsbildung beunruhigt ihn, der fahrlässige Umgang mit Fakten und Wahrheiten ist sein Thema: “I used to think that truth was something that existed, that there were certain shared truths, like beauty,” sagte er kürzlich in einem Interview, “Now that’s being eroded. People have never been more skeptical, and there’s no shared reality. Maybe there never was.”



Die düster knirschenden Songs geben eine perfekte Kulisse ab für seine Klage über den Ausverkauf von Kultur und Wissenschaft, über die Verrohung des Umgangs miteinander und nicht zuletzt das Wiedererstarken weißer, männlicher Allmachtsfantasien. In “Male Plague” wird der Dummheit der Machos ein wilder, trotziger Marsch geblasen (“Everybody knows it, needs it, wants it, everybody knows it's gonna kill you some day”), “Up The Tower” leistet sich ein paar der wenigen Synthie-Einschübe, der wütende Imperativ des Textes als Fiktion über die Arroganz der Macht (“Knock it down! Throw him out”) endet in ohrenbetäubendem Gitarrenlärm. Die Einflüsse, die Casey für die Lyrics reklamiert, reichen vom Songwriting eines Ben Wallers über den irischen Schriftsteller Máirtín Ó Cadhain bis hin zu “Anatomie der Melancholie”, einem Werk des geistlichen Philosophen Robert Burton aus dem 17. Jahrhundert.

Die Spannweite von Inhalt und Form ist also groß, das Repertoire entsprechend: Der harte, schnelle und kantige Punkrock (“Male Plague”) gehört ebenso dazu wie die dunkel schimmernden, getragenen Melodien – “Night Blooming Cereus” gelingt der Band in erstaunlicher, trauriger Anmut (“In my own head, near the hole where hope drains out, and fear is branded deep amid the death of all things. Not under law or the thoughts I had before, only in darkness does the flower take hold, it blooms at night”). Am schönsten vereinen Protomartyr ihre vielen Talente in “The Chuckler”, die Welt geht den Bach runter und ist nicht mehr als ein schlechter Witz: “War, and rumors of war, clouds of poison in the sky and poison in the soil. Lord, how I wish there was a better ending to this joke. … I guess I'll keep on chuckling 'til there's no more breath in my lungs and it really doesn't matter at all, ha ha!” Es ist ein bitteres Lachen, das Caseys Alter Ego hier in den Sarkasmus flüchten läßt, nicht nur für ihn oftmals der einzige Weg, klarzukommen da draußen. Das Album, auch das ist fakt, kann ein übriges dazu tun. http://home.protomartyrband.com/

06.11.  Berlin, Bi Nuu (w/ Metz)
08.11.  Hamburg, Knust (w/ Metz)

Freitag, 29. September 2017

The Limiñanas vs. Anton Newcombe: Freundschaftsdienst

So kann das klingen, wenn man die richtigen Freunde hat: Das französische Psychrock-Duo The Limiñanas wird am 17. November eine neue EP mit dem Titel "Istanbul Is Sleepy" veröffentlichen und hat sich dafür namhafte Unterstützung geholt - kein Geringerer als Anton Newcombe, Kopf der legendären The Brian Jonestown Massacre, spielte die 12" in seinem Berliner Studio mit Lionel und Maria ein, das Video zum vorliegenden Titelsong hat Jean Luc Moly gedreht. Für das kommende Jahr ist das Folgealbum zu "Malamore" (2016) geplant, bis dahin läßt es sich sicher mit dem Kurzformat gut pausieren.

Zugezogen Maskulin: Weiter wütend [Update]

Es bleibt also dabei: Sie wollen nicht bequemer werden. Was ja auch Sinn macht. In zwei Wochen werden im deutschen Parlament nach Jahrzehnten wieder Nazis Platz nehmen und das ist ganz gewiss kein Grund zur Freude, sondern im Gegenteil Anlass genug, weiter laut und wütend zu bleiben. Zugezogen Maskulin haben da mit ihrer letzten Platte "Alles brennt" 2015 bestens mit angefangen, nun wird am 10. September das neue Album "Alle gegen alle" bei Four Music erscheinen. Schon die erste Single "Was für eine Zeit" ließ vor Wochen keine Zweifel an ihrer Absicht, auch weiter zu konfrontieren und zu irritieren und auch der neue Song "Uwe und Heiko", eine nur allzu wahre und alltägliche Provinzgeschichte vom Gift in unseren Köpfen, hat (diesmal von Lennart Brede) eine Optik bekommen, die einen wie ein kaltes, nasses Handtuch erwischt und Assoziationen heraufbeschwört, die man besser nicht gehabt hätte. Zu spät - wir müssen es verschmerzen. Gut so.

Update: Und so sieht sie aus, die Tour für alle...

10.01.  Leipzig, Werk 2
11.01.  Rostock, Peter-Weiss-Haus
12.01.  Bremen, Tower
13.01.  Münster, Skaters Palace
15.01.  Köln, Bahnhof Ehrenfeld
16.01.  Frankfurt, Zoom
17.01.  München, Strom
18.01.  Würzburg, B-Hof
20.01.  Berlin, Festsaal Kreuzberg
22.01.  Hannover, Musikzentrum
23.01.  Hamburg, Uebel und Gefährlich
24.01.  Kiel, Orange Club
25.02.  Bochum, Bahnhof Langendreer
27.02.  Stuttgart, Im Wizemann
28.02.  Heidelberg, Karlstorbahnhof
01.03.  Erlangen, E-Werk
02.03.  Salzburg, Rockhousebar
03.03.  Wien, Grelle Forelle
06.03.  Reutlingen, Indi(e)stiction
07.03.  Karlsruhe, Substage

Ghostpoet: Black Bowie [Update]

Vielleicht ist die Bezeichnung Black Bowie nicht ganz seine Kragenweite, dennoch kommt die Musik von Obaro Ejimiwe aka. Ghostpoet dem Thin White Duke wirklich sehr nah. Sein letztes Album "Shedding Skin" ist ja 2015 nicht nur in höchsten Tönen besprochen, sondern auch für den Mercury Prize nominiert worden und mußte sich dann Benjamin Clementine beugen - es könnte gut sein, daß mit der nun vierten Platte ein weiterer Anlauf gelingt. Für den 18. August nämlich hat der Künstler mit nigerianischen Wurzeln "Dark Days And Canapés" angekündigt und nach den beiden Vorabsingles "Trouble + Me" und dem wunderbaren "Immigrant Boogie" kommt nun mit "Freakshow" ein weiterer toller Song daher, das Video dazu stammt von Zhang + Knight.

Update: Am Freitag erscheint das neue Album, hier noch schnell ein weiterer Track davon - "Dopamine If I Do" und ein paar Livedates für das kommende Jahr.

05.02.  Heidelberg, Karlstorbahnhof
06.02.  Köln, Gloria Theater
07.02.  Hamburg, Mojo Club
08.02.  Berlin, Berghain
21.02.  Wien, Flex
01.03.  München, Feierwerk
02.03.  Zürich, Stall 6
03.03.  Dudingen, Cafe Bad Bonn





Mittwoch, 27. September 2017

Bully: Weiterfühlen [Update]

Natürlich ist das ein Stück weit wie Heimkommen: In den letzten Tagen wurde bekannt, daß die Grungekapelle Bully aus Nashville beim Label Sub Pop unterschrieben hat, dem Plattenladen aus Seattle also, wo sie alle waren - die Smashing Pumpkins, Sonic Youth, Nirvana, Mudhoney, Soundgarden. Dem Sound nach ist das nur folgerichtig, das Debüt von Alicia Bognanno und Kollegen, 2015 unter dem Titel "Feels Like" erschienen, läßt sich mühelos in die benannte Reihe einordnen. Das soll auch beim nächsten Wurf nicht anders werden, "Losing" ist mit zwölf neuen Songs für den 20. Oktober geplant und die erste Single "Feel The Same" klingt durchaus vielversprechend.

Update: Da hat sich was angesammelt - zunächst einmal "Running" und gerade noch neu hereingekommen "Kills To Be Resistant".





Leyya: Coolinaria

Wenn es um klug gemachte Popmusik geht, die nicht nach dem Prinzip "hier rein, da raus" funktioniert, dann kommt die Rede schnell auch auf das Wiener Duo Leyya. Schon mit ihrem Debütalbum "Spanish Disco" (2013) und den Singles "Butter" und "Superego" zeigten Marco Kleebauer und Sophie Lindinger, daß künstlerischer Anspruch und geschmeidiger Sound sehr wohl zueinander passen können. Im April diesen Jahres ist ihre neue Single "Zoo" erschienen, nun kommt mit "Oh Wow" einen zweite Auskopplung aus der für den Januar 2018 geplanten Platte "Sauna" daher. Das Video zum Song hat Marie Therese Hildenbrandt gedreht, die unverwechselbare Lässigkeit ist geblieben.

11.10.  Luzern, Schüür
12.10.  Basel, Parterre
13.10.  Bern, Dachstock
14.10.  Zürich, Exil
18.10.  Wien, WUK
19.10.  Krems, Kino Kesselhaus
26.10.  Graz, Orpheum
27.10.  München, Manic Street Parade
28.10.  Nürnberg, nürnberg.pop
29.10.  Frankfurt, Ponyhof
30.10.  Berlin, Berghain Kantine



Dienstag, 26. September 2017

Wild Beasts: Abschiedsgeschenk

Manchmal ist das schon verwirrend: Da verkündigen die Wild Beasts, fabelhafte Synthpop-Truppe aus dem englischen Kendal, soeben ihre Auflösung stürzen damit ihre Fans in eine kleine Depression. Die deutsche Wikipediaseite weigert sich, das Faktische anzuerkennen und vermerkt erst mal gar nichts, die englische wiederum verlegt das Ende der Band gleich mal ins nächste Jahr, als ob sie den Trennungsschmerz so noch etwas hinauszögern könnte. Das Label Domino wiederum gibt sich trotzig und veröffentlicht knapp ein Jahr nach dem letzten Album "Boy King" am 20. Oktober eine neue EP mit den drei bislang unbekannten oder raren Stücken "Punk Drunk And Trembling", "Maze" und "Last Night All My Dreams Came True".

Charlotte Gainsbourg: Die Ruhelose [Update]

Ob nun Rare Tracks, Kollaboration oder Soundtrack - auch wenn Charlotte Gainsbourg weg war, war sie das - zumindest musikalisch - nie so richtig. Aber strenggenommen gab es auch seit ihrer Platte "IRM" aus dem Jahr 2009 kein wirkliches Studioalbum mehr zu hören. "Stage Whisper" hielt 2012 allerlei Seltenes und live aufgeführtes bereit, für "Nymphomaniac", den Film von Lars von Trier, für den sie vor der Kamera stand, lieferte sie auch noch die passende Musik und die Herren Beck Hansen und Emile Haynie durften ihre Werke mit dem Namne der Französin schmücken. Nun aber doch etwas durch und durch Eigenes - "Rest" soll es heißen und am 17. November erscheinen und wie man hört, sind auch Paul McCartney und Owen Pallett mit von der Partie, den Titelsong hat übrigens Guy-Manuel de Homem-Christo, eine Hälfe von Daft Punk, mit ihr eingespielt (das Video dazu gibt es vorerst exklusiv bei Apple).

Update: Ein weiterer Song, ein neues Video - "Deadly Valentine" ist eine Art alternder Bilderreigen und in diesem treffen sich auch Gainsbourg selbst und Dev Hynes alias Blood Orange zum Tanz.



Montag, 25. September 2017

Cold Cave: Begleiterscheinung

Das ist dann wieder eine schöne Überraschung: Zugegeben, das neue Album der wiedervereinigten Gebrüder Reid hat jetzt nicht so die euphorischen Jubelstürme ausgelöst, dafür war die Fallhöhe für  The Jesus And Mary Chain einfach zu hoch. Daß die Herren aber jetzt auf Tour gehen, ist ein netter Zug. Noch netter, daß die deutschen Termine von Wesley Eisold aka. Cold Cave supportet werden, dem Kühlmeister der Synthpop. Und Eisold hat auch gleich noch einen neuen Song im Gepäck - hier dann "Glory" samt Videoclip.

12.10.  Berlin, Astra Kulturhaus
14.10.  Wien, Ottakringer Brauerei
15.10.  München, Theaterfabrik

Screaming Females: Lust auf mehr

Neues gibt es auch von den Screaming Females, dem Punkrock-Trio aus New Jersey also, die zuletzt im Jahr 2015 mit ihrem Album "Rose Mountain" für Aufmerksamkeit sorgten. Nun vorerst ein neuer Song, "Black Moon" - ob und wann Marissa Paternoster und Freunde dem ganzen ein neues Album folgen lassen, ist noch nicht bekannt.

Belle And Sebastian: Neue Töne [Update]

Ganz unverhofft kommt heute ein neuer Song von Belle And Sebastian daher: "We Were Beautiful" klingt noch dazu überraschend elektrisch, die programmierten Drumbeats ploppen zu jubilierenden Trompeten und dem zarten Gesang von Stuart Murdoch - bleibt also alles anders? Ein Album ist zu dem Stück noch nicht benannt, wir können den Nachfolger zu "Girls In Peacetime Want To Dance" (2015) ab heute jedenfalls kaum erwarten.

Update: Ganz neu - das Video zur aktuellen Single und tadah, Livetermine für's neue Jahr! Start VVK ist Freitag, 29.09. um 10:00 Uhr.

12.02.  Zürich, X-Tras Limmathaus
16.02.  München, Muffathalle
17.02.  Berlin, Admiralspalast
18.02.  Frankfurt, Batschkapp

Freitag, 22. September 2017

Fazerdaze: Für die Erinnerung

Zu den angenehmen Erinnerungen dieses Sommers (er war natürlich zu kurz, aber das sind sie alle) muß man unbedingt auch Amelia Murray aka. Fazerdaze und ihr Debütalbum "Morningside" zählen. Die Neuseeländerin hat mit ihrem Dreampop eine Grundentspannung heraufbeschworen, die man, kaum kommen einem ein paar Takte davon in Erinnerung, noch immer zu spüren meint. So zum Beispiel beim Song "Bedroom Talks", für den nun ein Video nachgereicht wurde - aufgenommen mit einem Smartphone von Mark Perkins am New Yorker Times Square.

23.09. Hamburg, Reeperbahn Festival (MS Claudia)
29.09.  Dortmund, Way Back When Festival (FZW Club)

METZ vs. VISIONIST: Blick in die Hölle

Okay, das ist jetzt eher was für Menschen, die es schräg und laut mögen, aber warum nicht vor dem Sonntagabend noch mal was in der Art versuchen - am Montag sieht die Welt hierzulande ohnehin ganz anders aus. Und das meint nicht: besser. Also, die kanadische Noiserock-Kapelle METZ hat gerade nicht nur ihr neues Album "Strange Peace", sondern auch einen Clip zur Single "Cellophane" veröffentlicht, Regie Shayne Ehman. Ebenfalls optisch greifbar ist seit heute die erste Single des Londoner Künstlers VISIONIST, der am 20. Oktober via Big Dada seine neue Platte "Value" herausbringt und dem Teri Varhol für den Track "No Idols" ein nicht minder beklemmendes Video gedreht hat. Beide auf ihre Weise ein Blick in die Hölle, hier von dröhnenden Gitarren, da von brachialen Synth-Akkorden begleitet. Am besten, man drückt bei beiden zugleich den Play-Button, wer mag, kann ja auch noch den Ton auf Anschlag stellen - it works.



Donnerstag, 21. September 2017

LIFE: Dabeisein ist alles

Kann gut sein, daß der Ehrliche hier nicht der Dumme, sondern der Schnelle mal der Kluge ist: Über die britische Band LIFE und ihr Debütalbum "Popular Music" haben wir an dieser Stelle schon berichtet und drei der neuen Songs vorgestellt. Nun gibt es nicht nur ein neues Video zum Track "Sugar God", sondern auch den dringlichen Tipp, sich doch dieser Tage in Hamburg mal auf dem ohnehin empfehlenswerten Reeperbahn-Festival blicken zu lassen, denn dort werden LIFE live zu hören und zu sehen sein. Und wenn die groß werden (was man ja per se jeder derart gehypten britischen Band unterstellt), dann ist man wenigstens schon mal dabei gewesen.

Ceiling Demons: Bleizeitalter

Ceiling Demons
„Nil“

(Win Big Records)

Die Misere der neueren englischen Separationspolitik, die ja selbst die eiserne Regentschaft einer Margaret Thatcher noch in den Schatten zu stellen vermag, ist allgemein bekannt, man hört von ihr im Großen wie im Kleinen. Da hilft es offenbar auch nicht, daß man sich als beschauliches und verschlafenes Städtchen im Norden Englands damit brüsten kann, direkt am einigermaßen berühmten Coast to Coast Walk, einem Wanderweg von der englischen West- zur Ostküste, zu liegen. Das Gift wirkt überall und wie das dann klingt, kann man ganz gut bei den Ceiling Demons hören. Denn Psy Ceiling, Dan und Beat Demon stammen aus Richmond in der Grafschaft North Yorkshire und wenn man jetzt noch weiß, daß der Ort vor Jahrhunderten vor allem durch den Abbau von Bleierz zu wirtschaftlicher Bedeutung gelangte, dann hat man schon die zweite Brücke gebaut – denn Blei ist genau das, was einem zum Sound des Rap-Trios einfällt. Die Beats auf den bisherigen Veröffentlichungen, das aktuelle Album mit eingeschlossen, sind nämlich so schwer und träge, daß man unweigerlich an den Trip-Hop des Entschleunigungs-Meisters Tricky denken muß.

Passenderweise nehmen die drei in einem ihrer neuen Tracks „Capture Karma“ sogar direkten Bezug zum Downbeat aus Bristol, im Chorus taucht das Wort „Karmakoma“ auf, der Name eines Songs also, den Tricky zusammen mit Massive Attack 1995 aufgenommen hatte. Und auch der Rest des Albums kommt sehr düster, fast schon apokalyptisch daher. Die Rhymes wirken angespannt, drängend, darunter flackern und pochen die Loops – alles eher LoFi, also sehr reduziert und, auch eher untypisch, ab und an mit klassischen Instrumenten angereichert. Wenn zu den schleppenden Beats dann auch noch, wie bei „The Dark Mountain“ oder im Schlußstück „Elegy Of Nil“, getragene Chöre hinzugemischt werden, ist man fast versucht, das Genre (wenn’s nicht gar zu albern klänge) auf Goth-Hop umzuschreiben. Der Eindruck ist jedenfalls sehr intensiv und der Demo-Charakter, das Rauschen, Atmen, Knistern der Aufnahmen also, verstärkt das unangenehme Gefühl, mit welchem die Stücke der Demons schwingen, um so mehr. Daß die Jungs schon für die Sleaford Mods, die Young Fathers, Buck 65 oder De La Soul eröffnet haben, erscheint da fast zwangsläufig, es wird Zeit, daß Richmond bald ein neues Bleizeitalter ausruft.

Mittwoch, 20. September 2017

Mogwai: Mildere Umstände

Mogwai
„Every Country’s Sun“

(Rock Action Records)

Jede andere Band, zumal eine aus dem rauen Schottland, würde demjenigen, der behauptet, sie würde ja eigentlich seit Jahrzehnten nichts anderes als Hintergrundmusik machen, ziemlich derbe eins auf die Nuß geben. Und zwar mit einigem Recht. Nun reden wir aber nicht von jeder anderen Band, sondern von Mogwai, den Säulenheiligen des Post-Rock aus Glasgow. Und die wiederum hätten wohl nichts dagegen, wenn man ihre über zwanzigjährige Karriere mit dem Stichwort Assoziationsmusik überschreibt, denn einer der Gründe, warum Stuart Braithwaite, Barry Burns und Kollegen das machen, was sie machen (und das eben hauptsächlich und im buchstäblichen Sinne ohne viele Worte), ist, daß sie die Phantasie ihrer Zuhörer auf das Höchste respektieren und schätzen. Und sie deshalb ihre Stücke nicht mit einer bestimmten Bedeutung aufladen wollen. Vor ein paar Wochen haben die Herren dem Musikmagazin laut.de eines ihrer unterhaltsamen Interviews gegeben und dort zunächst festgestellt, daß der Name des aktuellen Albums trotz der gesellschaftskritischen Intention doch ziemlich albern klingt und desweiteren deutlich gemacht, warum sie eine weitere Politisierung ihrer Musik für unnötig halten: „Ich glaube, die Welt wird kein besserer Ort, nur wegen des Titels eines bestimmten Mogwai-Songs“, so Braithwaite und weiter „Ich schätze, viele unserer Hörer haben absolut gegensätzliche, weniger sozialistische Meinungen als wir, und das ist doch auch okay.“



In unserem Falle heißt das: Elf neue Stücke, nicht übermäßig lang, eher gediegen als überraschend, anfangs etwas elektronischer, gegen Ende dominiert der sorgsam geschichtete Gitarrenkrach. Produziert hat erstmals seit fünfzehn Jahren wieder Dave Fridmann, der schon „Rock Action“ in den Fingern hatte und – ebenfalls eine Premiere – abgesehen von „Atomic“ ist „Every Country’s Sun“ das erste Studioalbum ohne Gründungsmitglied John Cummings. Es gibt auf der neuen Platte anderthalb Stücken, die auch von Gesang begleitet werden – „Party In The Dark“ ist ein vergleichsweise eingängiger, fast konventioneller Rocksong als dystopisches Warpaint. Die bestimmenden Nummern allerdings werden wohl zwei andere sein, einerseits das so dramatische wie anmutige „Coolverine“ und zum anderen das hohl pochende „Don’t Believe The Fife“, das sich im Laufe der sechs Minuten zu einem sphärischen Breitwandepos steigert. Gemessen am früheren Output ist „Every Country’s Sun“ vielleicht nicht gerade ein Quantensprung, es läßt sich schon heraushören, daß Mogwai über die Jahre etwas ausrechenbarer und zugleich zahmer geworden sind. Aber sie kommen mit dieser Platte auf Tour und das ist, bei aller Kritik, bekanntlich noch mal eine ganz andere Hausnummer. http://www.mogwai.co.uk/

14.10.  Berlin, Columbiahalle
16.10.  Hamburg, Docks
17.10.  Köln, E-Werk
26.10.  Basel, Reithalle
01.11.  Wien, Arena
02.11.  Leipzig, Täubchenthal
03.11.  München, Backstage

Dienstag, 19. September 2017

Palm Honey: Kehrtwende 2.0

Na, sie scheinen immer noch ziemlich wankelmütig zu sein: Palm Honey aus Reading hatten sich im vergangenen Jahr mit einem überraschenden U-Turn zurückgemeldet und sich auf ihrer neuen EP "Tucked Into The Electric Wave" erfolgreich in Sachen Shoegazing-Pop versucht. So recht überzeugt waren sie wohl trotzdem nicht von ihren eigenen Fähigkeiten, denn nachdem vor einem Monat schon "Hot Simian Weather" wieder die früheren Töne anschlug, folgt nun mit "Starving Hysterical Naked" (Pt. 1/2) ein neunminütiger Doppelschlag in Sachen Psychrock. Macht dann in der Summe eindrucksvolle 360 Grad.

Sløtface: Diskrete Gehirnwäsche

Sløtface
„Try Not To Freak Out“

(Propeller Recordings)

Ganz so neu ist die Taktik nicht, aber so sympathisch hat sie bislang noch kaum jemand umschrieben: Das norwegische Quartett Sløtface hat es sich seit seiner Gründung im Jahr 2012 zur Aufgabe gemacht, politische Standpunkte nicht etwa mittels kruder Punkattitüde zu transportieren, sondern diese der größeren Wirkung wegen besser in feine Melodien zu verpacken: „We think pop music is a great tool to sneak really important messages into catchy melodies. It's a very discreet kind of brainwashing“, sagten sie kürzlich dem Portal altpress.com und liegen damit wahrscheinlich auf den Punkt richtig. Denn nicht nur die hierzulande anstehende Wahl zeigt, daß kaum etwas so unglaublich langweilen kann wie agitatorische Bekehrungsversuche nach herkömmlichem Muster, selbst Politiker-Interviews mittels zielgruppenaffiner Youtube-Stars wirken eher einschläfernd, der Informationsgehalt sinkt hierbei in gleichem Maße wie die Fremdscham nach oben schnellt. Sløtface gehören nun aber mal tatsächlich zu einem Teil der jungen Generation, der einerseits über gesamtgesellschaftliche Lebensumstände nachzudenken bereit ist und darüberhinaus versucht, seinen Mitmenschen die beharrliche Auflehnung gegen die Zerstörung der Umwelt und für die unbedingte Gleichbehandlung von Männern und Frauen nahezubringen.



Und zwar mit ihren Mitteln. Wobei sich vor allem Haley Sheas Gesang als Wucherpfund erweist, gelingt es ihr doch, je nach Anforderung angemessen wütend oder verführerisch zart aufzutreten – der krachige Indierock mit Mut zur anschmiegsamen Hookline tut ein Übriges. Gleich beim Einstieg „Magazine“ läßt Shea keine Zweifel daran aufkommen, daß sie das Körper-Diktat einschlägiger Modezeitschriften für unsinnig und geradezu gefährlich hält, später tagträumt sie sich an die Seite von „Nancy Drew“, der berühmten Detektivin und Superheldin aus den Büchern der Dreißiger. Ein ganze Reihe feiner Songs also, bei „Pitted“ haben die Skandinavier für gute Ohren sogar ein paar Trompeten versteckt, „Slumber“ kommt als zweistimmiger Einschmeichler daher – mit einem Anlauf von vier EP also ein überaus gelungener Erstling. Zum Eintrag als kulturelle Berühmtheit auf der Wikiseite ihrer Heimatstadt Stavanger haben es Sløtface übrigens noch nicht geschafft, da müssen immer noch Dom und Konservenfabrik herhalten. Wenn es mit der Band allerdings so furios weitergeht, wird da sicher bald eine Aktualisierung fällig sein.

19.09.  Köln, MTC
22.09.  Hamburg, Reeperbahn Festival
24.09.  Wiesbaden, Schlachthof
26.09.  München, Strom

Montag, 18. September 2017

New Candys: The Italian Job

Dunkles aus Italien, genauer aus Venedig: Die New Candys, seit 2012 im Dienste des Noiserocks Marke Jesus And Mary Chain unterwegs, haben für den 6. Oktober ihr neues, drittes Album via Fuzz Club Records angekündigt. "Bleeding Magenta" ist in Eigenregie entstanden und mit "Excess" gibt es hier die erste Hörprobe davon - Fernando Nuti (Gesang, Gitarre), Diego Menegaldo (Gitarre, Gesang), Stefano Bidoggia (Bass, Keys) und Dario Lucchesi (Drums) sind im Dezember auch für ein paar Termine in Deutschland und Umgebung unterwegs.

07.10.  Berlin, Interkosmos Fest
03.12.  Hamburg, Hafenklang
04.12.  Dortmund, Labsal
12.12.  Erfurt, Frau Korte
20.12.  Biel, La Salopard
21.12.  Nürnberg, Z-Bau
22.12.  Linz, Kapu
23.12.  Wien, Das Bach

Crooked Colours: Auf den Zettel

Crooked Colours
„Vera“

(Import)

Gar keine Frage, natürlich müssen die Schwergewichte, so sie es denn verdient haben, gelobt und gefeiert werden – all eyes on, alles richtig. Dennoch wünschte man sich manchmal ein wenig mehr Aufmerksamkeit für die scheinbar Kleinen, die Newbies, denn auch Arcade Fire, LCD Soundsystem und The National (um mal drei der letzten Bestseller zu nennen) haben mal unten angefangen und mussten um die Gunst ihrer Zuhörer buhlen. Und zwar zu Zeiten, da sich die Kundschaft noch keinem solchen Bombardement aus Bildern und Tönen ausgesetzt sah und mehr Zeit war, ein Album mal am Stück durchzuhören. Natürlich kann man trefflich darüber streiten, ob denn das nun wirklich bessere, leichtere Zeiten gewesen sind oder ob, die Killers haben sich gerade entsprechend in der Tonart verstiegen, die Musik heute einfach nicht mehr die Qualität hat wie noch vor zehn, fünfzehn Jahren. Schwer vorstellbar eigentlich.



Das Trio Crooked Colours aus dem australischen Perth jedenfalls wird damit ganz sich nicht gemeint sein und kann doch etwas Vorschuss gut gebrauchen – vor einigen Wochen ist ihr Debütalbum „Vera“ erschienen und wenn man neben einem guten Herzen halbwegs Sinn und Verstand beisammen hat, dann muss man hier kräftig loben: Wunderbar luftige Melodien, die in den vorab verbreitenen Singles schon anklangen und nun auf kompletter Spiellänge nichts von ihrem Reiz verloren haben. Wer die Wild Beasts oder Django Django zu seinen Vorlieben zählt und wem Neuankömmlinge wie Methyl Ethel und Cool Sounds nicht entgangen sind, der wird an dieser Popmischung seine Freunde haben. Philip Slabber, Leon De Baughn und Liam Merrett-Park mögen es, soviel ist sicher, eingängig, geschmeidige Sythies, hübsche Gitarrenhooks, ein paar Bläser dazu, klug gemachter LoFi-Pop rules. Hier ein wenig Reggae und Dub („Hope You Get It“, „Vera“), gegen Ende hin mehr und mehr elektronisch („Show Me“, „Perfect Run“), alles in allem ein Sound, dem man sich nur schwer entziehen kann. Jetzt brauchen die drei also nur noch einen langen Atem.

03.10.  Köln, Gebäude 9
04.10.  München, Ampere
05.10.  Nürnberg, Club Stereo
06.10.  Leipzig, Neues Schauspiel
07.10.  Berlin, Ritter Butzke
11.10.  Luzern, Schüür
12.10.  Basel, Parterre
13.10.  Bern, Dachstock
14.10.  Zürich, Exil

Samstag, 16. September 2017

Muna: Vorgeschmack

Gerade weil wir hier nach wie vor der Meinung sind, daß Muna der bislang wichtigste Poplichtblick des Jahres waren und ihr Album "About U" als eines der besten unbedingt in die Top Ten 2017 gehört, weil wir weiterhin noch nicht verwunden haben, daß das Trio in Europa nur als Supportact von Harry Styles zu sehen sein wird (und nicht etwa und berechtigter Weise umgekehrt) - gerade deshalb ist es tröstlich, wenn Katie Gavin, Josette Maskin und Naomi McPherson gerade mit einem neuen Song für diese Tour aufwarten. "In My Way"

27.10.  Köln, Palladium (mit Harry Styles)
07.11.  Berlin, Tempodrom (mit Harry Styles)

Freitag, 15. September 2017

The National: Umständehalber

The National
„Sleep Well Beast“

(4AD)

Um ehrlich zu sein, die Planungen bzw. Erwartungen für The National sahen ein wenig anders aus: Nach ihren beiden okayen, aber nicht gerade umwerfenden Alben „High Violet“ und „Trouble Will Find Me“ war man darauf gefaßt, wieder eines dieser grummelnden Standardwerke in Überlänge zu bekommen – die herrlichen Gründerzeiten lange aus dem Blick, das Nötigste getan, so schön gemütlich hier … Und nun? Nichts mit mittelalterlicher Genügsamkeit, kein Dienst nach Vorschrift. Sänger Matt Berninger hatte ja schon im Vorfeld der Veröffentlichung von Platte Nummer sieben im NME schon gewarnt: "I’m going very dark with the new National record, which is a place I love to go. People have always described our music as dark and say it goes very melancholy, somber places. They haven’t heard anything yet! This next thing is crazy.” Und zu viel versprochen hatte er dabei tatsächlich nicht, die Suche nach den Gründen hierfür endet aber mit einer etwas heiklen Antwort.

Was nämlich wäre passiert, so die etwas steile These, wenn der gefährliche Dumpfkopf und Toupetträger in den USA die Wahlen im Dezember letzten Jahres nicht gewonnen und also alles weiterhin seinen beschaulichen, wenn auch deutlich friedvolleren Lauf genommen hätte? Man kann ja nicht bestreiten, daß sich nach einigen Anlaufschwierigkeiten unter den Künstlern, also auch Musikern (zumindest denen, die der Meinungsbildung grundsätzlich positiv gegenüberstehen), eine durchaus fruchtbringende Wut eingestellt hat, Trump zudem unfreiwilligerweise sogar eine Politisierung all derer herausgefordert hat, die bislang ihre Ansichten eher im Stillen formulierten und jetzt eine Art Erweckungserlebnis gegenwärtigen. Schon klar – man hätte liebend gern auf diese Herausforderung, gerade auch weil sie so unwägbar ist, verzichtet, aber gäbe es denn ohne sie so wunderbare Platte wie „DAMN.“, „We Got It From Here…“, „FLOTUS“, „in.ter a.li.a“, „American Dream“?!



Und eben auch „Sleep Well Beast“? Wobei die politische Komponente, die ja nun schon erstaunlich genug für The National ist, nur einen Teil der gelungenen Überraschung ausmacht. Neben der dunklen, hadernden, bedrohlichen Lyrik von „Walk It Back“ (mit einem ziemlich gruseligen Zitat zum Selbstverständnis der Neuen Rechten), „The System Only Dreams In Total Darkness“ und „Turtleneck“, neben dem ganzen Grant also, denn Berninger vorträgt, zeigt sich der Sound der Band von umwerfender Frische und Wandelbarkeit. Die Hälfte des Albums wurde offenbar völlig angstfrei in die Hände verständiger Programmierer gelegt, es pluckert, pocht und klackt nach Herzenslust und zwar immer an der richtigen Stelle, der Groove paßt und man merkt, wieviel Berninger, der zusammen mit den Dessners produziert hat, wohl aus seiner Zeit bei EL VY an lohnenswerten Erfahrungen einbringen konnte.



Darüber hinaus gibt es kratzig schiefen Bluesrock („Turtleneck“), zärtliche Liebeserklärungen an Frauen und Städte („Born To Beg“, „Guilty Party“) und sogar ein paar klug dosierte Erinnerungen an die alten Hits auf „Boxer“ und „Alligator“, hier mit schwungvollen Gitarren zu „Day I Die“. Noch mehr ließe sich noch aufzählen – die rührende Widmung an die kürzlich verstorbene Schwiegermutter von Aaron Dessner („Carin At The Liquor Store“) ist nur ein Moment von vielen. Dass Matt Berninger die anfängliche Vermutung vielleicht nicht ganz daneben findet, darauf könnte man bei seiner Erklärung des Plattentitels schließen: „… the beast for me isn’t a negative thing: it’s the future. We’ve all got kids, and when I see all of our kids… They’ve got a challenge ahead of them, but I feel positive about the future. The beast is like, wait until the youth wakes up. It’s an abstract thing.“ Musik wie diese könnte den Jungen und den Alten sicher dabei helfen, mit dem Beast klarzukommen, wenn es sich schon nicht von selber trollt. http://americanmary.com/

21.10.  Hamburg, Elbphilharmonie
23.10.  Berlin, Tempodrom
24.10.  Berlin, Tempodrom

Sgrow: Beim Namen genommen

Namen sind Schall und Rauch, sagt man. Stimmt aber gar nicht. Denn schon die Protagonisten Vilde Nupen und Kristoffer Lislegaard lesen sich mit wohligem Schaudern und wenn man dann noch ihr gemeinsames Projekt Sgrow über die Lippen bringt, ist die Assoziation perfekt: Nordisch karge Kühle, mystische Landschaften, alles ziemlich düster. Ähnliches läßt einen dann auch die Musik empfinden - gerade haben die beiden mit "Feel Something" einen neuen Track ins Netz gestellt, der recht bedrohlich scheppert und einen kräftig durchschüttelt, auch wenn Nupens Stimme eher zart bleibt. Das Debütalbum des Duos aus Norwegen ist 2015 unter dem Namen "Terrors And Ecstasies" erschienen, nach einem ausgiebigen Aufenthalt in Toronto ist der Nachfolger nun für Oktober geplant.

Update: Mit "Kismet" gibt es einen weiteren Song des unterkühlten Duos aus Oslo zu hören - das neue Album wird im Übrigen "Circumstance" heißen und am 10. November erscheinen.


Wild Ones: Singe lieber ungewöhnlich [Update]

Ist die Suche nach dem geeigneten Sommerhit eigentlich schon abgeschlossen? Wenn nicht, wie wäre es mit den Wild Ones aus Portland und ihrem flirrenden "Paresthesia"? Die Wahl würde jedenfalls ein ganz besonderes Stück treffen, hört man nämlich Sängerin Danielle Sullivan genauer zu, wird schnell klar, daß sich hinter der wundervollen Melodie ein sehr ernsthaftes Thema versteckt - es geht um Angstzustände, Nervenstörungen, Dinge also, mit denen man sich eigentlich ungern beschäftigt und die man in solchem Rahmen schon gleich gar nicht besingt. Gerade das aber macht das Stück und die Band so interessant, man darf sich schon mal den 6. Oktober vormerken, dann nämlich erscheint bei Topshelf Records das Album "Mirror Touch". Ganz so unbekannt sind die fünf im Übrigen nicht mehr, vor zwei Jahren wußten sie schon mit ihrer EP "Heatwave" zu überraschen.

Update: Und hier kommt mit "Standing In The Back At Your Show" die zweite Single dieser wunderbaren Band.

Donnerstag, 14. September 2017

Kraftklub: Platte mit Stil

Das hätte sich Ol' Dirty Bastard zu Lebzeiten auch nicht träumen lassen, daß sein Song mal als Soundtrack für die Plattenbau-Ästhetik von Ol' Dirty Karl-Marx-Stadt herhalten darf: Laut Felix Brummer war "Chemie Chemie Ya" auf der Zitatescheibe "Keine Nacht für Niemand" von Kraftklub als Hommage an den New Yorker Rapper gedacht, dazu ließ nun Regisseur Sebastian Tomczak die Kamera durch die Betonfelsen von (Vermutung) Fritz-Heckert-Town fahren. Abgefuckte Ostoptik, funktioniert eigentlich immer.

A Certain Ratio: Auffrischung

Als ob sie's nötig hätten: Das honorige Label Mute Records hat offenbar zum Beginn des vierten Quartals beschlossen, sich bei der Hörer- und Käufergunst ganz vorn zu platzieren und also 2017 zu einem ganz besonderen Jahr zu machen. Kürzlich haben die Briten bekanntlich verkündet, das Gesamtwerk der Industrial-Pionieren Throbbing Gristle auf Vinyl wiederzuveröffentlichen, nun gaben sie bekannt, daß Ähnliches auch mit den genauso heiß verehrten Helden des Post Punk A Certain Ratio passieren soll. Den Anfang machen am 24. November die Alben "The Graveyard And The Ballroom" (in der limitierten Version mit farbiger PVC-Hülle, CD und Kassette), "To Each" und "Force" (beide farbiges Vinyl), im Februar 2018 folgen dann "I'd Like To See You Again", "Good Together" und "acr:mcr". Und weil das alles so wunderbar ist, gibt es hier noch einen kleinen Labelsampler der Band vorab und die Nachricht, das A Certain Ratio am 16. Dezember in Manchester spielen werden - wer also um die Weihnachtszeit noch nichts vorhat...

Febueder: Erwachen [Update]

Und noch einmal Alternativ-Pop, diesmal aus dem englischen Ascot: Von dort stammt das Trio Febueder - seit 2010 musizieren Kieran Godfrey (Gesang, Gitarre) und Samuel Keyssel (Percussion) miteinander, 2015 kam Toby Ingram (Bass) hinzu, am 12. Mai soll nun ihre neue EP "From An Album" erscheinen. Fünf Tracks wird sie enthalten, für "Morning Yawn" hat Timothy Jacob Elledge ein Video mit starken Bildern beigesteuert.

Update: Und hier kommen mit "Shapeshifter" und "Stilts" noch weitere Songs der EP.





The Lumes: With Compliments [Update]

Das ist mal ein Satz, auf den man sicher auch im Raum Stuttgart nicht wenig stolz ist: "‘Envy’ combines the relentless noise rock of Protomartyr and Die Nerven with the dynamic shifts of The Pixies." Daß Die Nerven als Referenzgröße für die niederländische Formation The Lumes herhalten, dürften die schwäbischen Noiserocker schon als Kompliment verstanden wissen, zeigt es doch, daß ihr Stil - gerade wieder auf dem fulminanten Album "Live in Europa" manifestiert - durchaus ein prägender ist. Die Parallelen jedenfalls sind schnell herauszuhören, Post-Punk meets treibenden Gitarrenlärm, im Oktober wird besagte EP "Envy" bei Crazysane Records erscheinen und die erste Vorabsingle "Compulsion" ist schon mal eine Wucht - wen es nach mehr verlangt, der darf sich gern mal bei Bandcamp umtun, dort steht die ältere 12" "Lust" im Stream bereit.

Update: Gern wollen wir hier das Video zum Song "Slow" ergänzen.



Dienstag, 12. September 2017

Pale Honey: Größer denken

Schweden bleibt, wie sollte es anders sein, en vogue: Vor zwei Jahren hat das Duo Pale Honey aus Göteborg das gleichnamige Debütalbum veröffentlicht und dem Begriff LoFi eine neue, lohnende Facette verliehen. Die neue Platte von Tuva Lodmark (Gitarre) und Nelly Daltrey (Drums) soll nun, so haben die beiden bekanntgegeben, erwachsener klingen und offensichtlich, glaubt man der ersten Auskopplung "Get These Things Out Of My Head" ist das Ding mit der Enthaltsamheit auch ein Stück weit passé. Dafür spricht auch, daß mit Anders Lagerfors ein neues Bandmitglied mit an Bord ist, am 13. Oktober soll "Devotion" bei Bolero Recordings erscheinen.

AUTOBAHN: Eins nach dem anderen [Update]

Erst kamen die Tourdaten (vorerst leider nur auf der Insel selbst), nun auch der Grund dafür: AUTOBAHN, britische Post-Punk-Kapelle aus Leeds, haben den Nachfolger für ihr beachtliches Debüt "Dissemble" aus dem Jahr 2015 fertig - am 3. November soll "The Moral Crossing" via Tough Love Records erscheinen. Zehn neue Songs hält die Band mit dem sehr deutschen Namen bereit und den Titelsong kann man sich in Folge gleich im Stream anhören.

Update: Autobahn mit Zukunft - hier die nächste Single "Future".



Violet Youth: Paßt ins Bild [Update]

Blackburn? Schon mal gehört? Klar, seit der Fußball von der Insel mit seinen Trilliarden in aller Munde ist, kennt man auch die Blackburn Rovers und die waren schließlich schon mal Englischer Meister. Über zwanzig Jahre her ist das, noch weitere zehn Jahre früher war die Glanzzeit der immer noch allgegenwärtigen 80s und wenn die aufgewärmt wird, fällt auch der Name Echo And The Bunnymen. Mit ihrem Sänger Ian McCulloch waren sie mal das ganz große Ding und hatten tatsächlich zu Beginn des besagten Jahrzehnts einige richtig gute Platten im Angebot. Long time ago, kein Wunder, daß die Sehnsucht nach ähnlichen Erfolgen wächst und ebenso verständlich, daß vier junge Burschen, wenn sie nur annähernd so ähnlich aussehen wie ihre großen Vorbilder, auch gleich in diesem Topf verrührt werden. Violet Youth aus Blackburn also sollen die neuen Echo And the Bunnymen sein. Klingen tatsächlich so und Sänger Owen kann in Sachen Optik in der Tat punkten. Ihre aktuelle EP "Primary Nature" besteht aus vier angemessen dunklen Wavepopliedern und es sollte nicht verwundern, wenn wir von den Jungs bald mehr hören würden.

Update: Und hier kommt ein feines Video zur aktuellen Auskopplung "She Said".



I'm Not A Band: Tanz der Stilisten [Update]

Tja, mit "violin and vocals" ist das so eine Sache, da ist man ganz schnell das neue Nerd-Ding und von Coolness um Lichtjahre entfernt. Könnte man meinen. Muß aber gar nicht sein. Nicht nur, weil die elektrisch verstärkte Violine Dank so prominenter Mitstreiter wie Laurie Anderson, Warren Ellis und Owen Pallett im Laufe der Jahre an Popularität gewonnen hat - auch Tanzbarkeit ist mit diesem Instrument durchaus hinzubekommen. Stephan Jung und Simon Ortmeyer beweisen das seit mehreren Jahren, unter dem Namen I'm Not A Band haben die beiden Berliner schon diverse Singles und Kurzformate produziert, die letzten Alben stehen mit "BandBand" (2012) und "Oceans" (2015) zu Buche. Jetzt wurde ein weiteres angekündigt, am 22. September soll "Past Forward" erscheinen und mit "Stronger" und ganz aktuell "Call The Light" federn schon mal zwei Tracks fröhlich vor. Das Cover der Platte hat übrigens die Künstlerin Peggy Kuiper (Holland/London) gestaltet und auch der Clip zur ersten Single "Stronger" ist nach ihren Ideen entstanden. Stil haben die beiden Herren also auch noch - was soll da schon schiefgehen?

25.10.  Stuttgart, Café Galao
17.11.  Zürich, tba.
08.12.  Hannover, Faust - Mephisto
14.12.  München, Ampere
18.01.  Leipzig, Werk 2
19.01.  Dresden, Ostpol



Mittwoch, 6. September 2017

Kagoule: Vermisstenmeldung

Zwei Jahre ist das kleine Wunder mittlerweile alt, mit dem die Krachkapelle Kagoule damals entzückte: Im August 2015 erschien das Debüt des Grunge-Trios aus Nottingham und die Verweise zu Nirvana und den Smashing Pumpkins waren so unüberhörbar wie überaus gut gelungen, „Urth“ wusste zudem mit einer eigenwilligen Optik zu begeistern, die die Band in der heimatlichen Werkstatt selbst entwarf. Ein Jahr später gab es, die wenigen Livetermine flankierend, eine weitere Single namens „Magnified“ samt Video – dann: Stille. Das heißt, getourt sind die drei natürlich weiterhin, aber neues Material ließ lange Zeit auf sich warten. Umso größer also die Freude, das nun „Monsieur Automaton“ via Ra Ra Rok Records um die Ecke knirscht. Und was soll man sagen – alles beim Alten, zum Glück. Dicker Bassgroove, windschiefe Gitarren, Widerhakenmelodien, klaustrophobisches Artwork, passt. Hoffen wir, dass zu den angekündigten Konzerten daheim bald ein paar auf dem Festland kommen und der Monsieur nicht allzu lange allein bleibt. Eine neue Platte nämlich wäre dringend von Nöten.

Montag, 4. September 2017

Throbbing Gristle: Zum Vierzigsten

Das nennt man mal fruchtbare Gleichzeitigkeit: Um den Zeitpunkt, als sich in Düsseldorf mit Kraftwerk eine der einflussreichsten deutschen Musikgruppen aller Zeiten (und mithin eine der wenigen mit internationaler Reputation) zusammenfand, ging im englischen Yorkshire aus der Kunstgruppe COUM Transmissions das Nebenprojekt Throbbing Gristle in der Urbesetzung Genesis P-Orridge, Cosey Fanni Tutti, Chris Carter und Peter Christopherson hervor, die ihrerseits als die maßgeblichen Erfinder der Industrial Music gelten. Ohne sie keine Clock DVA, keine Psychic TV, Test Dept., Laibach, Cabaret Voltaire und letztlich auch keine Nine Inch Nails. Bis zum amtlich anerkannten Debüt „The Second Annual Report“ vergingen nochmals ein paar Jahre, 1977 erschien das Album und eröffnet am 3. November wiederum einen Reigen von gleich zehn Neuveröffentlichungen, die das Label Mute Records gerade verkündet hat. Zunächst werden neben dem Erstling auch noch „20 Jazz Funk Greats“ und „The Taste of TG: A Beginners Guide to Throbbing Gristle“ erscheinen, am 26. Januar folgen dann „D.o.A. The Third and Final Report“, „Heathen Earth“ und „Part Two: Endless Not“ und Ende April 2018 schließt sich der Kreis mit „Mission of Dead Souls“, „Greatest Hits“, „Journey Through a Body“ und „In The Shadow Of The Sun“. Zumindest von den drei ersten Werken wird es neben der regulären Doppel-CD auch eine farbige Doppel-Vinyl-Variante geben – als akustische Kostprobe spendiert Mute an dieser Stelle schon mal die Neufassung von „United“ aus dem Jahr 1978, im Original auf „The Taste of…“ enthalten.

Sonntag, 3. September 2017

Baula: Kein Scherz

Was sich im ersten Moment wie die sächsische Verballhornung der Berliner Band Paula ausnimmt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als isländisch-schwedisches Pop-Duo: Ísak Ásgeirsson und Karolina Thunberg spielen seit 2015 unter dem Namen Baula miteinander, wohnen mittlerweile in Göteborg und stellen hier ihre drei neuesten Songs vor. Die Vorliebe für die dänischen Raveonettes läßt sich leicht heraushören, die beiden scheuen aber auch den Einsatz von Bläsern und Piano nicht - im Folgenden also "Don't Bother", "Just Like Yesterday" und das aktuelle "Nova", produziert von Henryk Lipp (Anna von Hausswolff, Graveyard, Millencolin).

The Steve McQueens: Weitverbreitet

Wir müssen noch mal kurz über Coolness reden. Einen Begriff also, der sehr eng mit drei Namen verbunden ist: James Bond, Paul Newman und Steve McQueen. Warum die beiden Amerikaner für ersteren nie eine Rolle übernommen haben, liegt auf der Hand - eine Frage der Herkunft, keineswegs der Eigung, versteht sich. Newman ist vor knapp neun Jahren verstorben und hat nicht nur eine riesige Lücke hinterlassen, sondern auch das wunderschöne Philippe-Djian-Zitat, das wir an dieser Stelle gern noch einmal wiederholen wollen: "Mitunter gibt es nichts Härteres auf der Welt, als nicht Paul Newman zu sein. Vor allem, wenn das Wetter mies ist." McQueen, ebenbürtig in vielerlei Hinsicht, hat es bekanntlich schon deutlich eher und vor der Zeit erwischt, Verehrung und Faszination halten jedoch weltweit unvermindert an. So benannten beispielsweise Ginny Bloop, Joshua Wan, Jase Sng und Aaron James aus Singapur ihre Band nach dem Schauspieler, seit 2013 spielen The Steve McQueens zusammen eine ziemlich aufregende Mischung aus Neo Soul, Jazz und Funk - am 13. Oktober soll nun via Umami Records ihr neues Album "TERRAЯIUM" erscheinen, von dem bislang der Song "Hephaestus" vorlag, nun ist als zweite Single "Sun" dazugekommen.

Freitag, 1. September 2017

Casper: Draußen vor der Tür

Casper
„Lang lebe der Tod“

(Sony)

Menschen mit zerrissenem Herzen zuzuhören ist immer ein zwiespältiges Vergnügen, man fühlt sich immer ein wenig ungut dabei, wie ertappt, weil doch Melancholie, Traurigkeit, Verzweiflung und Wut zwar gut klingen, doch dem Eigentümer des Herzens weitaus mehr Probleme bereiten als einem selbst. Curtis, Cobain, würde ganz gut passen jetzt. Doch deren Herzen waren gebrochen, das von Benjamin Griffey aka. Casper schlägt uns hochtourig und widerständig in seinen Bann. Es gibt ja nicht viele, mit denen man so mitleiden kann wie mit dem Jungen aus Bielefeld, die gegerbte Stimme, Texte, Körper, Gestik, besagte Zerrissenheit war schon immer sein Programm. Liest man die Geschichte des aktuellen, vierten Albums, folgt man den neuen Stücken, dann hat sich daran nichts geändert: Selten, dass sich jemand derart offensiv und öffentlich dem Dilemma des Künstlers stellt, den es zwar nach Anerkennung verlangt und der doch, je mehr er diese Zuwendung, diese Verehrung spürt, auf Abstand mit Anstand, auf Abgeschiedenheit, auf Distanz pocht.

Ein hilfloser Zauberlehrling mit nichts mehr als dem sehnlichen Wunsch, den Beifall und die Likes ohne all die Hoffnungen und Projektionen, ohne das ein und alles zu bekommen, davon erzählen auf dieser großartigen Platte gleich drei Songs auf verschiedene Weise – „Lass sie gehen“ mischt falsche Erwartungen, Überforderung und Mutlosigkeit, „Deborah“ deutet den schlimmsten aller Abschiede an und auch „Meine Kündigung“ formuliert den Zwiespalt in erstaunlicher Deutlichkeit. Vierzig Tage Stardome, die restlichen dreihundertzwanzig als musikalischer Eremit, das entspräche, so hat es Casper gerade erzählt, seinen Vorstellungen von einem erfüllten Leben. Natürlich weiß er selbst nur zu gut, dass dieser Mittelweg nicht zu bekommen ist, denn allein die Livebühnen des Landes, für die er lebt und wo er ein ums andere Mal regelrecht verschlungen wird, kosten ihn deutlich mehr Lebenszeit als die biblische Zahl. Und versorgen ihn, so darf man annehmen, wiederum mit der notwendigen Schubkraft für die weniger euphorischen Momente des Lebens.

Man wünscht ihm, dass er den Spagat weiterhin auszuhalten vermag, denn es würde eine Stimme fehlen, die vielen gerade jetzt, wo babylonisches Geplärre die Orientierung erschwert, eine wichtige ist. Und ein Sound, der in dieser Form, also der Verbindung von unglaublicher, brachialer Wucht mit melodieverliebter Schönheit und Eleganz, nahezu einzigartig ist. Wie zum Beweis die ersten vier Tracks, ein Triumphzug: „Lang lebe der Tod“ als bittersüße Gothpop-Hymne mit Blixa Bargeld, Sizarr und Dagobert, „Alles ist erleuchtet“ dann macht aus dem rettenden Lichtschein eine trügerische Hoffnung, weil er doch nur aus dem irisierenden Geflacker der Bildschirme gespeist wird, von dem wir uns nicht lösen können und wollen. Der Tanz auf den Ruinen kurz darauf, der fatalistischste Sommerhit seit langem – „Keine Angst“ mit dem wunderbaren Drangsal und einem sepiafarbenen Slomo-Clip, bei dessen Dreh man gern dabeigewesen wäre.



Und schließlich die „Sirenen“, der Rammstein-Moment für den Straßenkampf, Crossover-Mucke mit fetten Beats und rasenden Gitarren, kaltes Klirren, kehliges Geschrei und ein Vorgeschmack auf das finale Getöse ganz am Schluss des Albums. Es war im Vorfeld viel davon die Rede, dass „Lang lebe der Tod“ sein unangenehmstes Werk sei – wie die schwindelerregenden Millionensummen für halbwegs begabte Kicker zeigen, verbrauchen sich solche Superlative schnell. So platt es klingt: Die Zeiten werden härter und so klingen diejenigen, die bereit sind, das Leben draußen vor der Tür mit ungeschönter Poesie und zugleich mitmenschlicher Haltung zu begleiten, folglich genauso hart und kantig. Hierbei dennoch Zweifel, Schwächen und Ängste zuzulassen und zu benennen, kommt nicht eben häufig vor, nicht zuletzt dafür gebührt Casper größter Respekt. Er wird wohl weitermachen müssen. www.casperxo.com

31.10.  Münster, Halle Münsterland
03.11.  Zürich, Samsung Hall
04.11.  Stuttgart, Schleyer-Halle
08.11.  Hamburg, Sporthalle
10.11.  Dortmund, Westfalenhalle
14.11.  Wien, Stadthalle
17.11.  München, Zenith
18.11.  Frankfurt am Main, Festhalle
21.11.  Leipzig, Arena
22.11.  Bremen, ÖVB-Arena
24.11.  Berlin, Max-Schmeling-Halle
25.11.  Hannover, Swiss-Life-Hall
26.11.  Würzburg, S. Oliver Arena
10.03.  Erfurt, Messehalle