Dienstag, 19. September 2017

Sløtface: Diskrete Gehirnwäsche

Sløtface
„Try Not To Freak Out“

(Propeller Recordings)

Ganz so neu ist die Taktik nicht, aber so sympathisch hat sie bislang noch kaum jemand umschrieben: Das norwegische Quartett Sløtface hat es sich seit seiner Gründung im Jahr 2012 zur Aufgabe gemacht, politische Standpunkte nicht etwa mittels kruder Punkattitüde zu transportieren, sondern diese der größeren Wirkung wegen besser in feine Melodien zu verpacken: „We think pop music is a great tool to sneak really important messages into catchy melodies. It's a very discreet kind of brainwashing“, sagten sie kürzlich dem Portal altpress.com und liegen damit wahrscheinlich auf den Punkt richtig. Denn nicht nur die hierzulande anstehende Wahl zeigt, daß kaum etwas so unglaublich langweilen kann wie agitatorische Bekehrungsversuche nach herkömmlichem Muster, selbst Politiker-Interviews mittels zielgruppenaffiner Youtube-Stars wirken eher einschläfernd, der Informationsgehalt sinkt hierbei in gleichem Maße wie die Fremdscham nach oben schnellt. Sløtface gehören nun aber mal tatsächlich zu einem Teil der jungen Generation, der einerseits über gesamtgesellschaftliche Lebensumstände nachzudenken bereit ist und darüberhinaus versucht, seinen Mitmenschen die beharrliche Auflehnung gegen die Zerstörung der Umwelt und für die unbedingte Gleichbehandlung von Männern und Frauen nahezubringen.



Und zwar mit ihren Mitteln. Wobei sich vor allem Haley Sheas Gesang als Wucherpfund erweist, gelingt es ihr doch, je nach Anforderung angemessen wütend oder verführerisch zart aufzutreten – der krachige Indierock mit Mut zur anschmiegsamen Hookline tut ein Übriges. Gleich beim Einstieg „Magazine“ läßt Shea keine Zweifel daran aufkommen, daß sie das Körper-Diktat einschlägiger Modezeitschriften für unsinnig und geradezu gefährlich hält, später tagträumt sie sich an die Seite von „Nancy Drew“, der berühmten Detektivin und Superheldin aus den Büchern der Dreißiger. Ein ganze Reihe feiner Songs also, bei „Pitted“ haben die Skandinavier für gute Ohren sogar ein paar Trompeten versteckt, „Slumber“ kommt als zweistimmiger Einschmeichler daher – mit einem Anlauf von vier EP also ein überaus gelungener Erstling. Zum Eintrag als kulturelle Berühmtheit auf der Wikiseite ihrer Heimatstadt Stavanger haben es Sløtface übrigens noch nicht geschafft, da müssen immer noch Dom und Konservenfabrik herhalten. Wenn es mit der Band allerdings so furios weitergeht, wird da sicher bald eine Aktualisierung fällig sein.

19.09.  Köln, MTC
22.09.  Hamburg, Reeperbahn Festival
24.09.  Wiesbaden, Schlachthof
26.09.  München, Strom

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