Freitag, 14. September 2012

Auf den Punkt

Deine Freunde
„Ausm Häuschen“
(noch mal!!!/Universal)

Dass Kinder und ihre Eltern gemeinsam die gleiche Musik hören, ist heutzutage keine Seltenheit, sondern gelebte Praxis. Und leidvolle Erfahrung zugleich. Denn auf endlosen Autofahrten hat schon mancher, der sich für geschmackssicher hält, vor dem entfesselten Protestgeschrei der Sprößlinge die Waffen gestreckt, um dann der Ruhe wegen, je nach Altersstufe, doch die Kita-Frösche, Lollipops oder Justin Bieber ins sonst streng bewachte CD-Fach zu schieben. Ruhe – Pahh! Seien wir ehrlich: Ohnmächtige Verwünschnungen, Selbstzweifel – nichts anderes treibt einen um. Und immer auch die Frage, ob nicht das Jammern des Nachwuchses besser zu ertragen sei als das, was da nun mangels Widerstand aus den Boxen drängt.

Zu erleben, dass sich Eltern und Kinder – und zwar mit Begeisterung – auf einen gemeinsamen Nenner einigen können, ist dagegen ein ganz und gar seltenes Phänomen und eine hohe Kunst dazu. Wer das schafft, der hat sie alle – die Alten und die Jungen, die Großen und die Kleinen: Dem Hamburger Kinderraptrio Deine Freunde ist genau das gelungen: Wer einmal als Augenzeuge dabei war, wenn sich vor der Bühne die Knirpse um neueste Moves und lautstarke Texttreue mühen und zur gleichen Zeit die Erziehungsberechtigten in der zweiten Reihe zu jedem Stück in enthusiastisches Jubeln und Johlen ausbrechen, der weiß, dass den drei Freunden Flo, Lukas und Pauli mit ihrer Debütplatte ein bewundernswerter Spagat gelungen ist.

Und das, obwohl sie für ihre Art von kindgerechtem HipHop, anatomisch höchst ungewöhnlich, auf zwei von fünf Fingern verzichten: Zum einen auf den Zeigefinger, den erhobenen, sie schenken sich jede Form von altkluger Belehrung, was ihre junge Anhängerschaft sehr bewußt wahrnimmt – keine Oberlehrer, sondern eher Komplizen also. Und sie sparen sich den Mittelfinger, die aufgesetzte Attitüde, die Kraftmeierei – das wiederum werden die Eltern, die beim Wort „Rap“ schon das kalte Grausen anweht, dankbar zur Kenntnis nehmen. Das Unnötige wegzulassen, die Sprache kindlich, aber nicht kindisch und so nah dran zu sein am Kinderalltag – Deine Freunde zeigen ein sympathisches, sehr waches Gespür für die Themen, die Freuden und Sorgen ihrer jungen Zuhörer.

Runter auf Augenhöhe und das ganz ohne künstliche Albernheiten, das können sie alle drei sehr gut, den direktesten Draht zum Publikum hat dennoch Sänger Florian Sump, Ex-Drummer der Teenieband Echt – er arbeitet als Erzieher in einem Hamburger Kindergarten und läßt sich so täglich mit nützlichen Anregungen füttern. „Schokolade“, Eröffnungsstück und erste Single, war sein Einstieg zum Projekt, Markus Pauli als erfahrener Live-DJ bei Fettes Brot, somit also Taktgeber und Mann für die Effekte, und Lukas Nimschek von „Schmidts Tivoli“, mit Komik und Gesang zu gleichen Teilen Spaßkanone und Soulbrother, waren schnell dabei.

Der Anspruch für die Kleinen ist durchaus ein großer – das Rezept: Allzu gut bekannte Sprüche werden mit viel Charme und Feingefühl zu zeitgemäßen Nummern verbastelt, „Alle andern dürfen auch“ feiert den Trotzkopf so liebevoll wie „Räum auf“ das Chaos, „Fang mich doch“ will nur stratzen und pesen und die „Pyjama Party“ tanzt den Disko-Soul . Bei „Erzähl mal“ dürfen sich die Eltern vielsagend zunicken, bevor ihnen die drei Jungs mit „Einfach klein sein“ auf simple, und doch recht deutliche Weise ins Gewissen reden. Und ganz ehrlich, man kann einfach nicht anders als lauthals mitzusingen, auch wenn man im gleichen Moment weiß, dass man sich damit ein riesengroßes Eigentor geschossen hat.

Ein Wort noch zum Stück „Wie schön, dass du geboren bist“, älteren Generationen in guter, manchmal vielleicht auch quälender Erinnerung als Geburtstagsständchen auf Dauerrotation. Der Song stammt ja ursprünglich vom großen, alten Mann des Kinderliedes Rolf Zuckowski und es gibt nicht wenige, die hätten ihn bedenkenlos in die Kategorie der eingangs erwähnten Nervtöter mit eingereiht. Nun verhält es sich aber so, dass ebendieser Zuckowski für die vorliegende Platte nicht nur die Rechte an besagtem Song abgetreten hat – er hat auch eigens ein Label für die Jungs ins Leben gerufen und ihnen so den Sprung ins Ungewisse mehr als erleichtert. Dass der Mann sich zudem selbst nicht allzu ernst nimmt, zeigt seine Gastrolle als „The Big Zuckowski“ im Clip zum Song – ein paar Sympathiepunkte für ihn, raus mit Applaus für Deine Freunde. www.deinefreunde.info

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