Marilyn Manson
„The Pale Emperor“
(Vertigo/Universal)
Nun also, Marilyn Manson hat wieder eine neue Platte veröffentlicht. Seine neunte übrigens. Und schon sind wir mittendrin im Dilemma. Denn genau die drei Buchstaben des Wörtchens „neu“ rufen den vielstimmigen Chor auf den Plan, der dem potentiellen Käufer das Leben schwer macht. Da haben wir den Fan, nicht kritiklos, aber wohlwollend, der fast alles kennt und doch dankend jeden neuen Takt begrüßt, den das Idol seit nunmehr zwanzig Jahren auf Tonträger pressen läßt. Übersättigung? Fehlanzeige. Dann gibt es den interessierten Gelegenheitshörer, der Manson vielleicht in der einen oder anderen Doku gesehen hat und deshalb weiß, dass der furchterregend kostümierte „Schockrocker“ (BILD) nicht ganz so tumb und dumm sein kann, wie ihn manch übermotivierte Elterninitiative gern hätte. Und zu guter letzt ist da noch der Ketzer, der mit gelangweiltem Kopfschütteln das aktuelle Album beiseite legt, weil doch ohnehin alles so klingt wie auf den zwei, drei vorangegangenen, weil Manson wirklich „Neues“ schon seit Jahren nicht zu bieten hatte.
Und selbst wenn man dann die beiseite läßt, die mit der Musik des Mittvierzigers so überhaupt nichts anzufangen wissen – einfacher wird die Entscheidung dadurch auch nicht. Tatsächlich malt Manson seit Beginn seiner Karriere am immergleichen, monumentalen und selbstredend apokalyptischen Schlachtengemälde, vorzugsweise in den Farben weiß (also fahl), rot (sprich blutig) und höllenschwarz. Der Gothrock ist mit ihm ein ganzes Stück in Richtung Pop gerückt, das finden die einen super und andere verdammen ihn dafür. Und auch der ‚Bleiche König‘ kommt wie erwartet: Mathmetal-Riffs zu Hauf plus düsteres Bassgrollen und tonnenschweres Schlagzeuggeböller – es fällt schwer, den Klischees aus dem Weg zu gehen, gerade weil Manson selbst peinlich genau darauf achtet, dass er diese auch ordentlich erfüllt.
Und dennoch: Es ist noch immer gerade so viel Wucht und Energie in den Stücken, dass man sich nicht allzu lang mit Abwägen und Sinnieren beschäftigen kann und möchte. Die Themen – altbekannt, wohlfeil, immer aktuell: Für die Waffenlobby ist der Mann ohnehin der Staatsfeind No.1, mit „Killing Strangers“ liefert er dazu das passende Futter, Manson gibt den Unglücksbringer, den Fatalisten („The Mephistopheles Of Los Angeles“), den meistgehaßten Outlaw und wer meint, ihm mit Gutmenschentum kommen zu müssen, dem singt (besser brüllt) er das Lied von den Getretenen, die von unten nach oben wollen, um doch nur wieder von oben nach unten treten zu dürfen („Slave Only Dreams To Be King“). Das ist zwar so vorhersehbar wie der wohlkalkulierte Aufschrei zum angeblichen Gewaltvideo mit Lana Del Rey just ein paar Wochen vor der Veröffentlichung des Albums, man sollte es nicht ernster nehmen als eine leidlich gelungene Theaterinszenierung – gegen etwas Lärm und gepflegten Grusel gibt es allerdings nichts einzuwenden. http://www.marilynmanson.com/
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