Mittwoch, 31. August 2011

Halbstark mit Talent



The Drums „Portamento“ (Moshi Moshi)
Wenigstens diese zwei Dinge ruft einem die neue Platte der Drums wieder ins Gedächtnis: Auffällig zunächst der kurze Weg vom „Wow!“ zum „Buh!“, exemplarisch vorgeführt vom Vorsitzenden des Plattengerichts bei SpiegelOnline, Jan Wigger, der noch vor gut einem Jahr Lobeshymnen auf die Jungs aus Brooklyn textete, sich aber für den Nachfolger zu einem zwar lustigen, aber fragwürdigen „Dengel Dengel Brumm Brumm Doing Schrumm Jaul“ hinreißen ließ. Was insofern verwundert, als dass die Songs des neuen Albums zwar zur Hälfte immer noch aus den selben Ingredienzen wie denen des Debüts bestehen und auch Jonathan Pierce‘ Falsettstimme nach wie vor das Nervengerüst auf Tauglichkeit prüft.

Andererseits gelingt es den Jungspunden auf „Portamento“ deutlich öfter, Brüche in ihre Songs einzubauen und so ganz unterschiedliche Stimmungen zu erzeugen, im Gegensatz zum Erstling gibt es jetzt sehr wohl Stücke, die aus dem einheitlichen „Dengel-Brumm“ herausragen – sei es „Searching For Heaven“ mit seinem flächigen, fast an Tangerine Dream erinnernden Synthie-Intro und dem erstaunlich schrägen Gesang oder auch die beiden in schummrigem Moll eingefärbten Joy-Division-Soundalikes „Please Don’t Leave“ und „If He Likes It ...“ Richtungsweisend wohl auch ein Stück wie „Hard To Love“, in welchem die Elektronik statt des gezupfen Basses die Marschrichtung vorgibt – laut Auskunft der Band soll dies ja auch die gewünschte Marschrichtung für das nächste Album sein.

Als weniger wichtige Randnotiz kann man vermerken, dass „I Need A Doctor“ lustigerweise ein Stück weit wie „Doctor Doctor“ von den fast vergessenen Thompson Twins klingt und The Drums sich bei „In The Cold“ ohne erkennbaren Gesichtsverlust sogar auf den frostigen Boden der Echo And The Bunnymen vorwagen. Sie sind deshalb lange noch keine düstere Wave-Combo und vom NewGoth so weit weg wie die Gebrüder Gallagher vom Bruderkuß, aber eine zielgerichtete Bewegung ist erkennbar und sie selbst meinten ja im Q-Magazine kürzlich: „We're clearly a band who move fast."

Im gleichen Interview, und das soll der Bogen zum zweiten Aufmerker (s.o.) sein, äußerte Sänger Jonathan Pierce recht forsch: „I hate U2 and Coldplay, bands that can't be bands for the life of them. They can't just write great songs, they have to be doing other stuff, a statement all the time ... U2 haven't released a good record in ten years, why don't they just run for office“. Nun, die Jugend hat das verbürgte Recht, mit Vehemenz das Maul aufzureißen und über das politische Gutbürgertum der Herren Vox und Martin darf gern ausgiebig gespottet werden. Aber in punkto Songwriting kommt vor dem Reden nach wie vor das Machen und da darf sich Herr Pierce gern noch ein paar Stunden ins Auditorium setzen. Und zwar trotz guter Platte.
http://thedrums.com/

Tiefausläufer



Mittlerweile ist selbst der deutsche Rolling Stone drauf gekommen, dass Nika Roza Danilova aka. Zola Jesus einen kaum zu ignorierenden Bekanntheitsgrad erlangt hat - da muß natürlich ein Feature her, auch wenn sich dieses im vergreisten Portfolio zwischen Dylan, Jagger und Springsteen etwas artfremd und deplaziert ausnimmt. Egal, bevor am 30. September mit "Conatus" ihre neue Platte erscheint, gibt's auf dem eine Woche eher erhältlichen Album "Hurry Up, We're Dreaming" von M83, also Anthony Gonzalez, eine feine Kollaboration zu hören - "Intro" heißt das Stück, zu hören hier.

Dienstag, 30. August 2011

Wieder Weiberrock, endlich.



Wild Flag „Wild Flag“ (Merge)
Als vor knapp sechs Jahren die fabelhaften Sleater Kinney den Dienst quittierten, konnte man schon ahnen, dass diese Lücke wohl schwerlich würde wieder geschlossen werden können. Ungetrübte Freude deshalb bei der Nachricht, dass sich zukünftig Janet Weiss, Carrie Brownstein (beide Sleater Kinney), Mary Timony (Helium) und Rebecca Cole (The Minders) unter dem Namen Wild Flag wieder um das brachliegende Segment Weiberrock kümmern wollen. Der Beweis, dass ihnen das uneingeschränkt und problemlos gelingen wird, liegt nun mit dem gleichnamigen Debüt vor. „Listen to the music, to the music, before it passes you by, if you don't lose it you're gonna use it, the black lullaby“ zetert Brownstein beim verhältnismäßig langen Herzstück des Albums „Glass Tambourine“ und nach dem gitarrenbefeuerten Schrammeleinstieg mit „Romance“ und dem herrlich überdrehten „Boom“ wird mit diesem Lied das Terrain abgesteckt, welches nun wieder dauerhaft von den vier Frauen beackert werden soll: Indierock, roh und wenig verfeinert, kraftvolle Drums („Electric Band“), höheres Tempo („Future Crimes“) oder eben die psychedelische Ehrenrunde inklusive eingeschwungener Rückkopplung bei besagtem „Glass Tambourine“. Hört man sich die Songs an, dann weiß man wieder, was die Breeders neueren Datums vermissen ließen und auch, was der Indierock Vorbildern wie Patti Smith, Ari Up oder auch Debbie Harry zu verdanken hat. „Another sort of homecoming“ – endlich.
http://www.myspace.com/wildflag

Dunkler Schatten voraus



Von Joshua Paul Davis, besser bekannt unter dem klangvollen Pseudonym DJ Shadow, ist man Unkonventionelles gewöhnt, seit er 1996 mit „Endtroducing“ debütierte. Ähnlich wie sein japanischer Kollege DJ Krush ist er ein Meister des Samplings, noch dazu steht auf jedem seiner zahlreichen Alben in fetten Subtextlettern Crossover geschrieben, um das er sich wie kaum ein anderer verdient gemacht hat. Kaum verwunderlich also, dass er für den dritten Leak "Warning Call" seines sehnsüchtig erwarteten Albums „The Less You Know The Better“ (VÖ 27. September) einen Titel präsentiert, der – mit Tom Vek am Mikrophon – mehr nach Post-Punk und Darkwave, also ziemlich „interpolish“ klingt als nach klassischem DJ-MashUp. Und somit wiederum in krassem Gegensatz zu den beiden ersten geposteten Tracks „I Gotta Rock“ und „I’m Excited“ steht. Kurz - der Mann weiß zu überraschen.

Montag, 29. August 2011

No Substance.



TOTAL, From Joy Division To New Order (Rhino)
Die Rezension von Best-Of-Alben ist ohnehin eine wenig ergiebige Aufgabe, die vorliegende Veröffentlichung allerdings hat, bei allem Respekt, ein ähnlich hohen Nutzwert wie ein 96-Stunden-Deo. Wie jeder Mensch, der halbwegs mit Musikverstand beschlagen ist weiß, liegt das allerdings keineswegs an der Qualität der präsentierten Titel – die steht weder bei Joy Division noch bei New Order in Frage, ärgerlich sind hier eher Auswahl und Zustandekommen der Compilation an sich.

Man muß keine sehr zeitaufwändige Recherche betreiben um festzustellen, dass von beiden Bands im Laufe der Zeit ausreichend Material zu Best-Of-Sammlungen geschnürt worden ist: Genaugenommen ist ja schon „Still“, das fantastische Doppelalbum, welches nach dem Tod von Ian Curtis veröffentlicht wurde, eine erste resümierende Bestandsaufnahme, später folgten mit „Permanent“, „Substance“ und der Edelbox „Heart And Soul“ aufschlußreiche Dokumentationen, 2008 dann die bisher letzte Zusammenfassung auf zwei CDs. Bei New Order fällt die Bilanz nicht weniger reichhaltig aus – auch hier ein nicht minder wichtiges „Substance“ mit jeder Menge verlängerter Versionen, ein Best- und ein Rest-Of und die gewichtige Retro-Box, selbst eingefleischte Fans können damit jede Menge sehnsuchtsvolle Zeitreisen untermalen.

Worin also bei dieser Bandbreite an wiederaufbereiteter Musikgeschichte der Sinn von „TOTAL“ liegen soll, bleibt selbst dem wohlwollenden Zuhörer äußerst schleierhaft. Die Auswahl der Songs ist sattsam bekannt, wurde routiniert und mutlos bewältigt und fällt bei der Wertung des kreativen Potezials beider Bands für Joy Division mit nur sechs Titeln deutlich zu mager aus. Selbst für New Order wurde der wenige Platz wieder nur mit altbewährten Klassiker besetzt und so in alter und schlechter Tradition der frühen Alben „Movement“, „Brotherhood“ und „Low Life“ nur stiefmütterlich gedacht.

Bleiben als Gründe für die Wiederveröffentlichung noch der proklamierte historische Kontext und das bislang ungehörte Stück „Hellbent“. Nun, dass die eine Band das Ergebnis des schmerzlichen Endes der anderen war, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, als Basis für diese Neupressung erscheint das ein wenig bemüht und dünne. Zumal man ehrlicherweise dann auch Warzaw hätte mit einbinden müssen, um dem Ganzen wenigstens den Anschein der Vollständigkeit zu geben. Für „Hellbent“ wiederum hätte es ein Singleformat auch getan, zudem erinnert einen das Stück aus dem Jahr 2005 leidvoll daran, dass sich New Order zu dieser Zeit noch nicht im Kleinklein zwischen den streitlustigen Dickköpfen Sumner und Hook aufgerieben hatten.

Freitag, 26. August 2011

Kürbisse auf Wanderschaft



Früher, ja früher wäre das eine Topmeldung gewesen und ein Grund, daheim oder wo auch immer in wildes, hysterisches Kreischen zu verfallen - doch heute quält sich diese Meldung kläglich durchs Netz und wird auch hier eher teilnahmslos wiedergekäut: Die Smashing Pumpkins oder das, was von ihnen noch übrig ist, kommen im Rahmen ihrer aktuellen Liedersammlung "Teargarden By Kaleidyscope" auch nach Deutschland und werden hier ganze fünf Konzerte geben. Was dort außer den alten Gassenhauern noch geboten werden soll, kann man sich in Auszügen schon mal auf ihrer Website zu Gemüte führen - der VVK startet morgen.

21.11. Bremen, Pier 2
23.11. Berlin, Tempodrom
24.11. Köln, Palladium
25.11. Offenbach, Stadthalle
27.11. München, Zenith

Donnerstag, 25. August 2011

Ausblosn.



Nicht ganz so wohlmeinende Zeitgenossen möchten den Zusammenhang sicher gern vermerkt wissen und fragen: Kommt Deutschland, im Speziellen den Bayern, langsam der Humor abhanden? Gerade trauert die Gemeinde Ammerland und überhaupt die ganze Nation um den verlorenen Vicco von Bülow alias Loriot, da meldet der Onlinedienst der Süddeutschen Zeitung, die Well-Brüder hätten sich quasi auseinandergerauft und somit die Biermösl Blosn, Keimzelle und Oase bester bayerischer Kleinkunst gleichermaßen, aufgelöst. Einfach so. Weg sans - schad' is.
http://www.biermoesl-blosn.de/

On the Road mit Boss & Bob



War On Drugs „Slave Ambient“ (Secretly Canadian)
Gegen gute Vorbilder ist zunächst einmal nichts zu sagen, hat man welche, macht man in der Regel weniger falsch im Leben, hat man schlechte, nimmt das meist kein angenehmes Ende, hat man keine, macht das die Sache auch nicht einfacher. Adam Granduciel, Sänger der Band War On Drugs, hat nicht nur einen sehr eigenwilligen Künstlernamen, sondern mutmaßlich mit Bob Dylan, Bruce Springsteen und Tom Petty auch die richtigen Vorbilder. Schwierig wird das ganze erst, wenn man nebenher noch sein Faible für Indierock unter den engen Hut zu bringen versucht.

Das wirklich erstaunliche an „Slave Ambient“ ist nun, dass das hier wirklich und wahrhaftig funktioniert. Also zwei derartige Antipoden miteinander zu verknüpfen und daraus eine so blitzsaubere Platte zu machen, die mit den Worten „excellent road trip music“ (pitchfork) ganz und gar passend beschrieben ist. Man hört nicht oft Songs von einer solch bezaubernden Trägheit und Mattigkeit, die lieber wohltemperiert im Schatten fläzen und besser keinen Schritt in die grelle Sonne wagen. Die stimmlichen Parallelen zu Dylan sind nicht zu überhören und man fragt sich schon, woher der Junge aus Dover diese verdammte Lässigkeit nimmt, die diese Stücke so groß macht. Das Tempo ist in der Regel gemächlich („Brothers“/“It’s Your Destiny“), manches Mal auch etwas zwingender, gepaart mit feinem Gitarrenpicking („Your Love Is Calling My Name“), anderes kommt erst schleppend in Schwung („Come To The City“).

Zwischenrein verteilt das Trio, zu dem in früheren Jahren auch einmal Kurt Vile, hier auch schon gewürdigt, gehörte, kleinere Instrumentaltracks, sonst eher störend, hier aber seltsamerweise nicht fehl am Platz. Selbst wenn bei besagtem „Come To The City“ die frühen U2 zitiert werden, tut das der guten Qualität dieser Platte keinen Abbruch, zumal dieser Verweis weit weniger deutlich ausfällt als die „sound-a-likes“ beim fetzigen „Baby Missiles“ und dem Abschlußstück „Black Water Falls“, wo einen der Boss und sein „I’m On Fire“ regelrecht anzuspringen scheinen. Trotzdem und/oder gerade deshalb: großartige Platte, nix zu meckern.
http://www.thewarondrugs.net/

Zurück mit Glück



Ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass ich hier jemals den Satz schreiben darf: „Es war lange Zeit recht still um Ryan Adams und so ist man froh um jedes Lebenszeichen“. Denn bis vor nicht allzu langer Zeit zeichnete sich der Mann aus dem beschaulichen Jacksonville durch eine nahezu unstillbare Arbeitswut aus, er veröffentlichte mit verschiedensten Formationen unzählige Alben und war damit ähnlich ambitionierten Kollegen wie Frank Black und Jack White immer eine Nasenlänge voraus. Nun wird es, nach einer kreativen Besinnungspause, am 11. Oktober ein neues Album geben (Ashes & Fire, PaxAm) und aus dieser steht jetzt auch die erste Hörprobe bereit: „Lucky Now“ – na, das freut uns ja.

Mittwoch, 24. August 2011

Gutgelaunt im Entspannungsbad



Red Hot Chili Peppers „I’m With You“ (Warner)
Kein Mensch wird ernsthaft bestreiten wollen, dass maßvolle Veränderungen von Zeit zu Zeit für Körper und Geist viel Gutes bereithalten und also begrüßenswert sind. Aber, um mal Herrn Polt zu zitieren: „Pass Obacht!“, denn wenn wir vom gemeinen Musikfan reden, dann sind wir zwar noch immer bei der Gattung „Mensch“, gleichwohl aber bei einer sehr eigenwilligen Spezies. Und diese wiederum tut sich mit Veränderungen, seien sie auch noch so geringfügig, gemeinhin sehr schwer, gibt sich störrisch und unnachgiebig und nur wenige begrüßen einen stilistischen Schwenk ihrer Idole.

Der aber war, glaubt man den Auskünften der Red Hot Chili Peppers, nach dem abermaligen Abgang von Gitarrist John Frusciante unumgänglich. Nachfolger Josh Klinghoffer, mit guten Zeugnissen von PJ Harvey, Beck und Warpaint ausgestattet und eine ganze Ecke jünger als der Rest der Band, soll frischen Wind ins eingefahrene Bandgefüge blasen, was nach dem zwar ordentlichen, jedoch etwas spannungsarmen und störend überlangen Vorwerk auch angebracht schien.

Was dann allerdings an Neuem hinzugekommen ist, erweist sich eher als marginal – der Bruch beispielsweise vom letzten wirklichen Meisterwerk „By The Way“ zu „Stadium Arcadium“ geriet damals weitaus härter. Unwiderruflich vorbei die Zeiten der rotzig-wütenden Gitarrenbreaks früher Platten, ein „Can’t Stop It“ und erst recht ein „Give It Away“ sucht man vergeblich und es wird nicht wenige geben, auf die Rückkehr zum knochentrockenen Krachfunk gehofft hatten – mit den wenigen Ausnahmen bei „Look Around“ und „Goodbye Hooray“ wird sich der enttäuschte Headbanger aller Voraussicht nach wohl nicht versöhnen lassen. Wem jedoch die sanfteren, melodischen Töne der letzten Dekade gefielen, der findet auch auf „I’m With You“ genügend Sehsuchtsstoff: „Brendan’s Death Song“ gibt sich trotz kurzzeitigen Aufbäumens dem Text gemäß noch eher zurückhaltend und besinnlich, aber „Annie Wants A Baby“ und das traumhaft melancholische Verlustliedchen „Police Station“ gehen einem schon zu Herzen.

Deutlich zu hören, dass die Band ihre Zeit nicht vertan und den Sound zeitgemäß etwas aufgehübscht hat, die butterweichen Diskobeats von „Monarchy Of Roses“ und Papa Kidies Kinderjingle „Ethiopia“ grooven in bester Hercules-&-Love-Affair-Manier. Überhaupt findet man nach mehrmaligem Genuß der Platte tatsächlich einen Zugang zur vielbeschworenen Lockerheit und Leichtigkeit, mit der die Jungs bei der Sache gewesen sein wollen. Mittlerweile scheinen sie ja einen Entspannungsgrad erreicht zu haben, mit welchem sie sich mit Jack Johnson nicht nur das Surfbrett, sondern ohne Probleme auch das Aufnahmestudio teilen könnten. Bei diesem Jam ließen sich dann auch so klassisch-unspektakuläre Hüpfnummern wie „Factory Of Faith“, ein fideles „Happiness Loves Company“ oder das bläserbesetzte „Did I Let You Know“ unterbringen.

Die eher mäßige erste Single „The Adventures of...“ muß nicht nochmals erwähnt werden, dafür sind die vier im Netz schon ausgiebig und nicht ganz zu Unrecht geprügelt worden, auch das Schlußstück „Dance, dance, dance“ packt man besser in die Kategorie „Gimmick“. Erwähnt werden sollen aber noch das gewitzte Jonglieren mit Sinnbildern bei „Even You, Brutus?“ und die freche Lou-Reed-Anleihe für „Meet Me At The Corner“, die das Album zu einem gediegenen, wenn auch überraschungslosen Spätsommerwerk abrunden. Bei aller guten Laune in der Familienväteridylle darf’s beim nächsten Mal aber gern wieder etwas handfester zur Sache gehen.
http://www.redhotchilipeppers.de/

Große Welle für die Gegengerade



Mit dem Namen Interpol verband man bisher ja ausschließlich die supereffiziente Weltkripo (auch wenn Fantomas noch immer frei herumläuft) und die an dieser Stelle öfters goutierten New Yorker Stylerocker um Paule Banks. Dass nun auch noch ein Gestaltungsbüro unter gleicher Firmierung auf sich aufmerksam macht, liegt an dessen recht unkonventionellem Entwurf für die Gegengerade des Millerntorstadions im ach so fernen HH. Mut zum Style kann man auch dieser Vision nicht absprechen, die den Rasen regelrecht zu überrollen scheint und gegen den sich Studie Nummer 1 wie ein biederes Fertigteilhaus mit Klinkerfassade ausnimmt. Wie die Entscheidung, die natürlich in erster Linie von technischer Machbarbeit und Finanzbedarf abhängt, Ende September ausfällt ist noch offen – den Diskurs zum Thema befeuert der Verein ausdrücklich: Mail an viva.stpauli@fcstpauli.com.

Dienstag, 23. August 2011

[No more Black] Thursday



The Weeknd „Thursday“
Schon das erste Mixtape des kanadischen R&B-Projektes The Weeknd „House Of Balloons“, erschienen im Frühjahr diesen Jahres, umgab eine sehr geheimnisvolle Aura – Abel Tesfaye aus Toronto mag es offenbar enigmatisch. Ein Minimum an Information, ein berauschendes und beeindruckend versiertes Debüt, noch dazu frei verfügbar auf der Webseite des Künstlers, da darf man in Zeiten von cost management schon mal leicht irritiert sein.

Nun veröffentlichen The Weeknd das zweite Tape und der Unterschied zum ersten besteht eigentlich nur in dem Umstand, dass man mit dem Namen schon etwas verbinden kann, sich also mittlerweile ein paar Töne im Hirn eingenistet haben, die einen Vergleich möglich machen. Ansonsten hat sich dankenswerterweise recht wenig geändert, noch immer webt Tesfaye Flaumiges und angenehm Behäbiges gekonnt ineinander, noch immer wird gebremst und ruhiggestellt, wo’s nur irgend möglich ist und man sich vorkommt, als habe man eine Überdosis Tranquilizer eingeworfen und fühle sich mehr als zufrieden damit. Die Querverweise zu Massive Attack, Tricky und Portishead bleiben bestehen, Weeknd stehen ihnen in punkto Einfallsreichtum und Genialität in nichts nach. Die Nuancen: „Life Of The Party“ – uneigenstes Thema der einzelnen Stücke – stampft gewaltig, verschrammelt und verschwitzt umher, wohingegen sich Stücke wie „The Birds 1/2", das achtminütige „Gone“ oder „Rolling Stone“ streckenweise nur mit einem melancholischen Ineinander flimmernder Töne, sparsamen Gitarrenakkorden und schleppenden Drumpads begnügen; für „The Zone“ steuert buddy Drake, ebenfalls aus Toronto, ein paar schöne Raps bei.

Ganz zum Schluß noch eine kleine, feine Reminiszenz an die Cocteau Twins, deren Album „Heaven Or Las Vegas“ zu Beginn der 90er ähnlich schimmerte wie das vorliegende Material. Kein Grund also für Bedenkenträger, beim Stichwort „Donnerstag“ gleich schwarz zu sehen, The Weeknd bleiben eine sichere Bank. Das dritte Werk ist im Übrigen für den Herbst schon angekündigt, laut pitchfork soll es „Echoes Of Silence“ heißen – klingt also nicht so, als habe der Mann sein ganzes Pulver schon verschossen.
http://the-weeknd.com/

Spitzenverteidiger



Soll man denn jetzt schon träu... – nein, soll man nicht. Wovon auch. Von der Liga, aus der man gerade mangels Ausdauer, Glück und Qualität abgestiegen ist? Besser nicht. Andererseits scheint der Klub momentan, obschon angekommen in Seria Zwo, eine Klasse für sich zu sein. Mehr als ein Viertel der Nichtabstiegspunktzahl schon eingefahren, ein bestens integrierter Trainer, eine erstaunlich kompakte und konsequente Mannschaft und die verdiente Belohnung durch wen anderes als Fin Bartels in der Nachspielzeit gegen Duisburg – es paßt einfach. Und wer nicht träumt, der freut sich zumindest am Augenblick.

Montag, 22. August 2011

Vom Eintänzer zum Mitwipper



The Rapture „In The Grace Of Your Love“ (DFA)
Da ist sie nun also – die lang erwartete Platte der Band, die unter all den Nachahmern und Wiedergängern von Post-Punk- und New-Wave-Helden wie Gang Of Four, Public Image Limited und Heaven 17 schon die Rolle des Alterspräsidenten einnehmen dürfte. 1998 in New York gestartet, mittlerweile zum Trio geschrumpft und die große Hoffnung ihres Labels DFA, seit denen James Murphy alias LCD Soundsystem im letzten Jahr den Dauerdienst als Goldesel gekündigt hat. The Rapture schienen bis vor einiger Zeit den Weg ihrer Kollegen von Radio 4 zu gehen, die ebenfalls 2006 sang- und klanglos von der Bildfläche verschwanden – man hatte fast den Eindruck, dass die Übergabe des Staffelstabes an Franz Ferdinand, die Klaxons oder auch die Foals zu sehr am Selbsterhaltungstrieb genagt hatte, als dass da noch etwas Namhaftes hätte folgen können.

Nun, ganz so tot waren sie wohl doch noch nicht und auch wenn das neue Album von einer „Erscheinung“, so wohl einer der gängigsten Übersetzungen des Bandnamens, wohl doch noch weit entfernt scheint, so ist den dreien nach gut fünf Jahren mit „In The Grace Of Your Love“ zumindest ein respektabler Coup gelungen. Ob sich das noch Dance-Punk nennen darf, ist fraglich – die quirlig-quengelnden, hochgepitchten Gitarren und auch der stilprägende Acid-Beat sind größtenteils verschwunden, auf der neuen Platte regieren dafür elektrisch verstärkter Soul, Funk und sogar Gevatter Blues verirrt sich am Schluß auf die Plastikscheibe („It Takes Time To Be A Man“).

Die nervöse Exaltiertheit, die noch der Vorgänger „Pieces Of The People We Love“ mit Stücken wie „The Devil“ und „First Gear“ ausstrahlte, kommt allenfalls noch beim schrägen Falsettmix von „Blue Bird“ oder dem pumpenden „Never Die Again“ zum tragen, auch „Can You Find A Way?“ hüpft noch recht ordentlich. Überraschend dagegen der einnehmende Schmachtfetzen „Sail Away“ zu Beginn, die recht poppigen Diskotunes von „Miss You“ oder die Quetschkommodenpolka „Come Back To Me“, die dann noch ganz ordentlich ans Stampfen kommt.

So, wie man „Roller Coaster“ und der MGMT-Zwilling „Children“ (haha) getrost vergessen kann, so sehr überstrahlen das Titelstück mit dem angerissenen Gitarrenintro und die erste Single „How Deep Is Your Love“ dieses Album – manchmal reichen eben zwölf Minuten, um den Hörer mit dem Rest des Albums zu versöhnen. Und vielleicht hat sich die mitgewachsene, nun etwas gereifte Stammhörerschaft ohnehin mit der Zeit von aktiven Eintänzern zu eher passiven Mitwippern entwickelt, dafür, das darf man ohne Häme sagen, ist diese Platte allemal bestens geeignet.
www.therapturemusic.com

Montag, 15. August 2011

Spieltagsklassenbester



Dank der DFL kann man zwar am Freitag schon gewinnen, aber erst am Montag richtig jubeln: Heute trennten sich Frankfurt und Düsseldorf 1:1 und somit ist nun der Herzensklub nach dem vierten Spieltag uneingeschränkter Tabellenführen in Liga Zwo. Ja ja, keine Frage, ist noch bannig früh in der Saison, Momentaufnahme, keine Frage. Aber wann hat es schon mal einen so gelungenen Auftakt gegeben - vier Spiele, drei Siege, ein Unentschieden, 10 Punkte. Klasse Jungs, walk on!

Sonntag, 14. August 2011

Neues von Herrn Neumann



Ganz klar - er ist auch wieder mit dabei, wenn die Kirmes ans Laufen kommt. Zum Goth-Revival darf natürlich der Altmeister nicht fehlen - Peter Murphy ist schon mit von der Partie, da läßt sich auch Gary Numan nicht lange bitten. Und wird, wenn alles gut geht und der Kajal noch hält, schlappe 5 Jahre nach seinem letzten Album "Jagged" wohl noch in diesem Jahr den Nachfolger unters erwartungsfrohe Volk bringen. "Splinter" soll die Scheibe heißen, weiß jedenfalls The Quietus, und daraus gibt es nun den ersten Titel: "Dead Sun Rising".

Freitag, 12. August 2011

Punktsieg im Kerngeschäft



JAY-Z & Kanye West „Watch The Throne“ (Def Jam)
Allseits bekannt, dass die Fussballbranche schon vom Jugendwahn erfasst und – je nach Standpunkt – versaut ist, mit 17 Nationalspieler, mit 30 schon raus aus dem Rennen und froh, wenn man ein Probetraining bei den Vereinslosen absolvieren darf, time’s running, gnadenlos. Dass dies nun in der Musikbranche auch schon die Regel sein soll, vermittelt das Feuilleton der Süddeutschen in seiner Rezension des lang erwarteten Doppelschlags der Superbuddies Jay-Z und Kanye West „Watch The Throne“ – zwei onkelhafte Auslaufmodelle, so die Meinung, die auf dicke Hose machen und mit einigem Glück noch eine passable „Prunkplatte“ zustandebringen. Gegen den 41-jährigen Jay-Z und den 34-jährigen West ständen unter anderem Jungspunde wie Lil Wayne und die durchgeknallte Skandalposse um Tyler the Creator. Von letzteren behauptete im Übrigen Produzentenlegende Steve Albini (49!) kürzlich: „This is not a case of regular people making music about assholes, but assholes making music about being assholes.“

Schwer zu sagen, ob das nun aus der Sicht des Rezensenten der Jugend nach dem Mund geredet, schon Majestätsbeleidigung oder gar Leichenfledderei ist, das Album polarisiert in jeder Hinsicht – durch sein Erscheinungsbild, seine nicht eben bescheiden auftretenden Protagonisten, den Stil, die Thematik, das ganze Tamtam. Zwei angenehme Überraschungen deshalb gleich zu Beginn: Zum einen der fast schlichte, unprätensiöse Beginn – kein auf Surenlänge ausgedehntes Selbstbeweihräucherungsintro, sondern mit „No Church In The Wild“ ein feiner Song mit dunkel wummerndem Basslauf, verwandt und damit inhaltlich recht passend dem Depeche-Mode-Klassiker „Personal Jesus“, und – zum Ärgernis des Feuilletonisten – als Co. am Mikrophon Frank Ocean, 24, festes Mitglied bei den oben erwähnten Milchbärten von Odd Future. Statement, Starthilfe, Vereinnahmung – who cares?!

Mit dabei natürlich auch Ehefrau und Darling Beyoncé, welche Titel Nummer zwei „Lift Off“ veredeln darf, sonst aber nicht weiter auffällt. Die Aufgabenteilung der beiden Hauptakteure funktioniert ansonsten prima, die Stakkatopassagen wie bei „Niggas in Paris“ oder „Thats My Bitch“ gehören Jay-Z, während Kanye für die bedächtigeren Vocals und den kreativen Input zuständig scheint. Das typische KW-Ding also, aus einem Sample einen Song zu stricken – „Otis“ (Otis Redding), „Gotta Have It“ (James Brown gemixt mit fernöstlicher Gesangsspur), „New Day“ (Nina Simone wird durch den Vocoder geschickt) und am Ende „The Joy“ (Curtis Mayfield) – man kennt es zur Genüge und bekommt es trotzdem nicht satt. West hat ja, das darf man ruhig sagen, mit „My Beautiful Dark Twisted Fantasy“ im vergangenen Jahr auch das deutlich ambitioniertere Werk abgeliefert als sein Partner, für ihn ist „Watch The Throne“ deshalb nicht ausschließlich Gelegenheit, im Rennen zu bleiben, sondern Arbeitsbeweis des ständigen Willens zur Perfektion.

Natürlich können fast alle Songs des Albums als Ausdruck des schwarzen Selbstverständnisses verstanden werden und – zugegeben – textlich geht es bisweilen etwas humorlos und altbacken zur Sache. Der Ärger über innerethnische Konflikte, hier griffiger „black on black“, zieht sich wie ein roter Faden durch die Platte („Welcome To The Jungle“, „Who Gon Stop Me“, „Murder To Excellence“), ein wildes Fluchen und Ätzen, dass einem der Schädel schwammig wird, den man bei Zeilen wie „This is something like the Holocaust, millions of our people lost“ auch gern mal schütteln darf. Wie ernst solche Zeilen zu nehmen sind, geben einem die Jungs ein paar Minuten vorher mit einem netten Einspieler gleich mit auf den Weg: „No one knows, what it means, but it’s provocative!“ Hoffen wir, dass selbiges auch für den pappsüßen, pseudoreligiösen Zuckerguß bei „Made In America“ gilt, der den wunderbar souligen Gesang von (abermals) Frank Ocean fast ungenießbar werden läßt.

Irgendwie ist man am Ende zufrieden, dass die große Blamage ausgeblieben ist und dass die beiden „alten Säcke“ neben allerlei modischen Schnickschnack auch noch das Kerngeschäft dominieren können. Um im sportlichen Bilde zu bleiben: noch immer eine andere Gewichtsklasse, noch immer Heavyweight, und wenn auch kein K.O., so doch ein Sieg nach Punkten. Etwas lässiger klingt das bei pitchfork: „Listening to it is sort of like watching George Clooney get all his movie-star-friends together for a party in his Italian villa.“

Erst Bild, dann Ton [update]



Cover draußen, jetzt folgt die erste Single: Feist steckt via KBCO network die erste Single ihres Albums "Metals" ins Netz - "How Come You Never Go There", es warten keine großen Überraschungen auf die Hörer, züchtig angerissene Gitarren, kleines Blaskapellenoutro, alles gut für einen Appetizer - hier.

Donnerstag, 11. August 2011

Begeisterung unterwegs



Nachdem die Jungs von The Rapture auf ihre alten Tage mit "How Deep Is Your Love" noch schnell den Sommerhit 2011 klargemacht haben, gehen sie im Herbst endlich auch mal wieder auf Tour. Und wenn die neue Platte "In The Grace Of Love" (VÖ: 5. September) ein wenig von dem hält, was die erste Auskopplung verspricht, dann wird das ohne Zweifel eines der "Musts" der zweiten Jahreshälfte. Zu sehen also am/im:
9. September, Berlin, Berlin Festival
8. November, München, 59:1
9. November, Hamburg, Knust
20. November, Heidelberg, Karlstorbahnhof

Mittwoch, 10. August 2011

Wundervolles aus Berlin



Um ehrlich zu sein – als ich las, dass die beiden zugeknöpften, bleichgesichtigen Spaßbremsen von Hurts ihren ersten Charterfolg mit einem Song namens „Wonderful Life“ feierten, war ich im ersten Moment ein wenig angesäuert, dachte ich doch, sie wollten sich mit den fremden Federn eines Colin Vearncombe alias Black und seinem Dauerbrenner aus dem Jahre 1987 ein leichtes Geld verdienen. Der Brass verflog schnell, ihre retroseelige Waveverwurstung stand auf eigenen, wenn auch mehr als wackeligen Beinen, Fehlalarm also.

Nun aber hat sich das Rocksteadyensemble Seeed um Rotschopf Peter Fox aus der Hauptstadt an das Cover gemacht und jetzt, ja jetzt geht das auch mehr als in Ordnung. Nicht nur weil Seeed, mithin einer der wenigen wirklichen Gründe, Berlin zu mögen, jede Menge Credibility und Coolness für solche Unternehmungen haben, sondern weil ihre Version eine durchaus gelungene, fette Interpretation geworden ist. Der Dank für die Entdeckung geht an den Kollegen von testspiel.de, das Stück gibt’s, neben der ersten Kostprobe "Molotov" aus dem kommenden Album, hier.

Dienstag, 9. August 2011

Wortwertstoffhof revisited



Weit entfernt davon, dem Kolumnisten und Erziehungsberater Axel Hacke ins Handwerk pfuschen zu wollen, auch keine Rede davon, ihm seine Idee vom Aufbewahrungsort für selten gewordene, abstrus verdrehte oder fantastische Wörter abspenstig zu machen – da sei Vroniplag vor – nur schnell den Zeitpunkt genutzt, um den Notizblock des iPhones aus den letzten Wochen zu leeren.

Und da gilt es zwei ältere Überschriften aus der Süddeutschen Zeitung vom Papier ins große Netzgedächtnis einzuspeisen, also auch eine Art von wohlwollender Wertschätzung. Aus Anlaß der Heimholung des spitzbübischen und durchtriebenen Ex-Jugoslawen, Ex-Bayern und Ex-Turiners Hasan Salihamidzic durch Felix Magath zum VfL Wolfsburg titelte die Zeitung nämlich recht charmant: „Liebe aus den Zeiten der Kohl-Ära“. Und ein paar Wochen später, als nicht so ganz klar war, wie es denn nun um die Liebe des dicke Fürstenalbert und der anmutigen Schwimmprinzessin wirklich bestellt war, stand im gleichen Blatt kurz: „Splitterwochen“. Wenn das mal nicht aufgehoben gehört.

Kurz noch einen Schwenk ins Englische. Gerade den letzten Band der Kommissar-Rebus-Reihe von Ian Rankin („Exit Music/Ein Rest von Schuld“) beendet – seit jeher eine ziemlich sichere Bank – und dort über den Namen eines Viertels der schottischen Hauptstadt Edinburgh gestolpert: Wardieburn. Ein Wort, welches mehr als manches andere für sich spricht, man muß schon ein paar Mal nachlesen und auch googeln, um sicher zu gehen, dass es sich hier nicht um einen Satzfehler handelt. Nein, gibt’s tatsächlich (Foto s.o.) und ist wohl rein assoziationsmäßig das Gegenteil von Büllerbü. Kaum anzunehmen, dass aus dem tatsächlich schlecht beleumundeten Distrikt übermäßig viele Pastorenanwärter, Berufslyriker und Chorsänger stammen. Hier gilt der Vermerk in der Geburtsurkunde wohl schon als erste Aktennotiz.

Schlußendlich noch zu einem Wort, auf welches ich rein zufällig bei einer meiner stümperhaften Übersetzungen für den Eigengebrauch gestoßen bin, eher ein Nischenbewohner (das Wort), aber für geschichtsbegeisterte Etymologen sicher ein echter Leckerbissen: War wem klar, dass es im Englischen für den Begriff „verknöchert, erstarrt“ die Entsprechung „ossified“ (von ossify) gibt? Ich lass das jetzt mal so im Raum schwingen, aber bevor jemand auf die Idee kommt, umgehend ein bitterböses Hassmail abzusetzen – für die Vita erst mal kurz rechts oben in die Ecke geschaut.

Freitag, 5. August 2011

Boxenstopp für Unerschrockene



Irgendwie kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, so manchem Künstler fehle es entweder am Zutrauen in die Essenz des eigenen Schaffens – also Ton, Text und Bild – oder an wesentlich Grundsätzlicherem: dem schnöden Geld. Wie sonst läßt es sich erklären, dass kein Tag ohne die Ankündigung eines noch luxuriöseren, noch kostspieligeren Box-Sets, sei es das eines ReIssues oder einer Neuerscheinung, zu vergehen scheint. Die Fans jubilieren, die Kassen klingeln und kaum einer fragt nach Sinn und Unsinn solchen Boheis.

Beileibe nicht der Anfang, aber eine vielbesprochene Zäsur: Das Jubiläums-Box-Set zu Nirvanas „Nevermind“ mit fast schon ärmlichen fünf CDs bzw. DVDs, bestückt mit handelsüblichen Demos und Remasters, Livemitschnitten und Bildmaterial – stockkonservativ, möchte man meinen und mit gut 100 Euro fast schon ein Schnäppchen.

Weitaus umfassender gehen da Johnny Marr und Rhino-Records zu Werke, hier gibt’s den kompletten Back-Katalog der Smiths mit acht Alben in Gatefold-Qualität und obligatorischem 180-Gramm-Vinyl und sagenhaften 25 Siebenzollern, dazu Coverprints und DVD – massive Menge mit massivem Preis, bei Amazon kann man dafür schon mal knappe 310 Euro löhnen.

Sehr ansehnlich auch das Geburtstagspackage, was Bono und Kollegen zum Zwanzigjährigen ihres – zugegeben recht richtungsweisenden – Albums „Achtung Baby“ geschnürt haben – der Name „Uber Deluxe Edition“ könnte nicht passender sein: 6 CDs inklusive Nachfolgewerk „Zooropa“, Remix-, Sessions- und Demokrimskrams, eine schöne Berlin-Doku mit dem inoffiziellen Titel „Wie Bono endlich den kalten Krieg stoppte und die wirklich saudumme Mauer zu Fall brachte“, dazu noch Fanbuch, Sticker und – man hat es fast schon befürchtet: eine Original-Sonnenbrille des hochheiligen Mannes aus Dublin. Hallelujah, da sind knapp 300 Euro eine preiswerte Spende.

Bevor es zum absoluten Highlight geht sei noch erwähnt, dass auch die gerade wiedererwachten Beastie Boys dem Markt geben was der Markt scheinbar braucht – für schlappe 750 Dollar (charity, versteht sich von selbst) kann sich der geneigte und betuchte Fan ein Set Actionfiguren aus dem letzten Video „Don’t Play No Game That I Can’t Win“, versehen mit allerlei Wechselgarderobe, bestellen – natürlich Ehrensache.

Den berühmten Vogel schießt allerdings Fräulein Gutmundsdottir aka. Björk ab, in eine handgehobelte Holzschatulle schichtet die spleenige Isländerin neben ihr kommendes Album „Biophilia“ zehn unterschiedlich gefärbte Stimmgabeln, jede einzelne einem Song der Platte zugeordnet und selbstredend penibelst gestimmt. Beiliegend natürlich kunstvollste Sonderdrucke und lyrische Kostbarkeiten, ökologisch überaus nachhaltig und trotzdem von erlesener Qualität, die mit 500 Pfund aber auch einen erlesenen Preis hat.

Allen, die einfach nur mal „reinhören“ wollen, sei wärmstens die gute, alte Hype Machine empfohlen.

Mittwoch, 3. August 2011

Ästhetik in schwarz/weiß



Auch den Fans von Interpol sollte ja Matthew Dear mittlerweile kein Unbekannter mehr sein, hat er doch in Europa einige Termine der New Yorker als Support des vierten Albums, also der letzten Tour begleitet. Aufpasser wissen natürlich auch um das wunderbare Album "Black City", welches Dear just auf diesen Konzerten unter anderem zu Gehör brachte. Daraus wiederum gibt es nun die letzte Single "Slowdance" als ästhetisch ansprechendes Schwarz/Weiß-Video, eine stilvolle Collage aus schnurrendem Model, Lavabläschen und überblendeten Hausfassaden zu feinen Synthiefächen und perlender Hook-Gitarre, in Szene gesetzt vom Amerikaner Charles Bergquist - hier.

Dienstag, 2. August 2011

Erst Bild, dann Ton



Zwei schöne Coverentwürfe kommender Veröffentlichungen machen derzeit die Runde im Netz. Da ist zum einen, nach geheimnisvollen Kurzteasern und Studiofilmchen, die Hüllenkunst für das neue Album "Metals" von Feist, welches Anfang Oktober das Licht der Welt erblicken soll und am 22. Oktober mit einem einzigen Deutschlandgig im Berliner Tempodrom auch hierzulande betrommelt wird. Und auch das Londoner DJ-Projekt von Kieran Hebden, Four Tet, hat sich für sein neues Werk "Fabriclive 59" mächtig Mühe gegeben und präsentiert im Gegensatz zum staubtrockenen Stillleben eher die maritime Version der Verbindung von Mensch und Tier.