Melby
„None Of This Makes Me Worry“
(Sinnbus/Rama Lama Records)
Dass gerade Schweden über ein scheinbar unerschöpfliches Reservoire an verheißungsvollen, jungen Musikern verfügt, denen der Pop leichter als anderswo von der Hand geht, ist eine mittlerweile etwas arg strapazierte Binse. Man muß tatsächlich nicht jedes Mal ABBA aus dem Kohlenkeller holen, wenn es um die erstaunlichen Qualitäten dortiger Songschreiber geht (und irgendwie tun wir’s doch immer wieder), zumal es mittlerweile ja jede Menge genreübergreifende Acts gibt, die für sich selbst stehen können. Melby aus Stockholm zum Beispiel lassen sich nicht ohne weiteres in eine bestimmte Schublade pressen, probieren sich am Pop wie am Rock, spielen mit Country und Folk ebenso gern wie mit psychedelischen Referenzen und scheuen sich nicht davor, die Gitarren auch mal etwas härter anzupacken. Zugegebenermaßen passiert letzteres nicht allzu häufig, der Einstieg („VCR“) und der Kehraus („Stalker“) des Debütalbums kratzen etwas mehr, zwischendrin gefällt das Quartett mit geschmeidigem Wohlklang, melancholischen Balladen und flirrenden, leichtfüßigen Tanznummern.
Neben Are Engen Steinsholms wandlungsfähigem Gitarrenspiel bleibt vor allem die Stimme von Matilda Wiezell im Gedächtnis haften. Wer den klaren Gesang der frühen Maggie Reilly mochte, wird sich auch hier gern verzaubern lassen – gleichwohl zeigt sich Wiezell, die auf dem Debüt wie schon früher gern mal in ihre Heimatsprache wechselt („Stress“), durchaus variabel, bei „Marina“ wird das Timbre angenehm rau und dunkel. Und wenn wir schon bei Querverweisen sind, dürfen auch Belle And Sebastian und Camera Obscura als mutmaßliche Vorbilder nicht fehlen. Neben den besagten Stücken seien als Anspieltipps unbedingt noch „Reject“ und „Overthinking“ empfohlen, zwei Songs der luftig-leichten Sorte. Auf dem bekannten und seit geraumer Zeit werbefinanzierten Streaming-Portal mit der orange-weißen Wolke schiebt sich zwischen die Songs der Schweden übrigens passenderweise ab und an ein IKEA-Jingle, die findigen Praktikanten aus dem Key-Account-Squad werden wohl einige Parallelen zwischen Billy und Melby vermutet haben. Stimmt ja auch, irgendwie – mögen muß man einfach beide. https://melby.bandcamp.com/album/none-of-this-makes-me-worry-lp
27.04. Bernburg, Hotel Wien
Mittwoch, 10. April 2019
GURR: Sanfte Brise [Update]
Neuigkeiten auch aus Berlin: GURR melden sich mit einer EP zurück. "She Says" soll, wie Stereogum vermeldet, im April erscheinen und der Titeltrack läßt erkennen, dass die Damen um Doppelwirbelwind Andreya Casablanca und Laura Lee auch ruhig können. Zwei Jahre nach dem furiosen Debüt "In My Head" und einer Reihe einzelner Singles kommen die Damen auch wieder auf die Bühne, im April starten sie eine Clubtour - und werden dort sicher auch wieder etwas lauter.
03.04. Hamburg, Hafenklang
04.04. Münster, Gleis 22
05.04. Köln, Helios 37
08.04. Leipzig, Naumanns
09.04. Nürnberg, Club Stereo
10.04. Stuttgart, Keller Club
11.04. Mainz, Schon Schön
Update: Und hier noch nachgereicht das Video von Marco Leitermann ... noch überraschender der neue Track "Zu spät" - mit olle Schnauzer-Bela als Sorgenonkel und in deutscher Sprache! ... Und obendrauf ganz frisch die Clips zu "Bye Bye" und "Fake News" - Konzerte laufen dem Vernehmen nach Bombe!
03.04. Hamburg, Hafenklang
04.04. Münster, Gleis 22
05.04. Köln, Helios 37
08.04. Leipzig, Naumanns
09.04. Nürnberg, Club Stereo
10.04. Stuttgart, Keller Club
11.04. Mainz, Schon Schön
Update: Und hier noch nachgereicht das Video von Marco Leitermann ... noch überraschender der neue Track "Zu spät" - mit olle Schnauzer-Bela als Sorgenonkel und in deutscher Sprache! ... Und obendrauf ganz frisch die Clips zu "Bye Bye" und "Fake News" - Konzerte laufen dem Vernehmen nach Bombe!
The Raconteurs: Gegen müde Knochen [Update]
Update: So, mittlerweile durften wir ein paar Fakten sammeln. Das Album wird "Help Us Stranger" heißen und am 21. Juni erscheinen, die zugegeben nicht allzu kreative Verpackung gibt's mit dem nächsten Song, einem Cover des Donovan-Songs "Hey Gyp (Dig The Slowness)". Ach ja, und zwei Termine kommen noch obendrauf.
28.05. Köln, E-Werk
30.05. Berlin, Verti Music Hall
R. Ring: Zwischenstand
Erst kürzlich hatten wir ja darauf hingewiesen, dass The Breeders nicht nur als Band, sondern durchaus auch als die Summe der einzelnen Frauen (Sorry, Jim!) wahrgenommen werden dürfen. Da nämlich hatte Josephine Wiggs ihr Soloalbum "We Fall" angekündigt. Doch auch Kelley Deal ist keineswegs untätig, gerade hat sie via Brooklyn Vegan verlautbart, dass sie zusammen mit Mike Montgomery via SofaBurn Records das nächste Album ihrer Formation R. Ring fertigstellt - als Trost anstelle neuen Materials gibt es (zuvor exklusiv, jetzt für einen großen Verteiler) vorerst nur einen gerade erst fertiggestellten Studio-Outtake des 2017er Songs "See" von der letzten Platte "Ignite The Rest" - na immerhin. More to follow soon, versprochen.
Dienstag, 9. April 2019
Pip Blom: Volle Konzentration
Wer jetzt noch so einen kleinen hilfreichen Klaps auf den Hinterkopf braucht, für den gibt es hier den entsprechenden Hinweis: Vielleicht kommt ihr oder ihm der Name der jungen Band aus Amsterdam nämlich deshalb so bekannt vor, weil man vor einiger Zeit zu Besuch auf einem Breeders-Konzert war - den Support nimmt man bei solchen Ereignissen ja eher am Rande war. Eintreffen ohnehin spät, Freunde lauthals begrüßen, Bier organisieren, dringenden Small-Talk erledigen, Merch checken - da ist die Vorband schon fast Geschichte. Was in diesem Falle ungeschickt war, denn Pip Blom hätten alle Aufmerksamkeit verdient gehabt. Kann aber nachgeholt werden, denn am 31. Mai bringen die vier ihr Debütalbum "Boat" bei PIAS heraus - hier kommt schon mal das Video zur Single "Ruby" und das etwas ältere Stück "Daddy Issues". Ab jetzt, liebe Leute, gibt es dann keine Ausrede mehr.
Yeasayer: Schwierige Beweisaufnahme
Das ist auch eher ungewöhnlich, dass eine ungarische Seite mal besser informiert ist als - ja sagen wir mal Under The Radar. Und so heißt es, zum Thema Yeasayer einen fremdsprachigen Text zu übersetzen ohne die feste Gewißheit, dass das auch alles so seine Richtigkeit hat. Versuchen wir's trotzdem: Die New Yorker Experimental-Pop-Band hat vor, am 7. Juni ihr nächstes Album, den Nachfolger also zu "Amen And Goodbye" (2016), zu veröffentlichen. Der Titel sollte "Erotic Reruns" heißen und die erste Single, das ist soweit mal felsenfest sicher, nennt sich "I'll Kiss You Tonight" - die Animation stammt von Theodore Sefcik. Eine notarielle Beglaubigung steht noch aus ...
Drahla: Voller Bezüge [Update]
Dieser Band aus Leeds eine große Zukunft vorauszusagen barg schon im vergangenen Jahr keine größeren Risiken, tricky Sound, herausfordernde Attitüde, die drei hatten schon mit ihrer EP "Third Article" vieles richtig gemacht. Noch besser - nun bringt das Trio Drahla endlich sein Debütalbum an den Start, "Useless Coordinates" erscheint am 3. Mai bei Captured Tracks. Der erste Song "Stimulus For Living" enthält samt Video jede Menge Bezüge, vom Experimantalfilm bis zu japanischer Synthmusik. Zu den zehn neuen Stücken zählt im Übrigen auch schon das früher vorgestellte "Twelve Divisions Of The Day".
Update: Das dritte neue Stück heißt "Pyramid Estate" - haben wir natürlich auch parat plus einen Tourtermin.
20.04. Berlin, Basement Bash/Urban Spree
Update: Das dritte neue Stück heißt "Pyramid Estate" - haben wir natürlich auch parat plus einen Tourtermin.
20.04. Berlin, Basement Bash/Urban Spree
Montag, 8. April 2019
Chloe Foy: Mit Bestimmtheit
Und noch eine Chloe. Reiner Zufall, dass wir noch eine zweite Dame gleichen Vornamens dringend vorstellen müssen - Chloe Foy kommt aus Manchester und hat 2017 eine 5-Track-EP mit dem Titel "Are We There Yet?" veröffentlicht - Folkpop mit viel Gefühl und großen Melodien. Für ihre neue Single "Oh You Are Not Well" gibt's nun ein paar vorsichtige Drums zu den zarten Akkorden, es klingt etwas bestimmter, fordernder. Gut so, wir werden sie im Auge behalten müssen.
Chlöe Howl: Da geht noch mehr
Wieder mal Neues von Chlöe Howl: Im Oktober des vergangenen Jahres hatte sie sich ja mit ihrem Song "Work" im wortwörtlichen Sinne zur Arbeit zurück gemeldet - nach längerer Pause. Zum Glück mußten wir diesmal nicht so lange warten, denn gerade erschien mit "Millionaire" ihr nächster Track, ein geradezu verführerisches Exemplar von einem Popsong. Und damit ist auch klar, wir bleiben bei unserer Meinung - hier ist noch einiges mehr drin.
Sonntag, 7. April 2019
Junodream: Fürchterlich plus seltsam
Der Rundumschlag am Sonntag steht heute ganz im Zeichen der Gitarre, mal wieder: Den Anfang machen Junodream, eine Fünfmann-Kapelle, deren Mitglieder zwar aus Bristol stammen, mittlerweile aber nach London umgezogen sind. Von den Jungs um Sänger Ed Vyvyan sind bislang ein paar feine Singles im Netz zu finden, nun haben sie für den 3. Mai ihre neue EP "Terrible Things That Could Happen" angekündigt. Den Titelsong gab es schon vor einem Monat zu hören, nun kommt "Odd Behavior" als Zugabe hinterher.
Yacht Punk: Einfach nur rocken
Die Formation mit dem etwas irreführenden Namen Yacht Punk hatten wir hier schon zu Gast, vor rund einem Monat gab es einen Schwung Songs des Quartetts aus Los Angeles zu vermelden. Diese finden sich auf dem Album "Ghosts", das gerade bei Killphonic Records erschienen ist und dessen Single "Modern Condition" wir hier gern zum besseren Kennenlernen nachreichen wollen. Ihre Vorbilder liegen zwar nicht ganz so weit auseinander wie beim letzten Post (The Strokes, Foals und HEALTH) - der Track hier will aber erst mal nur eines: Rocken.
Witching Waves: Beharrliches Geschepper
Schnell wieder zurück nach London, solange es als EU-Bürger noch so einfach geht: Nicht vergessen nämlich wollen wir die Band Witching Waves, deren Debütalbum "Crystal Cafe" wir hier vor drei Jahren schon vorgestellt haben. Nach Umbesetzung gab es 2017 mit "Fear Of Falling Down" eine weitere Platte und nun ist mit "Persistence" bei Specialist Subject Records das dritte erschienen. Und das scheppert mal so richtig ordentlich dahin, dass man nach Vorbilder gar nicht zu fragen braucht. Das Stück "Eye 2 Eye" möchten wir samt Video stellvertretend für die zehn neuen vorstellen - der Rest gleich darunter als Stream von Bandcamp.
Jamila Woods: Auf bestem Wege [Update]
Noch nicht ganz so groß wie die Staples, aber auf dem besten Wege dahin ist Jamila Woods. Die Heimatstadt und das Metier sind schon mal deckungsgleich, nur ist Woods um ganze fünfzig Jahre jünger und hat also noch eine ganze Menge vor. Ihr zweites Studioalbum ist ebenfalls für den 10. Mai bei Jagjaguwar gelistet, die dreizehn Songtitel lassen ahnen, dass es hier vornehmlich, wie der Plattenname "Legacy! Legacy!" schon anmerkt, um schwarze Geschichte, um das Erbe mehrerer Generaionen geht - Muddy, Basquiat, Frida, Betty, Sun Ra, da bleiben kaum Zweifel. Nachdem "Giovanni" und "Zora" als Vorabsingles bereits erschienen sind, kommt heute "Eartha" an die Reihe.
Update: Und auch dieser Song passt auf den Punkt - "Eartha" samt Video von Fatimah Asghar in Stummfilmoptik, ein Spaß mit Message.
Update: Und auch dieser Song passt auf den Punkt - "Eartha" samt Video von Fatimah Asghar in Stummfilmoptik, ein Spaß mit Message.
Samstag, 6. April 2019
Westbam: Länger haltbar
Westbam
„The Risky Sets“
(SPV)
Der schönste Satz steht dann tatsächlich am Schluss des Gesprächs: Die Süddeutsche Zeitung hat gerade (altersgerecht möchte man meinen) den großen Techno-Onkel Maximilian Lenz, hauptsächlich bekannt unter seinem Pseudonym Westbam, interviewt und abseits der lustigen Tatsache, dass man manchen DJ ohne sein furchterregenden Künstlernamen auch problemlos hinter einer Penny-Kasse oder in einer kleinen Autoschrauberbude vermuten würde (so auch Josef Geier, zur Hölle nochmal), spricht der gebürtige Münsteraner einige hübsche Dinge an. Er sagt zum Beispiel, dass er öfter von jüngeren Kollegen gefragt werde, warum um alles in der Welt er noch Platten aufnehme, wo doch heute alles in der Wolke zu haben sei. Wohl genau eben deshalb. „Diese Kids denken komplett gastronomisch, nur in Party und Promotion. Trotzdem glaube ich, dass ich noch einen guten Beitrag leisten kann. Ich möchte etwas erzählen und da reicht es eben nicht, mal kurz einen Track zum Download freizugeben.“ Das allabendliche Scheibendrehen (so überhaupt noch welche verwendet werden) ist tatsächlich ein sehr flüchtiges Geschäft und kann man es dem Mann nicht verdenken, dass er gern etwas vorweisen möchte, das nicht nur für den Moment, sondern für die – naja, Ewigkeit ist vielleicht ein zu starkes Wort, sagen wir mal, etwas mehr Haltbarkeit hat.
Das ist ihm 2013 schon einmal gelungen, da hat er seine Sammlung „Götterstraße“ veröffentlicht und auf eine Art und Weise die 80er gefeiert, dass es einem beim Tanzen fast die Freudentränen in die Augen getrieben hat – ein wirklich großartiges Vermächtnis, mit an Bord damals Größen wie Richard Butler, Bernard Sumner, Iggy Pop, Brian Molko und Inga Humpe. Und auch Kanye West und Lil Wayne, fast schon ein Vorgriff also auf seinen zweiten Rundumschlag, diesmal mit Paten des Hip Hop der letzten Jahrzehnte. Da hat sich also Lenz Leute wie Wiz Khalifa, Kendrick Lamar, Drake, Tyler The Creator und Busta Rhymes ins Studio geholt, mutmaßlich nicht persönlich, sondern per USB-Stick im Briefumschlag (oder jedenfalls so ähnlich), das geht ja heute alles ziemlich körperlos vonstatten. „The Risky Sets“ ist dann auch im Unterschied zum Vorgänger kein ausgesprochenes Song-Album geworden, wo der Techno als gleichrangiger Partner agierte – hier war mehr als zuvor der DJ gefragt, um die gelieferten Loops, Sprachsequenzen und Reime an die richtige Stelle zu packen, um den draufloswummernden Flow nicht zu brechen, sondern eher anzuschieben. Das funktioniert größtenteils ganz prächtig, auch wenn die Stücke in der Masse vielleicht etwas erschlagen.
Erfreulich: Es ist weder ein Techno-, noch ein Rapalbum geworden, sondern eine durchaus unterhaltsame Mischung aus beidem und vielem mehr, die Tracks funken, stampfen, wippen wunderbar, hier wird nichts mit den befürchteten drei „K“ geschrieben, stumpf teutonisches Beatgeballer sucht man vergebens. Stattdessen überall ausgesuchte Zutaten – Jericho-Tröten im Opener „Machine Gun Mantra“, glockenhelle Trompeten für „Way Up“, bei „We’re From Uptown“ noch ein paar Balkanklänge obendrauf, passt. Die schönste Idee der Platte kommt mit „No Facebook“, einer Aufzählung aller technischen Hilfs- und Kommunikationsmittel, die es zu Glanzzeiten eines Afrika Islam, eines Afrika Bambaataa oder von Erik D. Clarke (und also auch Westbam) noch nicht gab – und dennoch hatten sie Erfolg. „No technical nothing!“, aus heutiger Sicht fast unvorstellbar. Dazu passt dann auch das selbstbewußte Statement, das Lenz an den Schluß des besagten Interviews stellt: „Ich habe als DJ im Moment die Zeit meines Lebens. Den 18- und den 28-jährigen Westbam könnte ich locker an die Wand spielen, DJing ist eine Erfahrungswissenschaft.“ Wer wollte ihm das nicht gönnen?
„The Risky Sets“
(SPV)
Der schönste Satz steht dann tatsächlich am Schluss des Gesprächs: Die Süddeutsche Zeitung hat gerade (altersgerecht möchte man meinen) den großen Techno-Onkel Maximilian Lenz, hauptsächlich bekannt unter seinem Pseudonym Westbam, interviewt und abseits der lustigen Tatsache, dass man manchen DJ ohne sein furchterregenden Künstlernamen auch problemlos hinter einer Penny-Kasse oder in einer kleinen Autoschrauberbude vermuten würde (so auch Josef Geier, zur Hölle nochmal), spricht der gebürtige Münsteraner einige hübsche Dinge an. Er sagt zum Beispiel, dass er öfter von jüngeren Kollegen gefragt werde, warum um alles in der Welt er noch Platten aufnehme, wo doch heute alles in der Wolke zu haben sei. Wohl genau eben deshalb. „Diese Kids denken komplett gastronomisch, nur in Party und Promotion. Trotzdem glaube ich, dass ich noch einen guten Beitrag leisten kann. Ich möchte etwas erzählen und da reicht es eben nicht, mal kurz einen Track zum Download freizugeben.“ Das allabendliche Scheibendrehen (so überhaupt noch welche verwendet werden) ist tatsächlich ein sehr flüchtiges Geschäft und kann man es dem Mann nicht verdenken, dass er gern etwas vorweisen möchte, das nicht nur für den Moment, sondern für die – naja, Ewigkeit ist vielleicht ein zu starkes Wort, sagen wir mal, etwas mehr Haltbarkeit hat.
Das ist ihm 2013 schon einmal gelungen, da hat er seine Sammlung „Götterstraße“ veröffentlicht und auf eine Art und Weise die 80er gefeiert, dass es einem beim Tanzen fast die Freudentränen in die Augen getrieben hat – ein wirklich großartiges Vermächtnis, mit an Bord damals Größen wie Richard Butler, Bernard Sumner, Iggy Pop, Brian Molko und Inga Humpe. Und auch Kanye West und Lil Wayne, fast schon ein Vorgriff also auf seinen zweiten Rundumschlag, diesmal mit Paten des Hip Hop der letzten Jahrzehnte. Da hat sich also Lenz Leute wie Wiz Khalifa, Kendrick Lamar, Drake, Tyler The Creator und Busta Rhymes ins Studio geholt, mutmaßlich nicht persönlich, sondern per USB-Stick im Briefumschlag (oder jedenfalls so ähnlich), das geht ja heute alles ziemlich körperlos vonstatten. „The Risky Sets“ ist dann auch im Unterschied zum Vorgänger kein ausgesprochenes Song-Album geworden, wo der Techno als gleichrangiger Partner agierte – hier war mehr als zuvor der DJ gefragt, um die gelieferten Loops, Sprachsequenzen und Reime an die richtige Stelle zu packen, um den draufloswummernden Flow nicht zu brechen, sondern eher anzuschieben. Das funktioniert größtenteils ganz prächtig, auch wenn die Stücke in der Masse vielleicht etwas erschlagen.
Erfreulich: Es ist weder ein Techno-, noch ein Rapalbum geworden, sondern eine durchaus unterhaltsame Mischung aus beidem und vielem mehr, die Tracks funken, stampfen, wippen wunderbar, hier wird nichts mit den befürchteten drei „K“ geschrieben, stumpf teutonisches Beatgeballer sucht man vergebens. Stattdessen überall ausgesuchte Zutaten – Jericho-Tröten im Opener „Machine Gun Mantra“, glockenhelle Trompeten für „Way Up“, bei „We’re From Uptown“ noch ein paar Balkanklänge obendrauf, passt. Die schönste Idee der Platte kommt mit „No Facebook“, einer Aufzählung aller technischen Hilfs- und Kommunikationsmittel, die es zu Glanzzeiten eines Afrika Islam, eines Afrika Bambaataa oder von Erik D. Clarke (und also auch Westbam) noch nicht gab – und dennoch hatten sie Erfolg. „No technical nothing!“, aus heutiger Sicht fast unvorstellbar. Dazu passt dann auch das selbstbewußte Statement, das Lenz an den Schluß des besagten Interviews stellt: „Ich habe als DJ im Moment die Zeit meines Lebens. Den 18- und den 28-jährigen Westbam könnte ich locker an die Wand spielen, DJing ist eine Erfahrungswissenschaft.“ Wer wollte ihm das nicht gönnen?
Freitag, 5. April 2019
Familienalbum # 33: Die Sache mit dem Hut
Das gelingt uns wirklich recht selten - gleich drei aktuelle Künstler auf einen Schlag vorzustellen. Wäre da nicht die Sache mit dem Hut, der in letzter Zeit immer wieder auftaucht. Den Anfang machten vor längerer Zeit die Young Fathers aus Schottland, als sie das Cover ihres Albums "Cocoa Sugar" bebilderten. Sie seinen hier als Ausgangspunkt, quasi der Vollständig halber, erwähnt. Denn auch andere haben an ihre Kopfbedeckung gedacht: Da wäre beispielsweise der neue Star der queeren Countryszene (ja, so was gibt es sehr wohl) Orville Peck, dessen Erscheinungsbild manchem Redneck arge Bauchschmerzen bereiten dürfte - gut so. Sein aktueller Song heißt "Turn To Hate" und stammt vom gerade erschienenen Album "Pony". Desweiteren gibt es da eine interessante Kollaboration zwischen Beck Hansen und der Formation Cage The Elephant mit Namen "Night Running", der Song findet sich auf der Platte "Social Cues", die für den 19. April terminiert ist - auch diese mit Hut. Und zu guter Letzt die Pariser Band L'Impératrice, die gerade ihr neues Werk "Matahari" angekündigt hat und bald zu Besuch nach Deutschland kommt - hier stellvertretend der Song "Error 404".
Donnerstag, 4. April 2019
Hot Chip: Going crazy
Gerade noch mal nachgeschaut - tatsächlich, ist doch schon wieder so lange her. Das letzte Album von Hot Chip, der Londoner Tanzkapelle mit dem kongenialen Duo Alexis Taylor und Joe Goddard, trug 2015 den wunderbaren Titel "Why Make Sense?" und war ein wahres Prachtexemplar an Repetition und elektrischer Verzückung. Und nun? Wird es nicht weniger sinnhaftig, denn die gerade angekündigte Platte darf sich "A Bathfull Of Ecstasy" nennen - und wird von einer Single namens "Hungry Child" samt Video von Saman Kesh begleitet. Und das hat es in sich, einfach mal anschauen. Der Rest dann spätestens am 21. Juni.
11.04. Köln, Luxor
12.04. Hamburg, Mojo Club
13.04. Berlin, Columbia Theater
03.12. Berlin, Columbiahalle
05.12. Lausanne, Les Docks
11.12. Hamburg, Docks
11.04. Köln, Luxor
12.04. Hamburg, Mojo Club
13.04. Berlin, Columbia Theater
03.12. Berlin, Columbiahalle
05.12. Lausanne, Les Docks
11.12. Hamburg, Docks
Rosalía vs. James Blake: Vergänglich
Es wird schon aufgefallen sein, dass die spanische Künstlerin Rosalía hier ziemlich viel Platz bekommt - zu Recht, zu Recht. Schließlich ist ihr letztjähriges Album "El Mal Querer" einfach viel zu schön, um es eben 2018 einfach vergangen sein zu lassen, kürzlich hat sie ja auch mit "Con Altura" selbst dafür gesorgt, nicht in Vergessenheit zu geraten und wir warten noch immer dringlich auf ihre angekündigte Zusammenarbeit mit Billie Eilish. Nebenbei war sie ja bekanntlich auch noch mit einer Kollaboration auf "Assume Form", dem aktuellen Longplayer von James Blake, vertreten und genau für dieses Stück gibt es seit heute ein bemerkenswertes Video zu sehen. Unter der Regie von Diana Kunst und Mau Morgo treffen sich Blake und Rosalía, um die Vergänglichkeit der Kindheit zu besingen - die Bilder sind so berührend wie das Lied "Barefoot In The Park" selbst.
The National: Mit Leichtigkeit [Update]
15.07. Frankfurt, Jahrhunderthalle
16.07. Hamburg, Stadtpark
26.11. Berlin, Columbiahalle
27.11. Berlin, Columbiahalle
01.12. Bochum, Ruhrkongress
02.12. Köln, Palladium
03.12. Zürich, Samsung Hall
04.12. München, Zenith
05.12. Stuttgart, Porsche Arena
Update: Mit "Light Years" gibt es heute den sogenannten closing track des Albums zu hören und dazu auch noch den Videoclip von Regisseur Mike Mills.
Update: Mit "Light Years" gibt es heute den sogenannten closing track des Albums zu hören und dazu auch noch den Videoclip von Regisseur Mike Mills.
Mittwoch, 3. April 2019
Pixies: Nicht wegzudenken
Das nennt man dann wohl Hin- und Hergerissen: Einerseits sind die Pixies natürlich super-retro, weil sie mit ihren Hochzeiten zwar für die gute Seiten der 80er und 90er stehen, aber eben auch für die Vergangenheit. Andererseits haben sie nie aufgehört, neue Musik aufzunehmen, vor zwei Jahren erst ihr aktuelles Album "Head Carrier", waren und sind dazu Rolemodels für zahlreiche Bands und somit eigentlich nicht wirklich wegzudenken. Und nun haben sie angekündigt, im Herbst noch einmal für ein paar Konzerte nach Europa zu kommen - und dabei dreimal nach Deutschland. Der Vorverkauf startet am Freitag um 11:00 Uhr CET, alles andere ist Sache der Performance.
05.10. Berlin, Columbiahalle
07.10. Köln, Palladium
09.10. Wien, Gasometer, Bank Austria Halle
13.10. Zürich, X-Tra
15.10. München, Tonhalle
05.10. Berlin, Columbiahalle
07.10. Köln, Palladium
09.10. Wien, Gasometer, Bank Austria Halle
13.10. Zürich, X-Tra
15.10. München, Tonhalle
Priests: Absurdes Theater
Priests
„The Seduction Of Kansas“
(Sister Polygon Records)
Mit dem Hinweis, dass die Priests eine politische Band seien, muß man Katie Alice Greer nun wirklich nicht kommen. Alles ist politisch, wird die streitbare Sängerin der Band aus Washington D.C. nicht müde zu betonen, war es schon immer, ist es immer noch, wird es immer bleiben. Die drei Musiker haben ja ihr Debütalbum „Nothing Feels Natural“ fast auf den Tag genau an dem Datum veröffentlicht, als Donald Trump im Weißen Haus vereidigt wurde – man kann sich gut vorstellen, dass ihr Engagement seitdem nicht geringer geworden ist. Sowieso sind sie so in etwas der maximalste Gegenentwurf zu einer gehypten Retortenkombo, wie sie das erfolgsgierige Musikbusiness gleich reihenweise ausspuckt: Auf ihrem DIY-Label veröffentlichen sie ambitionierte Acts wie Snail Mail, Gauche oder die Downtown Boys, arbeiten selbst gern gegen alle Erwartungen und geben sich auch sonst vielseitig interessiert. Für die aktuelle Platte beispielsweise setzten sie sich mit einem Sachbuch des Schriftstellers Thomas Frank auseinander, das unter dem Titel „What’s The Matter With Kansas“ der politischen Willensbildung im Bundesstaat untersucht, an anderer Stelle gibt Greer auch die interessierte Gesprächspartnerin, wenn es um die Frankfurter Schule um Horkheimer und Adorno geht. Wie gesagt – politisch ist hier immer.
Natürlich nicht unbedingt eins zu eins, sondern gern auf Umwegen. Gleich der Einstieg „Jesus‘ Son“ kommt beispielsweise als skurrile Träumerei daher, die auch mal in eine Art Gewaltfantasie schwappen kann: „I am Jesus’ son, I’m young and dumb and full of cum, I am Jesus’ son, I think I wanna hurt someone.“ Greer kreuzt hier nach eigenem Bekunden ultrafeministische Thesen und Lou Reeds Liedtext von „Heroin“ miteinander, ein wahrhaft unterhaltsamer Versuch. Solche abgedrehten Szenerien gibt es auf dem neuen Album viele, der Titelsong ist eine, aber auch die Stücke „Youtube Sartre“ oder „Good Time Charlie“ könnten gut als absurdes Theater durchgehen, wenn sie denn auf die entsprechende Bühne kämen. Musikalisch ist die Platte (erstmals mit John Congleton an den Reglern) noch abwechslungsreicher geraten als das Debüt, den krachigen Garage-Sound gibt es immer noch, häufiger jedoch wird auch mal mit lässig pulsierenden Tanzbeats („The Seduction Of Kansas“/“68 Screen“) gearbeitet, auch vertrackter, sperriger Post-Punk („I’m Clean“) oder Psychrock („Not Perceived“) kommen zur Aufführung. Allerbeste Unterhaltung also, die hier geboten wird, ganz so wie es sein soll in und um Kansas.
21.05. Köln, Bumann und Sohn
22.05. München, Import/Export
23.05. Zürich, Rote Fabrik
24.05. Heidelberg, Karlstorbahnhof
29.05. Berlin, Kantine Berghain
30.05. Hamburg, Hafenklang
„The Seduction Of Kansas“
(Sister Polygon Records)
Mit dem Hinweis, dass die Priests eine politische Band seien, muß man Katie Alice Greer nun wirklich nicht kommen. Alles ist politisch, wird die streitbare Sängerin der Band aus Washington D.C. nicht müde zu betonen, war es schon immer, ist es immer noch, wird es immer bleiben. Die drei Musiker haben ja ihr Debütalbum „Nothing Feels Natural“ fast auf den Tag genau an dem Datum veröffentlicht, als Donald Trump im Weißen Haus vereidigt wurde – man kann sich gut vorstellen, dass ihr Engagement seitdem nicht geringer geworden ist. Sowieso sind sie so in etwas der maximalste Gegenentwurf zu einer gehypten Retortenkombo, wie sie das erfolgsgierige Musikbusiness gleich reihenweise ausspuckt: Auf ihrem DIY-Label veröffentlichen sie ambitionierte Acts wie Snail Mail, Gauche oder die Downtown Boys, arbeiten selbst gern gegen alle Erwartungen und geben sich auch sonst vielseitig interessiert. Für die aktuelle Platte beispielsweise setzten sie sich mit einem Sachbuch des Schriftstellers Thomas Frank auseinander, das unter dem Titel „What’s The Matter With Kansas“ der politischen Willensbildung im Bundesstaat untersucht, an anderer Stelle gibt Greer auch die interessierte Gesprächspartnerin, wenn es um die Frankfurter Schule um Horkheimer und Adorno geht. Wie gesagt – politisch ist hier immer.
Natürlich nicht unbedingt eins zu eins, sondern gern auf Umwegen. Gleich der Einstieg „Jesus‘ Son“ kommt beispielsweise als skurrile Träumerei daher, die auch mal in eine Art Gewaltfantasie schwappen kann: „I am Jesus’ son, I’m young and dumb and full of cum, I am Jesus’ son, I think I wanna hurt someone.“ Greer kreuzt hier nach eigenem Bekunden ultrafeministische Thesen und Lou Reeds Liedtext von „Heroin“ miteinander, ein wahrhaft unterhaltsamer Versuch. Solche abgedrehten Szenerien gibt es auf dem neuen Album viele, der Titelsong ist eine, aber auch die Stücke „Youtube Sartre“ oder „Good Time Charlie“ könnten gut als absurdes Theater durchgehen, wenn sie denn auf die entsprechende Bühne kämen. Musikalisch ist die Platte (erstmals mit John Congleton an den Reglern) noch abwechslungsreicher geraten als das Debüt, den krachigen Garage-Sound gibt es immer noch, häufiger jedoch wird auch mal mit lässig pulsierenden Tanzbeats („The Seduction Of Kansas“/“68 Screen“) gearbeitet, auch vertrackter, sperriger Post-Punk („I’m Clean“) oder Psychrock („Not Perceived“) kommen zur Aufführung. Allerbeste Unterhaltung also, die hier geboten wird, ganz so wie es sein soll in und um Kansas.
21.05. Köln, Bumann und Sohn
22.05. München, Import/Export
23.05. Zürich, Rote Fabrik
24.05. Heidelberg, Karlstorbahnhof
29.05. Berlin, Kantine Berghain
30.05. Hamburg, Hafenklang
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