Dienstag, 13. April 2021

Tom Jones: Same but different [Update]

Okay, zur unserer eigenen Entschuldigung sei gesagt, dass wir mit dem Namen Tom Jones eher das lustvolle "It'n Not Unsusual" aus den späten Sechzigern verbinden, wallendes Brusthaar, Goldkettchen, Schlafzimmerblick, solche Sachen. Und natürlich keinerlei Ahnung haben von den Unmengen an Alben und Hitsingles, die der Mann aus Wales - ursprünglich mal als Staubsaugervertreter gestartet - unter die Leute gebracht hat. Sei's drum, um so überraschender ist dann ein Song wie der "Talking Reality Television Blues", mit dem Jones dieser Tage aufkreuzt und sein neues Album "Surrounded By Time" ankündigt. Besonderheit Nummer eins: Es ist zum größten Teil ein Coveralbum, Jones singt hier die Songs ein, die er als wegweisend für seine gut fünfzigjährige Karriere sieht. Mit dabei also Bob Dylan, Bobby Cole, Cat Stevens, Michael Kiwanuka und eben auch Todd Snider. Dessen Original des Fernseh-Lamentos allerdings klang dann doch deutlich braver und kam mit hübschen Cartoon-Bildchen daher. Womit wir bei der nächsten, faustdicken Überraschung wären - denn Jones hat seine Version als knirschenden Elektroblues eingespielt und mit einer wild flackernden Drohkulisse aus mehreren Jahrzehnten TV-Geschichte versehen. Das erinnert eher an Jack White oder Gil Scott-Heron und läßt den Mann von mittlerweile 80 (!) Jahren in einem komplett anderen Licht erscheinen. Am 23. April wissen wir dann, wie der Rest der Platte klingt.

19.05.  Siegen, KulturPur Festival
21.05.  Berlin, Tempodrom
15.07.  Graz, Stadthalle
17.07.  Wien, Konzerthaus
29.07.  Köln, Roncalliplatz
13.08.  Kiel, Schleswig-Holstein Musik Festival

Update: Wir können es nicht verhehlen, der Mann überrascht uns weiter - hier kommt eine wunderbar soulige Version von "One More Cup Of Coffee" von Bob Dylan ... gefolgt von der ersten neuen Eigenkomposition "Pop Star".





Montag, 12. April 2021

Lambchop: Gute Musik und gutes Benehmen [Update]

Still sitzen - vielleicht, untätig sein - no way. Kurt Wagner ist wohl niemand, der es längere Zeit im Müßiggang aushält, auch wenn ihn die Umstände dazu ermuntern oder zwingen. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er mit seiner Band Lambchop die EP "Trip" mit sechs Coverversionen, eine Tour allerdings war nicht drin. Und weil auch in diesem Frühjahr daran noch nicht zu denken ist, kündigt der Rastlose ein neues Studioalbum an. "Showtunes", so der Titel, soll am 21. Mai bei Merge Records erscheinen und acht neue Stücke enthalten, deren Namen schon mal die Erwartungsfreude ankurbeln - wir lesen also "Papa Was A Rolling Stone Journalist", "Impossible Meatballs" und "A Chef's Kiss", letzteres gibt hier es vorab schon mal zu hören. Bei Musikportal Stereogum findet sich im Übrigen nicht nur eine Liste von Kollaborateuren (Ryan Olson/Gayngs und Poliça, James McNew von Yo La Tengo, Produzent Jeremy Ferguson und der Kölner DJ Twit One), sondern auch Wagners folgendes Statement zur Band als solche in dieser Zeit: "In hindsight, it made perfect sense. The original idea behind Lambchop was: Anyone could be part of Lambchop (so long as they behaved themselves). This revolving-door policy is how the band has grown and contracted through our many years. One of the things that holds Lambchop together, what binds us, is that we are friends with similar likes and an appreciation and respect for what each other does. It’s what has kept this band evolving through time. With this approach, the group has just gotten larger with its members free to come and go, to be a part of the music as the songs and their interest might allow. Just like in the beginning."

Update: Zum zweiten Vorabsong gibt es ein sehr spezielles Video, gedreht hat den Kurzfilm zu "Fuku" der Regisseur Doug Anderson. Wir sehen Stummfilmszenen, Laientheater, verwirrte Darsteller in komisch und befremdlich anmutenden Posen - dazu das experimentelle Stück von Wagner.




Sonntag, 11. April 2021

Outlander: Sonnenuntergang in Überlänge

Für diese Band fehlen dann doch die geeigneten Schubladen, was grundsätzlich ja mal kein Fehler ist. Outlander sind ein vierköpfiges Kollektiv aus dem britischen Birmingham, seit 2016 hat das Quartett neben diversen EP zwei Alben veröffentlicht, ihr Markenzeichen sind überlange, kraftvolle Songs zwischen Slowcore, Doom und Shoegazing-Rock. Für den 25. Juni nun ist via Church Road Records eine neue Single namens "Sundowning" angekündigt, deren A-Seite wir hier vorstellen wollen - die Flipside "Unconditional" folgt dann zu gegebener Zeit.

Melby: Ohne Pause

Neuigkeiten aus der bekanntesten Stockholmer Wohngemeinschaft: Das schwedische Quartett Melby ist mit der Single "Magic" zurück im Spiel, aus dem sie, nimmt man es genau, ja nie richtig raus waren. Erst im Januar dieses Jahres erschien der Song "Old Life", einen Monat später gefolgt von "Somewhere New". Die Häufigkeit, mit der die vier so bezaubernde Stücke aus dem Hut zaubern, lässt darauf hoffen, dass in Kürze mit einem weiteren Album nach "None Of This Makes Me Worry" (2019) zu rechnen ist.



The Early Mornings: Für und wider

Nun, wir können davon ausgehen, dass die Stadt Manchester den dreien keinen Blumenstrauß verehren wird, weil sie Werbung für einen Besuch ihrer Heimstadt gemacht hätten. Sieht man sich die Bilder an, die das Post-Punk-Trio The Early Mornings zu ihrer neuen Single "Blank Sky" zusammengeschnitten hat, bekommt man wenig Lust auf eine Sightseeing-Tour durch die Industriemetropole. Was natürlich auch nicht das vordringliche Anliegen von Danny Shannon, Annie Leader und Rhys Davies gewesen ist. Davon einmal abgesehen, dass Manchester, nehmen wir mal das urbane Kanalviertel, durchaus seine reizvollen Ecken hat. Die Musik der drei kann allerdings durchaus als Empfehlung gelten, denn der kantige Sound aus Sprechgesang und schroffen Gitarren klingt so cool wie die Stadt sicher gern wahrgenommen werden möchte. Der Song stammt übrigens von der EP "Unnecessary Creation", die im Sommer erscheinen soll, wir geben hier noch die Debütsingle "Artificial Flavour" und die Flipside "Just A Picture" dazu.





Freitag, 9. April 2021

Julien Baker: Paperworks [Update]

Das passt tatsächlich schön ins Bild: Gerade haben zwei Münchner Schülerinnen, um der Langeweile des Lockdowns zu entgehen und weil sie die Aktion berechtigterweise für eine ziemlich coole Idee hielten, ein komplettes Zimmer in Zeitungspapier eingewickelt - elf Tage, 61 Stunden hat die ganze Sache gedauert und glaubt man ihren Schilderungen, war es ganz gewiss keine einfache Aufgabe. Das kann allerdings nur der Anfang gewesen sein, denn hört man sich die Geschichte von Regisseur Joe Baughman an, dann haben die beiden Damen noch einiges an Herausforderungen vor sich. Der Mann nämlich hat für den animierten Videoclip zum neuen Song "Hardline" der Künstlerin Julien Baker ganze 600 Stunden an Feinarbeit gebraucht und sicher auch Unmengen von bedrucktem Papier dazu benötigt. Baughman ergänzt: "It was a fun and ambitious challenge creating something that could accompany such a compelling song. The style of the set design, inspired by a sculpture that Julien created, was especially fun to work in. I loved sifting through magazines, maps, and newspapers from the ’60s and ’70s and finding the right colors, shapes, and quotes to cover almost every surface in the video." Das Stück selbst findet sich (wie übrigens auch "Faith Healer") auf Bakers nächstem Album "Little Oblivions", das Ende Februar bei Matador erscheinen soll.

Update: Noch ein gutes Jahr hin bis zur Tour, dennoch schon mal die Termine für die Agenda.

17.04.2022  Hamburg, Fabrik
28.04.2022  Berlin, Festsaal Kreuzberg
30.04.2022  Wien, Arena
01.05.2022  Salzburg, Rockhouse
06.05.2022  Zürich, Bogen F
07.05.2022  Schorndorf, Manufaktur
08.05.2022  München, Technikum
10.05.2022  Köln, Kulturkirche






Paul Weller: Pop mit Nachdruck [Update]

Und wo wir gerade von der zunehmenden Lust an der Elektrifizierung gesprochen haben - die scheint allem Anschein nach auch Mod-Legende Paul Weller erwischt zu haben. Nachdem im vergangenen Jahr aus bekannten Gründen die Promotour für sein Album "On Sunset" abgesagt werden musste, fand der Mann laut Rolling Stone genügend Zeit, das heimische Archivmaterial neueren Datums zu studieren und das gab offensichtlich den Ausschlag, dem oft beargwöhnten Pop noch etwas mehr Platz einzuräumen. Und so soll die nächste Platte denn "Fat Pop (Volume I)" heißen (weil später auch noch ein weiterer Teil folgen soll), Vorabsingle Nummer eins "Cosmic Fringes" pluckert und pocht dann auch erstaunlich gelöst aus den Boxen. Zu Gast auf dem Album sind, wie wir lesen, Andy Fairweather Low, Lia Metcalfe von The Mysterines, Hannah Peel und sogar die eigene Tochter Leah, die wohl für den Song "Shades Of Blue" Zuarbeit leistete. 

Update: Und hier ist dann der Song, bei dem der Nachwuchs half - "Shades Of Blue".



Leoniden: Zurück im Namen der Liebe [Update]

Damit kann man getrost ins Wochenende geschickt werden: Die Leoniden aus Kiel melden sich heute mit einem neuen Track aus der Musikpause zurück und das ganz im Zeichen der Liebe. "L.O.V.E." nämlich heißt der Song, den sie zusammen mit Produzent Markus Ganter aufgenommen haben. Die visuelle Umsetzung der lockeren Tanznummer übernahm ein Design-Kollektiv namens No Talent und weil wiederum für die bewegungstechnische Umsetzung reichlich Publikum geladen werden muss, hängen wir gleich auch noch die geplanten Konzerttermine der Band hintendran - im März sollte das ja wieder möglich sein.

06.09.  Hamburg, Große Freiheit 36
07.09.  Hamburg, Große Freiheit 36
10.09.  Wiesbaden Schlachthof
11.09.  Stuttgart, Im Wizemann
12.09.  Köln, E-Werk
14.09.  Wien, Arena
16.09.  Salzburg, Rockhouse
17.09.  Winterthur, Salzhaus

18.09.  Bern, Dachstock
20.09.  Leipzig, Täubchenthal
21.09.  München, Muffathalle
22.09.  Berlin, Astra
23.09.  Osnabrück, Hyde Park
24.09.  Bremen, Schlachthof

Update: Das Begräbnis also, an dem keiner Schuld, wo niemand dabei sein will - die neue Single der Leoniden heißt "Funeral". Und die findet sich auf dem jetzt benannten Doppelalbum "Complex Happenings Reduced To A Simple Design", das am 20. August 2021 erscheinen wird. Und die Tourtermine sind auch auf dem neusten Stand ... Nachgereicht und neu angemeldet - die Singles "Disappointing Life" und ganz neu "Blue Hour".








Slut: Runderneuert [Update]

Na ja, Humor haben sie ja. Bei Facebook hatten Slut 2019 ein Foto gepostet, an das der Hashtag #gibtsdienoch geheftet war. Klar, das wissen die vier Herren aus Ingolstadt schon selbst, dass sie sehr lang nichts mehr von sich hatten hören lassen. Ganze sieben Jahre ist die Veröffentlichung ihres letzten Studioalbums "Alienation" her, da gerät schon mal in Vergessenheit, dass Slut hierzulande zu den stilbildenden Gitarrenbands der 90er gehörten und mit "Easy To Love" und "Time Is Not A Remedy" ganz vorzügliche Singles am Start hatten. Geschichte, schöne. Danach kamen dann Pelzig und Gender Bombs, Bühnenwerke, Schallnovellen und ähnliche Dinge, aber ein Album war nicht dabei. Das soll nun 2020, so verspricht die Band, definitiv anstehen, eine erste Vorabsingle ist mit dem heutigen Tag auch schon draußen und hört man in "For The Soul There Is No Hospital" rein, glaubt man den vollmundigen Versprechungen der Promoagentur, Slut hätten sich grundlegend gewandelt. Erster Eindruck: Elektronisch, hochmelodisch, ein Hit. Wir warten mit Spannung, was da wohl noch kommen wird, Plattenfakten und Tourdaten jedenfalls sind baldmöglichst versprochen.

Update: Das Video zur ersten Single "For The Soul There Is No Hospital" stammt von Ludwig Noack, die Illustrationen von Bandmitglied und Grafiker René Arbeithuber ... und die gerade digital erschienenen Remixe der Single von Acid Pauli und Console, was dann genaugenommen in Person von Martin Gretschmann ein und dieselbe Quelle ist. In physischer Form erscheinen die Stücke übrigens am Record Store Day ... Und nun haben wir auch die restlichen Fakten auf dem Tisch: Am 18. Juni soll das Album mit zehn Stücken und dem Titel "Talks Of Paradise" bei Lookbook erscheinen (Artwork unten), begleitet wird diese Nachricht von der nächsten Single "Belly Call", das Video stammt von Anton Kaun.









Donnerstag, 8. April 2021

Alan Vega: Nachlassverwaltung [Update]

Musik zu entdecken, die wirklich neu, wirklich originell ist, wird im Laufe der Jahre immer schwieriger  - alles war im Grunde schon mal da, kommt einem vor wie die Kopie der Kopie der Kopie, wiederholt sich. Das war schon vor fünfzig Jahren so, auch wenn es damals sehr wohl noch Sounds und Ideen gab, die herausragten, tatsächlich überraschten, Türen aufstießen. Und zweifellos gehörten Alan Vega und Martin Rev mit der No-Wave-Formation Suicide zu diesen seltenen Beispielen, sie waren das, was man heute einen Gamechanger nennt. Vega ist 2016 gestorben, sein Nachlaß soll riesig sein und blieb bislang der Allgemeinheit verschlossen - es könnte allerdings sein, dass sich das gerade ändert. Denn das Label Sacred Bones hat heute die Veröffentlichung eines Albums mit dem Titel "Mutator" angekündigt, dass zu großen Teilen aus den originären Masterbändern der Mitte der 90er aus Vegas Archivs stammt und nun von Liz Lamere, seiner Ex-Frau, und seinem engen Freund Jared Artaud (The Vacant Lots) zur finalen Produktion bearbeitet worden ist. Das darf man ruhig eine kleine Sensation nennen, sich sich vielleicht im Zuge der zukünftig noch anstehenden Releases etwas relativieren könnte. Acht Stücke wird die Platte, geplant für den 23. April, enthalten, und mit "Nike Soldier" gibt es schon mal den passend unterkühlten Vorgeschmack dazu - das Video unter Regie von Jaqueline Castel zeigt im Übrigen Kris Esfandiari (Dalmatian, King Woman, Sugar High, NGHTCRWLR).

Update: Und hier kommen mit "Fist" und "Filthy" zwei weitere Songs vom geheimnisvollen Album. 




St. Vincent: Hinter den Fassaden [Update]

Natürlich geht auch hier der Tag nicht zu Ende ohne die Meldung vom neuen Album von St. Vincent. Dass eines kommen würde, waberte schon wochenlang als Gerücht durch die Gänge, heute nun gab es endlich belastbares Datenmaterial dazu und das hört sich folgendermaßen an: "Daddy's Home", so der Titel des Nachfolgers von "MASSEDUCTION" (2017) wird am 14. Mai bei Loma Vista erscheinen und elf Stücke enthalten. Die erste Auskopplung "Pay Your Way In Pain" ist ein ziemlich extrovertierter Stomp im Stile der 70er, das Video dazu schlägt in die gleiche Kerbe. Dieser Sound wird das ganze Album bestimmen, so Annie Clark, inhaltlich soll die Platte als eine Art Geschichtensammlung funktionieren: "Daddy’s Home collects stories of being down and out in downtown NYC, last night’s heels on the morning train. Glamour that’s been up for three days straight." Gehen wir mal davon aus, dass sich hinter diesen Stadtansichten ein paar Abgründe, ein paar Reizthemen verbergen, es wäre ja sonst nicht St. Vincent.

Update: Die zweite Auskopplung aus dem Album heißt "The Melting Of The Sun" und kommt mit einem bunten Cartoon-Clip mit Animationen von Chris McD.






Darkside: Eingeläutet [Update]

Noch nichts mit Winterschlaf in diesem Jahr, es gibt noch ein paar Neuigkeiten. Und diese hier ist keine kleine. Denn Nicolás Jaar und Dave Harrington, gemeinsam für elektronische Arbeitsgemeinschaft Darkside in New York am Schrauben, haben - endlich, möchte man sagen - einen Nachfolger für ihr phänomenales Debütalbum "Psychic" aus dem Jahr 2013 angekündigt. "Spiral", so der Titel, soll am 23. Juli bei Matador Records erscheinen und mit "Liberty Bell" gibt es auch schon eine erste Single davon zu hören. So weit, so kurz, so gut.

Update: Mit "The Limit" haben wir nun einen weiteren Track des Folgealbums zum Vorhören, das Cover-Artwork gibt's obendrein zu sehen.





Mittwoch, 7. April 2021

Godspeed You! Black Emperor: Verwirrspiel [Update]

Wenn man keinen Algorithmus hat, der einem die Nachrichten nach dem Mund sortiert - hier die wichtigen, dort die nichtigen - dann muss man sich wohl selbst mühen. Hier also mal eine der wichtigen, guten, erfreulichen: Die kanadische Post-Rock-Formation Godspeed You! Black Emperor wird nach 2017 via Constellation Records wieder ein Album veröffentlichen. Der Titel lautet "G_d’s Pee AT STATE’S END!", produziert hat, so liest man bei Pitchfork, James Lasek, Release-Tag ist der 2. April. Durchaus Bandtypisches gibt es zu den Eckdaten der Platte zu erfahren - ganze vier Stücke wird sie enthalten, zwei davon mit einer Spiellänge von mehr als zwanzig Minuten, sie heißen wie folgt:

01 A Military Alphabet (five eyes all blind) (4521.0kHz 6730.0kHz 4109.09kHz) / Job’s Lament / First of the Last Glaciers / where we break how we shine (ROCKETS FOR MARY)
02 Fire at Static Valley
03 “GOVERNMENT CAME” (9980.0kHz 3617.1kHz 4521.0 kHz) / Cliffs Gaze / cliffs’ gaze at empty waters’ rise / ASHES TO SEA or NEARER TO THEE
04 OUR SIDE HAS TO WIN (for D.H.)

Wem das zu kryptisch, zu verwirrend ist, der sollte jetzt nicht weiterlesen, denn auch der Handzettel zum Erscheinen des siebten Albums bietet sehr eigenwillige Passagen, dort heißt es u.a.:

"... This record is about all of us waiting for the end. 
all current forms of governance are failed.
this record is about all of us waiting for the beginning, 
and is informed by the following demands=
empty the prisons
take power from the police and give it to the neighbourhoods that they terrorise.
end the forever wars and all other forms of imperialism.
tax the rich until they're impoverished ..."

Sagen wir also nicht, wir hätten es nicht gewußt. Coverart und Teaser anbei, Singleauskopplungen sind laut Band nicht zu erwarten, Livekonzerte aber hoffentlich schon.

Update: Und voilá, drei Termine sind für '22 auf der Liste.

31.01.  Karlsruhe, Substage
01.02.  Köln, Kantine
02.02.  Berlin, Festsaal Kreuzberg

Freitag, 2. April 2021

Schmyt: Reise Richtung Abgrund

Schmyt
„Gift“

(Division Entertainment)

Auf die Schnelle ist uns kein un/passenderes Bild eingefallen, aber säßen wir auf dem drehbaren Plastikungetüm während der sogenannten blind auditions in einer dieser doofen Casting-Shows, mit dem Rücken zum vortragenden Künstler also – es würde keine drei Augenblicke dauern, bis wir mit voller Wucht auf den Buzzer hauten. Einmal ganz davon abgesehen, dass Julian Schmit aka. Schmyt in seinem Leben dort hoffentlich nicht mehr stehen wird, wäre es doch eine komische Sache. Denn eigentlich wollen wir doch, das liegt wohl in unserer Natur, niemandem zuhören, der uns geschlagene zwanzig Minuten lang erklärt, wie abgrundtief trostlos und deprimierend sein Dasein ist. Eigentlich, wie gesagt. Dieser Schmyt aber tut genau das auf eine Art, die beim Zuhören etwas zum Schwingen bringt, ein Mitgefühl, ein Wiedererkennen, das Weghören unmöglich macht. Wer Selbstmitleid so gekonnt buchstabiert wie er, der hat die Leute schnell auf seiner Seite. 

Ob bei Opener „Gift“ gemeinsam mit RIN, wo er davon singt, dass Liebeskummer nur dann zu ertragen sein, wenn er voll sei wie die See. Oder bei Zwiegespräch mit dem „Taximann“, den er schnurstracks in Richtung Hölle schickt, auch wenn er nicht weiß, was ihn die Fahrt kosten wird. „Jenny“ hat weiche Lippen, aber ein hartes Herz und bei „Poseidon“ kann sich Schmyt nichts Besseres vorstellen, als im blaugrünen Licht ihrer Augen zu ertrinken – sie dafür „geht unter als ginge sie heim“. Apropos Poseidon – nicht der einzige Song mit literarischem Bezug. Denn auch das schönste Stück auf der EP nimmt Bezug auf die Odyssee von Homer, wo der Held sich dem Zyklopen als „Niemand“ vorstellt und so mit List der Rache der zu Hilfe eilenden Ungeheuer entgeht. Bei Schmyt steht der Name allerdings als trauriges Bild seiner Selbstwahrnehmung, mit Hilfe rechnet, einmal ganz unten angekommen, wohl auch er nicht. Es geht also Richtung Abgrund und wir bereitwillig mit. Hoffentlich macht er was draus …



Gewalt: Strange Combinations

Es kommt (aus gutem Grund) selten vor, dass wir auf einen öffentlich rechtlichen Sender verweisen, heute am Karfreitag soll es aber doch passieren: In der Mediathek des ZDF nämlich stehen seit geraumer Zeit unter den Hashtags StayLive und CovidBeat eine Reihe von Filmen, aufgenommen mit besonderen Menschen in besonderen Kombinationen an besonderen Orten. Neben Inga Humpe meets Sofia Portanet, Finna vs. Peaches und Deine Lakaien plus HOPE finden sich dort seit gestern auch Max Gruber alias Drangsal im Gespräch mit den unvergleichlichen Gewalt, die dazu im Leipziger UT Connewitz auch einige Songs live aufführen. Wir hören also "Deutsch", "Szenen einer Ehe", "Nichts in mir ist einer Liebe wert", das fabelhafte "Tier" gemeinsam mit Gruber selbst, aber eben auch zwei neue Songs. "Unterwerfung" und "Es funktioniert" sind knüppelharte Industrial-Bretter, eingespielt haben Patrick Wagner, Helen Henfling und Jasmin Rilke die Stücke unter anderem auch in den Studios von Clouds Hill, das wiederum hat wohl so viel Energie freigesetzt, dass bald mit weiterem Material als Nachfolge für letzten Tracks "What Can I Do", "Puppe" und "Snooze" zu rechnen ist.

Hier der Link zur Sendung: Gewalt und Drangsal





Donnerstag, 1. April 2021

Dinosaur Jr: Bis zur Offenbarung [Update]

Kaum zu glauben, wie lange es diesmal vom Gerücht zur belastbaren Nachricht gebraucht hat. Obwohl, ein richtiges Gerücht war es ja genaugenommen gar nicht, denn hatte nicht Bassist Lou Barlow selbst im Dezember 2019 davon geschrieben, dass er, sobald der Schneefall beendet sei, bei Kumpel J [Mascis] vorbeischauen und die Sache - wir vermuten: das neue, zwölfte Album - zu einem Ende bringen würde? Nun, keine Ahnung, wo Herr Barlow seinen dauerhaften Wohnsitz aufgeschlagen hat, aber es muss ein fürchterlich kalter, ungastlicher Ort sein, wenn dort der Schnee erst jetzt und nach so langer Zeit das Fallen einstellt. Und mittels dieser Gnade uns zu der Hoffnung verhilft, es könnte tatsächlich etwas werden mit dem 23. April und der Veröffentlichung von "Sweep It Into Space" bei Jagjaguwar. Wer jetzt behauptet, man könne sich ja die Wartezeit getrost mit den anderen Platten der Grungetruppe vertreiben, sie würden ohnehin alle gleich klingen, hat so überhaupt keine Ahnung vom Charakter der Offenbarung, die Alben von Dinosaur Jr ein ums andere Mal genießen. Es wird demnach dringlich, das letzte Studiowerk liegt mit "Give A Glimpse Of What Yer Not" stammt immerhin schon aus dem Jahr 2016 (!). Hier schon mal die erste Auskopplung "I Ran Away", bei der, wie wir lesen, auch Kurt Vile als Produzent und Gastgitarrist zugegen war.

Update: Schon klar - drei Mann im Schnee, zwinker, zwinker. Aber so sieht es tatsächlich aus, das neue Video zur Vorabsingle "Garden".





Ganser: Komplette Demontage

Eigentlich hatten wir ja gedacht, dass wir den Superlativ für den letzten Remix der 12" von Ganser "Look At The Sun" getrost würden auspacken können, schließlich waren für "Told You So" die Herren von Algiers am Werk - was sollte danach schon noch kommen?! Nun, das Projekt entwickelt sich gegen Ende zu einer erstaunlichen Wundertüte mit erheblichem Steigerungspotential, denn gerade hat die Band aus Chicago partner in crime Nummer vier bekanntgegeben und dies ist nun also Adam Faulkner von der Girl Band aus Dublin. Was wir bei "Self Service" zu hören bekommen, ist ein Noisegewitter sondergleichen, der Song wurde nochmals komplett auseinander- und wieder zusammengebaut. Für alle, die nach dem Anhören noch mehr auf den Geschmack gekommen sind, gibt es zwar leider noch keine Livetermine von Ganser, wohl aber welche der Girl Band - sie werden 2022 nämlich die Idles auf ihrer Europatournee begleiten. Besser geht's also kaum.



Mittwoch, 31. März 2021

For Those I Love: Schmerztherapie

For Those I Love
„For Those I Love“

(September Recordings)

Die meisten von uns neigen mit zunehmendem Alter dazu, die Zeit ihrer Jugend zu verklären und unangenehme Dinge möglichst auszublenden. Natürliche Sache, das. Macht das Leben leichter. David Balfe wird das nicht gelingen. Nicht nur, weil er im Dubliner Vorort Coolock aufgewachsen ist, einem ziemlich rauen Pflaster, einer harten Schule. Einem Viertel also, in welchem man die Versäumnisse von Politik, die Verwerfungen der Gesellschaft deutlicher als anderswo zu spüren bekommt. Zum anderen, weil sich vor drei Jahren sein engster Freund Paul Curran ebendort das Leben genommen hat. Balfe und Curran waren best buddies, sie spielten zusammen in diversen Punkbands, hingen rum, machten Unsinn, es ließ sich so halbwegs ertragen, das Leben der Vorstadt. Der Schock, als dies mit einem Mal zu Ende war, hat Balfe kurzfristig in die Isolation getrieben, hat ihn nachdenken und hadern lassen. Er ist damit noch lange nicht durch, aber er hat sich entschlossen, seine Musik als Möglichkeit zu begreifen, mit dem Unfassbaren fertig zu werden, es halbwegs zu verarbeiten. Und so ist das Debütalbum des jungen Mannes eine Liebeserklärung an den verlorenen Freund und an die eigene Jugend geworden, ohne diese glorifizieren oder schönreden zu wollen.



Schön daran war nur die Gemeinschaft und genau deshalb heißt diese Platte „For Those I Love“, eine Zeile, die die Zuhörer über alle Songs begleitet wie eine trotzige Erinnerung daran, wofür es sich zu leben lohnt. Balfe schildert in den neun Tracks die schwierigen Verhältnisse, in denen jener Freundeskreis zusammenwuchs, er erzählt von ersten Gewalterfahrungen, die einen Geburtstag zum Albtraum werden ließen („Birthday/The Pain“), von einer Gesellschaft, die Schwäche und Verletzlichkeit nicht verzeiht und besser ausblenden will („Top Scheme“), von Schlaflosigkeit, Armut, aber auch Trost und Zusammengehörigkeit. Die Lyrics pendeln zwischen Anklage und Hoffnung: „We don't know what it is to sleep, when each night your eyes bleed, cause there's not a lot of steps between peace and utter misery, when you're 17 and all you have is love and dreams“ heißt es beispielsweise in „To Have You“, später bei „The Shape Of You“ dann: „Patient and free will heal the pain that's left in me, and that's the truth, the fear in my bones is the only growth I know - we had our youth.“



Sein Vater war es, der ihm den Punk-Poeten John Cooper Clarke nahebrachte, er selbst benennt in Mike Skinner alias The Streets sein erstes und wohl größtes Vorbild und natürlich hört man dessen Sound und Stil, den schwer verständlichen Dialekt, die stolpernden Beats, auf dem Album wie eine Blaupause wieder. Aber eben auch die schönen Synthpop-Melodien der Pet Shop Boys, die klugen Basteleffekte von Jamie XX und die Düsternis des Dubsteppers Burial. Sehr ernsthaft das alles, sehr traurig, aber auch sehr schön – wie Balfe in allen Tracks Gesprächsfetzen aus WhatsApp-Chats seiner Freunde, auch von Curran selbst, einspielt, wie er alle großen Themen stets auf die persönlichen Erfahrungen herunterbricht. „You Live/No One Like You“ ist eine wunderbare Aufzählung der Dinge, die immer schon geholfen haben – die Pogues, Joy Division, der Fußballklub, aber eben auch Wes, Ross, Gilly, Rob und Sam. In jedem und jeder von ihnen lebt das Andenken an den schmerzlich Vermissten weiter, im Hintergrund wummern die Technobeats. Ganz zum Schluß doch noch mal die verzweifelte Frage: „What happened to my best mate? I have a love - and it's full of pain“, Balfe wird noch länger brauchen, wenn er denn überhaupt jemals eine Antwort bekommt …

CLAMM: Keine Zweifel [Update]

Wenn eine Band mit einem sehr überschaubaren Werksverzeichnis für mächtig viel Rummel sorgt, dann kann das natürlich viele Gründe haben. Möglichkeit 1 - es ist Jahresbeginn, noch nicht viel los, da stürzt sich die gesamte Musikpresse gierig auf jedes Riff und jeden Akkord, derer sie habhaft werden kann. Möglichkeit 2 - sie sind wirklich gut und der ganze Rummel trifft die richtigen. Weil wir hier deutlich zum zweiten Grund tendieren, können wir also CLAMM aus dem australischen Melbourne nicht unerwähnt lassen. Das Trio hat in aktueller Besetzung mit Maisie Everett (Bass), Miles Harding (Drums und Backing Vocals) und Jack Summers (Gitarre, Gesang) gerade die Veröffentlichung seines Debütalbums "Beseech Me" für den 9. April via Meat Machine angekündigt, angefangen haben sie - damals noch mit Bassist Luke Scott - im Jahr 2019 mit der Single "Dog". Der Song wird sich übrigens genauso auf der Platte befinden wie die erste Auskopplung "Keystone Pols", die wir hier mit dem dazugehörigen Video präsentieren. Ansonsten darf davon ausgegangen werden, dass der klanggewaltige, kantige Post-Punk ziemlich schnell ein ansehnliches Publikum finden wird.

Update: Und hier kommen Titelsong und ein weiterer Track vom neuen Album - sein Name ist "Liar". Aber das ist sicher nur die halbe Wahrheit.









Italia 90: Stellung beziehen [Update]

Und wieder ist es an der Zeit, unsere Freunde von Italia 90 zur Sprache kommen zu lassen. Das Quartett aus London hatte im Winter 2019 mit der 12" "III" den erstklassigen Output an EP ergänzt, nun schicken sie sich an, ein weiteres Doppel folgen zu lassen. Die erste Seite "Borderline" thematisiert die Gefahren und Irrtümer des sogenannten "Dritten Weges", einer extremistischen Bewegung, die in Großbritannien wie auch in anderen Ländern mit seiner nationalistischen Ideologie gerade unter Jugendlichen viele Anhänger gefunden hat. Die Band dazu: "Borderline takes aim at the failed third-way ideology that led to our present political moment. 'the thing you created / is the thing you have hated’ takes to task the hegemonic establishment for its complicity in the very brutality it claims to speak against." Die Flipside "Declare" folgt in den nächsten Wochen, der offizielle Release Day ist der 16. April via Brace Yourself Records.

Update: Endlich sieht man sie mal bei der Arbeit - live wäre natürlich noch schöner - hier kommt das Video zu "Borderline".