JAY-Z & Kanye West „Watch The Throne“ (Def Jam)
Allseits bekannt, dass die Fussballbranche schon vom Jugendwahn erfasst und – je nach Standpunkt – versaut ist, mit 17 Nationalspieler, mit 30 schon raus aus dem Rennen und froh, wenn man ein Probetraining bei den Vereinslosen absolvieren darf, time’s running, gnadenlos. Dass dies nun in der Musikbranche auch schon die Regel sein soll, vermittelt das Feuilleton der Süddeutschen in seiner Rezension des lang erwarteten Doppelschlags der Superbuddies Jay-Z und Kanye West „Watch The Throne“ – zwei onkelhafte Auslaufmodelle, so die Meinung, die auf dicke Hose machen und mit einigem Glück noch eine passable „Prunkplatte“ zustandebringen. Gegen den 41-jährigen Jay-Z und den 34-jährigen West ständen unter anderem Jungspunde wie Lil Wayne und die durchgeknallte Skandalposse um Tyler the Creator. Von letzteren behauptete im Übrigen Produzentenlegende Steve Albini (49!) kürzlich: „This is not a case of regular people making music about assholes, but assholes making music about being assholes.“
Schwer zu sagen, ob das nun aus der Sicht des Rezensenten der Jugend nach dem Mund geredet, schon Majestätsbeleidigung oder gar Leichenfledderei ist, das Album polarisiert in jeder Hinsicht – durch sein Erscheinungsbild, seine nicht eben bescheiden auftretenden Protagonisten, den Stil, die Thematik, das ganze Tamtam. Zwei angenehme Überraschungen deshalb gleich zu Beginn: Zum einen der fast schlichte, unprätensiöse Beginn – kein auf Surenlänge ausgedehntes Selbstbeweihräucherungsintro, sondern mit „No Church In The Wild“ ein feiner Song mit dunkel wummerndem Basslauf, verwandt und damit inhaltlich recht passend dem Depeche-Mode-Klassiker „Personal Jesus“, und – zum Ärgernis des Feuilletonisten – als Co. am Mikrophon Frank Ocean, 24, festes Mitglied bei den oben erwähnten Milchbärten von Odd Future. Statement, Starthilfe, Vereinnahmung – who cares?!
Mit dabei natürlich auch Ehefrau und Darling Beyoncé, welche Titel Nummer zwei „Lift Off“ veredeln darf, sonst aber nicht weiter auffällt. Die Aufgabenteilung der beiden Hauptakteure funktioniert ansonsten prima, die Stakkatopassagen wie bei „Niggas in Paris“ oder „Thats My Bitch“ gehören Jay-Z, während Kanye für die bedächtigeren Vocals und den kreativen Input zuständig scheint. Das typische KW-Ding also, aus einem Sample einen Song zu stricken – „Otis“ (Otis Redding), „Gotta Have It“ (James Brown gemixt mit fernöstlicher Gesangsspur), „New Day“ (Nina Simone wird durch den Vocoder geschickt) und am Ende „The Joy“ (Curtis Mayfield) – man kennt es zur Genüge und bekommt es trotzdem nicht satt. West hat ja, das darf man ruhig sagen, mit „My Beautiful Dark Twisted Fantasy“ im vergangenen Jahr auch das deutlich ambitioniertere Werk abgeliefert als sein Partner, für ihn ist „Watch The Throne“ deshalb nicht ausschließlich Gelegenheit, im Rennen zu bleiben, sondern Arbeitsbeweis des ständigen Willens zur Perfektion.
Natürlich können fast alle Songs des Albums als Ausdruck des schwarzen Selbstverständnisses verstanden werden und – zugegeben – textlich geht es bisweilen etwas humorlos und altbacken zur Sache. Der Ärger über innerethnische Konflikte, hier griffiger „black on black“, zieht sich wie ein roter Faden durch die Platte („Welcome To The Jungle“, „Who Gon Stop Me“, „Murder To Excellence“), ein wildes Fluchen und Ätzen, dass einem der Schädel schwammig wird, den man bei Zeilen wie „This is something like the Holocaust, millions of our people lost“ auch gern mal schütteln darf. Wie ernst solche Zeilen zu nehmen sind, geben einem die Jungs ein paar Minuten vorher mit einem netten Einspieler gleich mit auf den Weg: „No one knows, what it means, but it’s provocative!“ Hoffen wir, dass selbiges auch für den pappsüßen, pseudoreligiösen Zuckerguß bei „Made In America“ gilt, der den wunderbar souligen Gesang von (abermals) Frank Ocean fast ungenießbar werden läßt.
Irgendwie ist man am Ende zufrieden, dass die große Blamage ausgeblieben ist und dass die beiden „alten Säcke“ neben allerlei modischen Schnickschnack auch noch das Kerngeschäft dominieren können. Um im sportlichen Bilde zu bleiben: noch immer eine andere Gewichtsklasse, noch immer Heavyweight, und wenn auch kein K.O., so doch ein Sieg nach Punkten. Etwas lässiger klingt das bei pitchfork: „Listening to it is sort of like watching George Clooney get all his movie-star-friends together for a party in his Italian villa.“
Allseits bekannt, dass die Fussballbranche schon vom Jugendwahn erfasst und – je nach Standpunkt – versaut ist, mit 17 Nationalspieler, mit 30 schon raus aus dem Rennen und froh, wenn man ein Probetraining bei den Vereinslosen absolvieren darf, time’s running, gnadenlos. Dass dies nun in der Musikbranche auch schon die Regel sein soll, vermittelt das Feuilleton der Süddeutschen in seiner Rezension des lang erwarteten Doppelschlags der Superbuddies Jay-Z und Kanye West „Watch The Throne“ – zwei onkelhafte Auslaufmodelle, so die Meinung, die auf dicke Hose machen und mit einigem Glück noch eine passable „Prunkplatte“ zustandebringen. Gegen den 41-jährigen Jay-Z und den 34-jährigen West ständen unter anderem Jungspunde wie Lil Wayne und die durchgeknallte Skandalposse um Tyler the Creator. Von letzteren behauptete im Übrigen Produzentenlegende Steve Albini (49!) kürzlich: „This is not a case of regular people making music about assholes, but assholes making music about being assholes.“
Schwer zu sagen, ob das nun aus der Sicht des Rezensenten der Jugend nach dem Mund geredet, schon Majestätsbeleidigung oder gar Leichenfledderei ist, das Album polarisiert in jeder Hinsicht – durch sein Erscheinungsbild, seine nicht eben bescheiden auftretenden Protagonisten, den Stil, die Thematik, das ganze Tamtam. Zwei angenehme Überraschungen deshalb gleich zu Beginn: Zum einen der fast schlichte, unprätensiöse Beginn – kein auf Surenlänge ausgedehntes Selbstbeweihräucherungsintro, sondern mit „No Church In The Wild“ ein feiner Song mit dunkel wummerndem Basslauf, verwandt und damit inhaltlich recht passend dem Depeche-Mode-Klassiker „Personal Jesus“, und – zum Ärgernis des Feuilletonisten – als Co. am Mikrophon Frank Ocean, 24, festes Mitglied bei den oben erwähnten Milchbärten von Odd Future. Statement, Starthilfe, Vereinnahmung – who cares?!
Mit dabei natürlich auch Ehefrau und Darling Beyoncé, welche Titel Nummer zwei „Lift Off“ veredeln darf, sonst aber nicht weiter auffällt. Die Aufgabenteilung der beiden Hauptakteure funktioniert ansonsten prima, die Stakkatopassagen wie bei „Niggas in Paris“ oder „Thats My Bitch“ gehören Jay-Z, während Kanye für die bedächtigeren Vocals und den kreativen Input zuständig scheint. Das typische KW-Ding also, aus einem Sample einen Song zu stricken – „Otis“ (Otis Redding), „Gotta Have It“ (James Brown gemixt mit fernöstlicher Gesangsspur), „New Day“ (Nina Simone wird durch den Vocoder geschickt) und am Ende „The Joy“ (Curtis Mayfield) – man kennt es zur Genüge und bekommt es trotzdem nicht satt. West hat ja, das darf man ruhig sagen, mit „My Beautiful Dark Twisted Fantasy“ im vergangenen Jahr auch das deutlich ambitioniertere Werk abgeliefert als sein Partner, für ihn ist „Watch The Throne“ deshalb nicht ausschließlich Gelegenheit, im Rennen zu bleiben, sondern Arbeitsbeweis des ständigen Willens zur Perfektion.
Natürlich können fast alle Songs des Albums als Ausdruck des schwarzen Selbstverständnisses verstanden werden und – zugegeben – textlich geht es bisweilen etwas humorlos und altbacken zur Sache. Der Ärger über innerethnische Konflikte, hier griffiger „black on black“, zieht sich wie ein roter Faden durch die Platte („Welcome To The Jungle“, „Who Gon Stop Me“, „Murder To Excellence“), ein wildes Fluchen und Ätzen, dass einem der Schädel schwammig wird, den man bei Zeilen wie „This is something like the Holocaust, millions of our people lost“ auch gern mal schütteln darf. Wie ernst solche Zeilen zu nehmen sind, geben einem die Jungs ein paar Minuten vorher mit einem netten Einspieler gleich mit auf den Weg: „No one knows, what it means, but it’s provocative!“ Hoffen wir, dass selbiges auch für den pappsüßen, pseudoreligiösen Zuckerguß bei „Made In America“ gilt, der den wunderbar souligen Gesang von (abermals) Frank Ocean fast ungenießbar werden läßt.
Irgendwie ist man am Ende zufrieden, dass die große Blamage ausgeblieben ist und dass die beiden „alten Säcke“ neben allerlei modischen Schnickschnack auch noch das Kerngeschäft dominieren können. Um im sportlichen Bilde zu bleiben: noch immer eine andere Gewichtsklasse, noch immer Heavyweight, und wenn auch kein K.O., so doch ein Sieg nach Punkten. Etwas lässiger klingt das bei pitchfork: „Listening to it is sort of like watching George Clooney get all his movie-star-friends together for a party in his Italian villa.“
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