Sonntag, 8. Dezember 2019

RIN: Raus aus der Umlaufbahn

RIN
„Nimmerland“
(Division/SONY)

Gleich zu Beginn die schlechte Nachricht: Die Platte ist gut, richtig gut sogar. Warum das eine schlechte Nachricht ist? Nun, weil der, der sie schreibt, jenseits der vierzig unterwegs ist. Und weil in der Musik, besonders im Hip-Hop, die härteste Währung noch immer die Akzeptanz bei der Zielgruppe ist. Von den Falschen gelobt kann demnach fast genauso blöd sein, wie von den Richtigen gedisst zu werden, meint: Ein Ankommer bei den Ü40ern ist nicht unbedingt das Erstrebenswerteste, was man sich als angehender Superstar so vorstellt. Aber keine Angst, die Alten finden schon noch was zum Mäkeln und Motzen. Vielleicht wieder mal der Standardvorwurf an Renato Simunovic aka. RIN, dass sein lyrisches Profil, ganz im Gegensatz zum musikalischen, doch ein paar mehr Dimensionen brauchen könnte als Baby, Bitch, Money, Monet und Mona Lisa. Auch in seinem Leben sollte es doch noch ein wenig mehr geben als dunkle Straßen, ferne Träume und einsame Zimmer, cruisen, chillen, lieben und leiden. Ecken, Kanten, Meinung, Haltung – all das, was andere Kollegen manchmal etwas arg demonstrativ vor sich hertragen, vermisst man hier ein wenig.



Warum es trotzdem ein gelungenes Album ist? Nun, es hat das, was man auch bei älteren Generationen als Flow bezeichnet. Es fließt also. Feine Beats, ein sachtes Beben, Federn und Schwingen hier, angemessen wuchtiges Wummern an anderer Stelle. Tracks wie „Fabergé“, „Hollywood“ oder auch „Nirvana“ funktionieren prächtig, bei „Keine Liebe feat. Bausa“ darf der oder die Alte mal den Jungen erklären, dass der Chorus aus Zeiten stammt, wo noch alles Echt war. Und natürlich ist der Remix von „Vintage“ mit dem mittlerweile ebenso greisen Sido noch besser als das Original. Der dicksten Punkt aber macht RIN mit dem Titelsong und seiner Kollabo mit Bilderbuch. Zweigeteilt, erst düster und melancholisch, dann – Einsatz Maurice Ernst – ein abgebremster Ösifunk der besseren Sorte, wunderbar. Im Vergleich zum Debüt „Eros“ ist der Sound jetzt vielleicht etwas klarer, zupackender, möglicherweise aber auch vorhersehbarer geworden. Spannend wäre es, wenn RIN für die Reime mal seinen eigenen Kosmos verlassen würde, raus aus der Umlaufbahn, die nur um ihn selbst kreist. Dann könnte daraus wirklich etwas ganz Großes werden. Dann bräuchte es vielleicht gar keinen Geppetto. Sagt jedenfalls der alte Mann …

13.12.  Stuttgart, Schleyerhalle
31.01.  Köln, Palladium
01.02.  Köln, Palladium
05.02.  Frankfurt, Jahrhunderthalle
06.02.  Berlin, UFO im Velodrom
07.02.  München, Zenith
08.02.  Leipzig, Haus Auensee
09.02.  Wien, Gasometer
12.02.  Nürnberg, Arena Nürnberger Versicherung
13.02.  Hannover, Swiss Life Hall
14.02.  Hamburg, Sporthalle
19.02.  Saarbrücken, E-Werk
20.02.  Münster, MCC
21.02.  Dortmund, Warsteiner Music Hall
22.02.  Zürich, Samsung Hall



1 Kommentar:

Yannick hat gesagt…

Schön geschriebene und interessant aufgezogene Review. Bin über Amazon auf diesen Blog gestoßen. Gute Arbeit.