Donnerstag, 23. August 2012

Alter Meister

Phillip Boa “Loyalty” (Cargo)

Täuscht der Eindruck, oder hat sich unser Lieblingsindieonkel, der vormals bissige Herr Boa, im Laufe der Zeit – und er wird im nächsten Jahr immerhin auch schon fuffzich – noch die Entspannung und Abgeklärtheit zu eigen gemacht, die man dem Alter so gern zuschreibt? Der Dortmunder Jung also, der schon immer jede Art von Beschimpfung stolz wie eine Monstranz vor sich hertrug, hat mittlerweile offenbar so viel Inselluft inhaliert, dass er fast ohne Ausrufezeichen, ohne das Boaphenia-Gedöns und diese ganze spätpubertäre Kraftmeier-Attitüde auszukommen scheint. Boa macht jetzt in Alterswerk, so der Waschzettel zum neuen Album, sammelt seine Einflüsse und irgendwie auch sich selbst auf und steckt sie in zwölf recht unspektakulär erscheinende Songs.

Kaum mehr eitel also, die Stimme darf dem Erscheinungsbild entsprechend auch mal ungeschönt daneben liegen, wen kümmerts? Nicht, dass ihm seine Hörer egal wären, den Titel darf man schon auch als Aufforderung nehmen, nicht von der Fahne zu gehen – “Don’t run away, show some loyalty” proklamiert er im dazugehörigen Stück, der leichtgängigen ersten Single dieser neuen Platte, zuvor schon “listen to us, you pitiless” (“Black Symphony”), unbekümmert also schon, nicht gleichgültig. Natürlich ist das, was er als Essenz bewerben läßt, kein “Helios”, kein “Copperfield” und schon gar kein “Hair”. Stücke, die mit dem Zauber von “Fine Art In Silver” und “Container Love” oder dem Furor von “Kill Your Idols” und “Albert Is A Headbanger” gesegnet sind, wird man auf “Loyalty” vergeblich suchen – aber, hey, der Mann hat über fünfzehn Alben gemacht und dieses hier ist mindestens respektabel.

Geschredderte, blecherne Gitarren, das bekommt er noch immer bestens hin, die Riffs ziehen noch und so kann man sich über Stücke wie “Black Symphony”, “Want” und “Till The Day We Are Forgotten” nicht beschweren. Das erste Selbstzitat “Ernest 2”, die Fortsetzung zu “Ernest Statue” von “Hispaniola” also, pocht schön trocken aus den Boxen und auch die Ausflüge in elektronische Gefilde gelingen zumeist recht stimmig. Ja, man kann so Sachen wie “My Name Is Lemon” und “Lobster In The Fog” durchaus hören, auch wenn sie auf den ersten Ritt etwas spröde und inspirationsarm daherkommen – aber wer traut sich heute schon noch ein astreines Schlagzeugsolo alter Schule?

Auch wie früher: Die Titel klöppelt Boa noch immer nahe am Kitsch, aber als Verschachtler und Umschreiber war er ohnehin nicht bekannt und was er an Grant nach außen trug, steckte er seit jeher an hoffnungsloser Romantik in seine Songs – hier: “Sunny When It Rains”, “You Are So Strange And Beautiful” und, ach, “Under The Bombay Moon Soon”. Bloß gut deshalb, dass er sich selbst nicht mehr ganz so ernst nimmt (“In my head there’s a hole, I climbed down, it feels beautiful”) und gegen Ende noch mal Schwung in die Bude kommt (“Dream On Planet Cherry”), denn ganz so altersmilde und gefühlsduselig, ehrlich, wollen wir ihn nun auch nicht haben. http://www.phillipboa.de/

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