Was denn – eine neue Platte? Die Veröffentlichungen von
Stereo-Total-Alben bewegen sich mittlerweile gänzlich am aufgekratzten
Verlautbarungssballyhoo der Musikbranche vorbei, schon von den Vorwerken „Baby
Ouh!“ und „No Controles“ haben nur die eingefleischten Fans (oder wie wir sie jetzt
nennen: Followers) Notiz genommen. Wenn die Überraschung ausbleibt, ist wohl
die Nachfrage auch begrenzt – Francoise Cactus und Brezel Göring können ganz
offensichtlich als provokative Kindsköpfe nicht mehr so recht bei einem
Publikum landen, das ereignishungrig von Blüte zu Blüte hüpft, gerade auch weil
sie nicht willens sind, an ihrem Konzept auch nur die kleinste Kleinigkeit zu
ändern.
Nicht nur Kindsköpfe also, sondern auch Sturschädel,
sympathische aber, denn auch die neue Scheibe birgt für den, der durchhält und
dranbleibt, reichlich Grund, den Zweien auch in Zukunft – sorry und haha, die
Stange zu halten. Allein der bissige Hohngesang auf Alice Schwätzer ist sein
Geld wert – man möchte laut zu- und einstimmen, wenn Cactus ihre Tirade auf die
fehlgeleitete Altikone abfeuert: „Bankrottballerina, schicke Zicke, Mörderin
ohne Affekt, ihre Masche ist die Laufmasche,…“ – jede Wahrheit braucht eine
Mutige, die sie ausspricht, gelle? Nicht minder amüsant und durchaus am
gleichen Thema „Die Frau in der Musik“, nervig, lesbisch, chaotisch, hysterisch
soll sie sein, zugewiesenes Rollenspiel mit klarer Ansage: „I love, love, love
you über alles, mein Führer!“
Okay, lustisch ist das schon – doch musikalisch doch wieder
nur Geklimper? Weit gefehlt, es gibt hier Songs, die richtig in die Beine gehen
und durchaus nicht nur die Kindercasiobillignummer bedienen: „Qu’est-ce que tu
veux“ und „Le redicule ne tue plus“ brettern in schönster 60er Manier vorwärts,
für „Cafetéria idéale“ gibt’s ein paar schön gestrichene Verzierungen und „Nympho-maniaque“
klingt wie der beiden umgekrempeltes „Joe le taxi“ und also wunderbar. „Ein
Lied für Vegetarier“, „Ich will Blut sehen“ – lauter aufsässige Kleinkunstwerke,
für jetzt, nicht für immer gemacht. Warum sollen die zwei sich denn neu
orientieren, wenn im gewohnten Standardrepertoire noch so viel Wortwitz und
Ironie stecken, wenn man beim Hören stets noch innerlich hüpft und am Ende
wieder, immer wieder, die kommenden Konzerttermine googlet? Sie können es also
noch und sie machen es gut. Point barré! http://stereototal.de/
Album als Komplettstream - hier.
Und voilá, ganz ohne Google:
07.09. Leipzig, Conne Island
08.09. Dresden, Scheune
09.09. Nürnberg, Künstlerhaus
13.09. München, Feierwerk
14.09. Konstanz, Kulturladen
15.09. Freiburg, Jazzhaus
16.09. Stuttgart, Wagenhallen
18.09. Frankfurt, Mouseonturm
19.09. Köln, Gebäude 9
20.09. Düsseldorf, Zakk
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