Montag, 29. Februar 2016

The Big Pink: Vervollständigung

Das Erscheinen der neuen EP "Empire Underground" von The Big Pink haben wir hier vor einiger Zeit schon vermeldet, dazu gab's das neue Video zur ersten Single "Hightimes" zu teilen. Nun also Track Nummer zwei  "Decoy" vom Kurzformat und der Vollständigkeit auch noch "Beautiful Criminal", schon ein paar Tage älter.

Rufus Wainwright: Historischer Spaß

Da freut sich aber mal einer richtig: "For me, recording this album has been a marriage made in heaven, as it combines my love of classical music with my love of pop music. It’s literally historically fun. And made all the better by working again with Marius [de Vries, Red.]." Gesagt hat das Rufus Wainwright, gemeint hat er sein neues Album "Take All My Loves", das aus Anlass des 400. Todestages von William Shakespeare am 22. April erscheinen soll und neun vertonte Sonette des Dramatikers enthalten wird. Wainwright hat ja diese Neubearbeitungen gern im Programm, 2009 hat er bekanntlich mit Robert Wilson schon am Berliner Ensemble zusammengearbeitet. Für die neue Platte sind Duette u.a. mit Florence Welch, Martha Wainwright, Anna Prohaska und William Shatner (!) angekündigt.

Sonntag, 28. Februar 2016

Bryde: Gute Gründe

Manchmal lohnt er wirklich, der rote Knopf auf der Fernbedienung des heimischen Fernsehers. Wer nämlich mit diesem aus- und hier für knappe acht Minuten einschaltet, trifft eine alte Bekannte und hört zwei wunderbare Songs, die das Wiedersehen zu einem sehr angenehmen machen. Sarah Howells war vor einiger Zeit noch zusammen mit Richard Llewellyn als Paper Aeroplanes unterwegs, nun hat die junge Dame aus Brixton ein Soloprojekt unter dem Namen Bryde gestartet und ein paare feine Stücke fertig für die erste Präsentation - hier schon mal "Wait" und das aktuelle "Help Yourself", an anderer Stelle das etwas ältere "Tender". Wer da an Sharon van Etten oder auch Torres denkt, liegt sicher nicht so falsch.

Vita Bergen: Beachtliche Spannbreite

Vita Bergen
„Disconnection“

(Glitterhouse)

Die Arbeit zu zweit hat nicht nur im gesamten Musikbusiness, sondern speziell auch in Schweden eine längere Tradition. Ob leise oder laut, es tummeln sich hoch im Norden eine ganze Reihe überaus erfolgreicher Pärchen, die sich im restlichen Europa schon beachtliche Namen gemacht haben: Johnossi, Pale Honey, First Aid Kit, JJ, Icona Pop – und nun stehen also Vita Bergen kurz davor, einen ähnlichen Grad an Popularität zu erreichen. Nach dem Erfolg ihrer EP „Curtains“ aus dem Jahr 2014 könnten William Hellström und Robert Jallinder mit ihrem Debütalbum und dessen bemerkenswert vielfältiger Mischung aus Psychrock, elektrischem Indiepop und zart gezupftem Neofolk der Underground-Nische schneller entwachsen als ihnen vielleicht lieb ist. Die beiden Freunde, live und im Studio im Übrigen von einer ganzen Reihe zusätzlicher Musiker unterstützt, wechseln gekonnt zwischen krachiger Rockness („In The City“/“Replace“) und fein verflochtenen, ätherisch schwebenden Tönen („Curtains“/„Disconnection“, beide von der besagten EP) – die beiden Herren, denen gern ein ordentliches Quantum Exzentrik nachgesagt wird, spannen ihren Sound von Arcade Fire, Placebo, Pink Floyd bis hin zu British Sea Power. Gemeinhin wird einem diese Schwankungsbreite schnell als Unentschlossenheit ausgelegt, hier ist es wohl eher die pure Lust am Ausprobieren. Übel wird ihnen das keiner nehmen, denn jeder der Ausflüge gelingt dem Duo bestechend gut und so bleibt am Ende als einzig nennenswertes Manko, dass die Platte mit nur acht Songs und knapp dreißig Minuten etwas zu kurz geraten ist. Sie sollten es als Kompliment verstehen … http://www.vitabergen.se/

29.04.  Zürich, Mascotte
13.05.  Beverungen, Orange Blossom Special Festival
27.05.  Augsburg, Modular Festival
28.05.  Neustrelitz, Immergut Festival

Samstag, 27. Februar 2016

Avec Sans: Fröhlicher Herzschmerz

Man hat auch schon mal von traurigeren Trennungen gehört, dass jemand den Kummer gleich in die Arme nimmt, ist dagegen eher selten: Das Londoner Electro-Duo Avec Sans, bestehend aus Sängerin Alice Fox und Jack St. James, hat gerade sein Debütalbum angekündigt und mit "Heartbreak Hi" der Meldung gleich die erste Single hinterhergeschickt - der lockere Synthpop, durchaus verwandt mit dem der Chvrches, geht tatsächlich zu Herzen, er läßt es auf angenehme Weise höher schlagen.

Freitag, 26. Februar 2016

The Limiñanas: Mehr Bass

Gerade wo doch heute die neue von Stereo Total erscheint, passt diese Meldung ganz wunderbar in den Kram: Das französische Duo The Limiñanas hat ebenfalls ein neues Album angekündigt und wer Lionel und Marie besser kennt, der weiß, dass mit "Malamore" so Großes wie Entspannendes zu erwarten ist. Für die erste Single "Garden Of Love" hat sich das Paar aus Perpignan gleich mal Peter Hook, Bassist von Joy Division und New Order, ins Studio geholt, entsprechend hübsch ist der Song dann auch geworden - die ganze Platte ist für den 15. April via Because Music geplant.

Donnerstag, 25. Februar 2016

Eliot Sumner: Reichlich Material

Jack White sollte seine Freude daran haben: Eliot Sumner hat ihr Debütalbum "Information" Ende Januar bei Island Records veröffentlicht, aus diesem gibt es nun mit "Halfway To Hell" eine ordentliche Bluesrocknummer samt Video (Tom Beard) zu sehen und zu hören. Die Tochter von Sting und Trudie Styler hatte zuvor auch schon den Titelsong und weiteres Material der Platte verfilmen lassen, wer mag, kann diese Arbeiten bei Vevo nachschauen.

Daughter: Am Abgrund

Man sieht sich den Clip an und er hinterlässt ein ziemlich beklemmendes Gefühl - nichts anderes als das, was einem auch mit der Musik passieren kann: Daughter haben gerade ein Video zu ihrem Song "How" vom grandiosen Album "Not To Disappear" veröffentlicht, Regie führten Iain Forsyth und Jane Pollard ("20.000 Days On Earth"), und wir betrachten eine Frau, die zwischen Psychose und Befreiung hin- und hertaumelt.

Santigold: Projektprinzessin

Santigold
„99¢”

(Warner)

Man kann sich das wahrscheinlich so vorstellen, dass da ein aufgedrehtes Mädchen in seinem bis unter die Decke gefüllten Zimmer wild juchzend von einem bunten Spielzeug zum nächsten rennt, hier drückt, dort draufhaut und seine Begeisterung kaum zurückzuhalten vermag. Nun ist Santi White alias Santigold mit knapp vierzig Jahren dem sorglosen Kindesalter zwar schon längere Zeit entwachsen, die damit verbundene Ruhelosigkeit und Begeisterungsfreude hat sie sich allerdings bis ins Heute bewahrt – seit Beginn ihrer Musikerkarriere mit der Single “L.E.S. Artistes” (2008) braucht sie die Veränderung und Abwechslung wie die Luft zum Atmen, war die freie Entscheidung über Stil und Ausrichtung ihr wichtigstes Kriterium, ihr Markenzeichen. Es ist also keineswegs verwunderlich, dass an ihrem neuen, dritten Album eine Vielzahl unterschiedlichster Produzenten und Kollaborateure beteiligt waren, neben Rostam Batmanglij von Vampire Weekend finden sich noch Namen wie Dave Sitek (TV on the Radio), Zeds Dead, Patrik Berger und Justin Raisen auf der Paylist. In dieser illustren Runde entstand eine teils gefällige, teils wunderbare Mixtur, so bunt wie das Albumcover des japanischen Fotokünstlers Hal (für welches Santigold, keine kleine Leistung, mal ganze zehn Sekunden die Luft anhalten musste). Dubstep, Afropop, TripHop, Elektropunk, ihr Projekt, wie sie es nennt, kennt kein Limit und über weite Strecken gelingt es ihr auch, die Zuhörer in ihren Bann zu ziehen.

In “Rendezvous Girl” klingt sie wie die jüngere Schwester von Kim Wilde, ein paar Takte später empfiehlt sie sich für die Begleitung synthetisch-vertrackter Schwergewichte von Massive Attack (“Before The Fire”/”Outside The War”), das selbstverliebte Duett mit iLoveMakonnen ist ebenso herrlich wie die böllernden Bässe bei “Big Boss Big Time Business”. Nach Themen musste Santigold nicht lange suchen – wer nicht allzu verschlafen durch’s Leben geht, dem sollte nicht entgangen sein, dass sich in den letzten Jahren vieles verändert hat, Medienkonsum, Beziehungsverhalten, Selbstverwirklichung, Frauenbild und Armutsschere, all das verpackt sie (nicht eben tiefgreifend, aber für ihre Zwecke recht wirkungsvoll) unter der dekorativen Blisterhülle. Und nicht von ungefähr zählt Claire Boucher aka. Grimes zu den wichtigsten Vorbildern, der amerikanischen Vogue diktierte sie kürzlich folgendes Statement: “In pop music there should be so much more variety in the female artists that we see on that level. Something is very imbalanced. You should know that you have other things to offer as a woman than just your body. I don’t think the message is clear at all. I think female talent is not highlighted very much. I’d like to see that change.” Ein Wunsch, dem sie mit diesem Album garantiert ein Stück näher kommt. http://tumblr.santigold.com/

Nvdes: Fruchtbarer Streit

Keine Ahnung, wie sie's anstellen, aber aller paar Monate kommen die Nvdes aus Los Angeles mit einem neuen Song um die Ecke und dieser gelingt ihnen dann so gut, dass man wieder das rätseln anfängt. So war's bei "Unforgettable" und "Before The Weekend Comes", später mit "Fela" und nun natürlich auch beim allerneuesten Track "Don't Fuck Your Neighbor". Mittlerweile weiß man, dass es sich um ein Ensemble handelt, das von dem Produzenten und Multi-Instrumentalisten Josh Ocean betreut wird - das aktuelle Stück hat dieser übrigens tatsächlich gemeinsam mit seinem Nachbarn geschrieben. Über sein Verhältnis zu schillernd bunten Exotikfrüchten werden wir wohl später noch einiges erfahren...

Mittwoch, 24. Februar 2016

Eagulls: Rücksicht

Und da ist er, der zweite Song aus dem neuen Album der Eagulls, zu dem es nun auch einen Titel und ein Cover gibt. Nach "Lemontrees" ist jetzt also "My Life In Rewind" an der Reihe - "Ullages" soll der Longplayer entgegen ersten Informationen heißen, Coverart siehe oben.

Françoise Cactus: Sprechstunde

Une Entrevue téléfonique von Catherine Collin

Stereo Total machen es jedem schwer, der versucht, sie in eine Schublade zu stecken. Der lässige Brezel Göring und die Power-Chanteuse Françoise Cactus schaffen es seit Jahren, ihren kompromisslosen Weg als Paar und als Gruppe unbeirrt zu gehen. Und so klingt das neue Album wie ein Road Movie, der vor 50 Jahren in der Garage von Antoine und seinen Élucubrations ("Les Élucubrations d'Antoine" von Antoine, 1966) startet, um im Hier und Jetzt der Berliner Clubszene zu enden. Mittendrin steht Madame Cactus und wirkt (dial a cliche) so erfrischend und prickelnd wie ein frisch eingeschenktes Glas Champagner. Die Exil-Französin fühlt sich nach drei Jahrzehnten in Berlin immer noch zu hause und lebt dort, was sie in ihren Liedern predigt: unaffektierte, pure Lebenslust. Zeit also für ein paar grundsätzliche Fragen.

Françoise, kommt der Kaktus im Namen eigentlich aus Deinem Elternhaus oder aus dem Lied von Jacques Dutronc?
Beides! Eigentlich habe ich dieses Pseudonym schon sehr früh ausgesucht: Meine Mutter ist Hobbygärtnerin und pflegte, während des Winters alle Kakteen in mein Schlafzimmer einzuquartieren. Ich hatte schreckliche Angst – auf meinem Nachttisch gab es zum Beispiel ein ganz grausames Exemplar und ich dachte, wenn ich mich während die Nacht bewege, würde ich mich daran stechen (lacht). Und dann ist da natürlich noch das Lied von Jacques Dutronc (Le monde entier est un cactus, Jacques Dutronc, Album: Il est cinq heure,1966 – Anm. Redaktion).



Die Energie aus dem Berlin der 90er, wo Stereo Total ja entstanden sind – trägt sie noch heute, oder bedeutet Dir die Stadt mittlerweile etwas anderes?
Berlin hat mir immer etwas gegeben. Ich lebe hier seit Mitte der Achtziger Jahre. Ich sehe, wie diese Stadt sich verändert, jedes Jahrzehnt hat seine ganz eigene Stimmung. Momentan ist es wieder sehr interessant. Die Stadt ist so international, das mag ich sehr. Es gibt hier viel Kommunikation zwischen den Künstlern und Kulturen, vieles ist sehr viel offener als mancher anderen Großstadt.

Vielleicht wie in Paris?
Ja, wie in Paris (lacht).



In der französischen Zeitschrift L'hebdo bezeichnete Thierry Sartoretti 1997 Eure Musik als preußischen Twist und Karpaten-Disko ... geht Dir Frankreich manchmal auf die Nerven?
Ja, die Franzosen regen mich auf. Und zwar immer mehr. Es nervt mich ungemein, dass so viele Menschen hier für Le Pen stimmen. Ich habe Anfang der 80er in Paris gelebt – und damals war es großartig. Selbst wenn ich heute nach Frankreich zurückkehren würde, in Paris wollte ich ganz sicher nicht mehr leben.

Gibt’s denn noch Alternativen zu Berlin?
Ja schon – New York! Und Los Angeles. Tokio vielleicht nicht unbedingt, vor allem zu dieser  Zeit (lacht). Aber Mexico City ... oder Madrid!

Françoise, ob in der Musik oder in der Liebe, Du hinterläßt immer den Eindruck, als sei alles sehr viel einfacher als wir uns das alle so denken. Was ist denn Dein geheimes Rezept für diese Leichtigkeit?
Ach, es ist gar nicht immer sooo leicht wie es vielleicht klingen mag. Ich versuche aber einfach immer optimistisch zu bleiben!

Ist Ernsthaftigkeit manchmal trotzdem eine Versuchung?
Nein! Ganz einfach deshalb, weil ich keine ernsthafte Frau bin. Absolut nicht! Ich muss mich vielmehr bemühen, wirklich ernst zu sein. Hier in Deutschland werden allerdings eher die ernsten, weil seriösen Künstler geschätzt. Aber ich möchte nun mal lieber fröhliche, lebendige Lieder schreiben, schließlich wollen wir die Leute ja unterhalten.

Auf Eurem neuen Album ist der Sound teilweise etwas härter, wer von Euch hatte Lust darauf?
Alle beide. Auch wenn unsere bekanntesten Lieder sehr heiter sind, haben wir immer auch düstere Stücke gemacht. Sachen über ... ja, Selbstmord zum Beispiel, also nicht gerade super lustig! Wir schreiben aber, wonach uns gerade ist und erst sehr viel später wird’s vielleicht analysiert. In ein paar Jahren sagen wir uns: Ach, guck mal, dieser Platte das war so oder so. Aber diese hier haben wir gerade erst geschrieben, also können wir noch gar nicht wissen warum …



Und bei der Sprache? Wie entscheidet Ihr, welche Sprache für welches Lied geeignet ist?
Wir haben mehrere Lieder, die in verschiedenen Sprachen erschienen sind. “ L’Amour à trois“ z.B. ist sowohl auf Portugiesisch, Spanisch, Englisch, Deutsch und Französisch übersetzt worden. Aber normalerweise kommt die Idee für ein Lied sofort, und zwar entweder auf Französisch oder auf Deutsch. Ganz selten auf Englisch. Das war‘s. Ich entscheide also nicht im Vorfeld: Heute möchte ich unbedingt ein Lied über dieses oder jenes Thema machen – manchmal ist es auch nur ein kleiner Satz, der mir vorschwebt. Wie z. B.„Du bist schön von hinten“: Ich dachte an Schönheit und mir fiel auf, dass man bei Schönheit eigentlich immer nur an „vorne“ denkt, man stellt sich also seinen Gegenüber immer nur frontal vor. Aber Dich finde ich auch von hinten schön. Das ist einer dieser kleinen Gedanken, dem folgt ein Satz, spontan auf Deutsch oder Französisch, und all das entscheidet dann darüber, ob ein Lied in dieser oder jener Sprache erscheint.

Wie bewertest Du die Sprachen für Dich?
Meistens sind unsere deutschen Lieder um einen amüsanten, zweideutigen Satz aufgebaut, da steht eher die Idee im Vordergrund. Die französischen Songs sind hingegen mehr atmosphärisch, mit kleineren Wortspielereien. Die deutsche Sprache ist so aufgebaut, dass es unmöglich wäre, Sachen, die ich jetzt auf Französisch singe, plötzlich auf Deutsch zu singen.
Den Großteil der englischen Stücke wiederum könnte man unmöglich auf Deutsch wiedergeben – alle würden unweigerlich denken „wie grauenvoll!“.

Dein neues Lied “Halt deine Kerze gerade" klingt so, als seist Du auf eine bestimmte Person sauer?
Ja! Auf meine Mutter (lacht)! Ständig hat sie zu mir gesagt: „Halte Dich gerade!“ Sie war sehr streng.  Es ist also ein Lied gegen meiner Mutter (lacht). Na hoffentlich liest sie das nicht! Obwohl - nein, nein, es ist eigentlich doch gegen die strenge katholische Erziehung!

Neues Album – neue Tour: Wie ist es für Euch, wieder unterwegs zu sein?
Einerseits habe ich total Lust darauf, weil ich Konzerte liebe. Wir beide mögen es, es ist ja auch wirklich lustig. Wir haben super Fans, also läuft es eigentlich immer gut. Aber anderseits denke ich auch an die stundenlangen Busfahrten – und das nervt! Seit den 80ern bin ich unterwegs, bin schon so viele Kilometer gefahren und habe so viele Touren gemacht, mir tut echt schon bei dem Gedanken daran der Hintern weh und ich wünsche mir jedes Mal, ich wäre schon da.



Gibt es denn eine besonders schöne oder schlimme Tour-Erinnerung?
Eigentlich haben wir nie etwas Schlechtes erlebt. Obwohl – just in der Schweiz, dem reichsten Land schlechthin, hat man mir mal meine schönste Pauke geklaut!

Françoise, bevor wir uns verabschieden gebe ich Dir ein Paar Begriffe, und Du gibst mir Deinen Soundtrack dazu, einverstanden?
Ok!

Sommernacht?
"La Madrague" von Brigitte Bardot

Sonntagmorgen?
"Le petit pain au chocolat" von Joe Dassin

Die ganz große Liebe?
"Je t’aime, moi non plus" von Serge Gainsbourg

Berlin?
"Berlin" von Nina Hagen

Françoise Cactus?
"Le monde entier est un cactus" von Jacques Dutronc

Und Brezel Göring?
"Die großen weißen Vögel - Weit draußen auf dem blauen Meer" von Ingrid Caven.

Dienstag, 23. Februar 2016

Let's Away: Kontrollierter Aufstieg

Im Juni 2015 hatte man noch gehofft, dass von Let's Away bald mehr zu hören sein würde - nun, sie haben mittlerweile zwei weitere Songs im Programm, die es mit der Debütsingle "Golden Morning" durchaus aufnehmen können - hier also "A Tour Of The Stars" und, ganz aktuell, "Control". Läuft bei den beiden.

EAT: Bitte vormerken!

Haha! Kein Bandfoto, trotzdem nicht so einfach zu vergessen: EAT stammen aus Newcastle und spielen eine Art von Power-Shoegazing-Indierock, bislang sind von ihnen ganze zwei Lieder erschienen, die aber haben es in sich, noch dazu lassen sie sich leicht merken - "Byker Drone" und "Byker Lime Slicer". Viel mehr ist im Moment nicht zu bekommen, sollte es aber in der Qualität weitergehen, wird an weiterführendem Material bald kein Mangel mehr sein.

Wire: Unablässig

Noch kein Jahr ist seit ihrem letzten Album vergangen, dennoch greifen sie wieder an: Wire haben den Nachfolger für ihre selbstbetitelte Platte aus dem April 2016 angekündigt - "Nocturnal Koreans" soll im Laufe des Jahres bei swim~ erscheinen und den Titeltrack kann man auch schon exklusiv bei Pitchfork hier anhören. Ganz so neu ist das Stück allerdings nicht, im Netz gibt es schon Live-Aufnahmen desselben von 2013.



Stereo Total: Langzeithormonbehandlung

Stereo Total
„Les Hormones“

(Staatsakt)

Um die Hormone ging es bei Françoise Cactus und Brezel Göring doch eigentlich immer. Wenn man einen roten Faden im Werk der Wahlberliner Plastikpunk-Kapelle sucht, dann ist dies wohl der witzige, gern augenzwinkernde oder auch (Achtung: Klischee) französisch-frivole Umgang mit Sexualität, Ein-, Zwei- oder auch gern mal Dreisamkeit. Da geht es um das Verhältnis zu Vögeln, den Babyboom und die Mutterrolle, Schönheit von hinten, Komplexe, das erste Mal oder die Frage, wie man wohl in der anderen Geschlechterrolle da draußen zurecht käme – die Hormone fungieren quasi als Taktgeber zum Sound von Stereo Total und sind ebenso für das Grinsen verantwortlich, das sich früher oder später unweigerlich beim Hören ihrer Lieder einstellt. So auch beim aktuellen Album – denn Frau Dr. Kaktus lädt zur Sprechstunde. Eingeladen sind all jene, die Selbstzweifel plagen und sich in ihrer Haut nicht sonderlich wohl fühlen, denen Bambiblick, Stupsnäschen und Pampelmusenbusen fehlen und die deshalb mit der Welt einfach nicht einverstanden sein können. Die rezeptpflichtige Musik zur Hormonbehandlung ist diesmal etwas härter geraten, die beiden probieren sich wieder verstärkt am scheppernden Casio-Punk ihrer frühen Tage und zeigen sich auch dem Surfrock nicht abgeneigt. Dass eine Sprechstunde bei Stereo Total immer auch eine Sprachstunde ist, macht die Songs der Band seit jeher interessant – der stete Wechsel zwischen Deutsch, Französisch, Englisch und Japanisch läßt Cactus’ Gesang einmal mehr zum prägenden Stilmittel mit fast instrumentalem Charakter werden. Neu im Klangspektrum ist die fast weihevolle Hornsektion bei “Labu Hotelu”, hier treiben Stereo Total ihren Spaß am Experiment in fast schon Laibach’sche Dimensionen – gut so. Dass “Les Hormones” so gut unterhält wie zu Gründerzeiten, ist jedes begeisterte “Oh!” und “Ah!” wert, da vereinbart man doch gern einen Folgetermin zur Nachuntersuchung.

Livetermine von Stereo Total auf der Website der Band.

Massive Attack vs. Young Fathers: Voodootanz

Bei der aktuellen Tour gehört der Song zum Zugabenblock, nun gibt es dazu auch ein Video: Die Young Fathers haben zusammen mit Massive Attack für deren EP "Ritual Spirit" den Track "Voodoo In My Blood" aufgenommen und von Ringan Ledwidge (Red Snapper, Whale, Travis) bebildern lassen, die Hauptrolle bei dieser Begegnung der außergewöhnlichen Art spielt Rosamund Pike.

Montag, 22. Februar 2016

Wildhart: Ganz sichere Nummer

Alte Regel: Katzen und Kinder gehen immer. Hätte es hier gar nicht gebraucht, der Sound von Wildhart, dem schwedischen Electroduo, funktioniert auch so schon traumhaft genug. Sängerin Ylva Holmdahl, Kiwi Berg und Josefin Rundsteen werden ihre neue "EP1" am 4. März beim Label Gaphals Records veröffentlichen, "We made Up A Dream" wird in jedem Falle darauf zu finden sein - weitere Tracks stehen noch auf Soundcloud bereit.

New Order: Schaut auf diese Stadt

Da haben sich wohl die beiden richtigen getroffen: Musikgeschichte meets Zeitgeschichte - das neue Video von New Order zum Song "Singularity" ist eine Collage aus Filmdokumenten, die der britische Labeleigner Mark Reeder unter dem Titel "B-Movie - Lust And Sound in West-Berlin 1979-1989" im letzten Jahr ins Kino brachte und die der benannten Zeit auch im Hinblick auf die Musikkultur der Stadt in Sachen Punk, Post-Punk, Goth und Industrial nachgehen. Das dazugehörige Album ist immer noch das überaus respektable "Music Complete", ebenso nicht zu vergessen die Extended Version des besagten Tracks, die kürzlich erschienen ist.

Massive Attack: Die Mühen der zweiten Dimension

Massive Attack
Support: Young Fathers
München, Tonhalle, 21. Februar 2016

Daheim auf der Couch wäre das mit Sicherheit weit weniger anstrengend geworden. Da hätte man sich mit einem Gläschen Rotwein oder einem honiggesüßten Tee entweder allein unter die Kopfhörer zurückgezogen oder zu zweit um eine Kerze versammelt und so ungestört dem Soundtrack der eigenen Jugend lauschen können. Massive Attack wissen natürlich um den Gemütlichkeitsfaktor ihrer Musik und so haben sie ihrer aktuellen Tour neben aller ohnehin zu erwartenden musikalischen Finesse auch noch eine betont ungemütliche Komponente hinzufügt. Schon die ganz und gar großartigen Young Fathers im Vorprogramm hielten, wenn auch nur in ein knappes Statement verpackt, mit ihrer Meinung zur Flüchtiglingsthematik und Migration nicht hinterm Berg, Robert Del Naja und Grant Marshall hatten sich diesbezüglich noch etwas mehr vorgenommen und so sah sich das Publikum in der ausverkauften Halle vom Start weg einem visuellen Sperrfeuer ausgesetzt, das es unmöglich machte, die politische Dimension des Programms zu übersehen.

Auf einer großformatigen Leinwand hinter der Bühne blitzte fast zu jedem der Stücke eine Art hyperventilierender Schlagwort-Newsticker auf, gefüllt mit tagesaktuellen Nachrichtenmeldungen, Statistiken zu Krisenherden und Fluchtbewegungen und dem neuesten Klatsch und Tratsch der Yellowpress. Schwierig, sich diesem LED-Gewitter aus Texten, Farben, Logos und Zahlenketten zu entziehen, der Dauerreiz in der passenden, deutschen Übersetzung erinnerte etwas an das überdimensionale, brennende Hakenkreuz, mit dem U2 in den 90ern das Olympiastadion mit den Worten „Laßt es nie wieder geschehen!“ zum Zähneklappern brachten. Massive Attack, das muß man allerdings einräumen, ersparten sich den Wink mit dem ganzen Zaun und gingen die Sache deutlich sachlicher und zugleich kunstvoller an.

Sehr erfreulich und gelungen zudem die Zusammenstellung der Setlist – hier kam dem Publikum zugute, dass die Band an Neuem eigentlich nur das Kurzformat „Ritual Sprit“ im Gepäck hatte, der Rest der Zeit blieb also für eine ausführliche Präsentation des Gesamtwerkes und hier zeigte sich das Ensemble aus hervorragenden Gast- und Livemusikern sehr spendabel: Die Alben „Heligoland“ und „Mezzanine“ wurden in Begleitung der fabelhaften Martina Topley Bird zu gleichen Teilen beliehen und selbst Horace Andy und Deborah Miller waren mit von der Partie und krönten den Abend mit erhofften All-Time-Classics wie „Angel“, „Safe From Harm“ und „Unfinished Sympathy“. Dass gegen Ende auch die Young Fathers, deren Sound zuvor ja im Vergleich um einiges roher und reduzierter klang, noch mal im großem Orchester mittun durften, war nicht nur eine nette Geste, es schloss sich so auch der Kreis zwischen perfekt inszenierter Show und wuchtiger Performance. Für all jene, die auch mit der politischen Botschaft etwas anzufangen wussten, sollte es also ein unvergesslicher Abend geworden sein.


Sonntag, 21. Februar 2016

Holy Fuck: Herzlichen Glückwunsch!

Keine Musik eigentlich, die zu einem lazy sunday passt, wird aber dennoch vermeldet: Die Kanadier von Holy Fuck haben für den 27. Mai ihr viertes Studioalbum "Congrats" angekündigt, es folgt dem 2010 erschienenen "Latin" und wird beim Label Innovative Leisure produziert. Und damit man sich das Ganze besser vorstellen kann, gibt es mit "Tom Tom" schon mal was zum Vorknallen.

Samstag, 20. Februar 2016

Chvrches: Abrüstung

Viel Nebel, gegeneinander geschnittene Szenen aus Wald und Großstadtgetümmel, noch mehr Nebel - die Chvrches haben das Video zum Song "Clearest Blue" nachgereicht - die Arbeit stammt von Warren Fu, der sich schon um Depeche Mode, Daft Punk und die Killers verdient gemacht hat. Die Entrüstung, die man bei Lauren Mayberry im Laufe des Clips beobachten kann, ist dann wohl auch eher metaphorisch gemeint.

Freitag, 19. Februar 2016

Lush: The times they aren't a changing

Das hatte man maximal gehofft, so recht glauben wollte es kaum jemand: Lush, eine der führenden Shoegazing-Bands, werden ja in diesem Jahr eine Reihe von Shows spielen, um ihre alten Platten zu feiern - nun haben sie auch eine gänzlich neue EP angekündigt. "Blind Spot" soll das vier Stücke umfassende Kurzformat heißen und für die erste Single "Out Of Control" gibt es auch ein Video. Wir stellen fest - Bob Dylan hat nicht immer recht, manche Dinge ändern sich (zum Glück) nie...

FKA twigs: Überraschend einfach

Ungewöhnlich einmal andersherum: Normalerweise ist man von FKA twigs Songs und Videoclips gewohnt, die kräftig irritieren und jeder/s für sich schon kleine Kunstwerke darstellen. Gerade hat sie ein neues Stück mit dem Namen "Good To Love" veröffentlicht, das in Bild und Ton erstaunlich konventionell aufgebaut ist. Hat man nicht mit gerechnet, kommt trotzdem gut. Regie führte Tahliah Barnett im Übrigen selbst, ob der Track Teil einer neuen Platte ist, ließ sich bislang nicht herausfinden.

Bat For Lashes: Save the date

Kryptische Botschaft, große Freude: Natasha Khan aka. Bat For Lashes hat offenbar entschieden, ihr Projekt Sexwitch für eine Zeit ruhen zu lassen, um ihr nächstes Album vorzubereiten. Dieses könnte am 1. Juli via Parlophone Records erscheinen, zumindest legt das die Grußkarte auf dem Begleitbild zum ersten neuen Song "I Do" nahe. Das Album folgt dem wunderbaren "The Haunted Man" aus dem Jahr 2012.

Trümmer: Schöne Grüße aus der Zone

Trümmer und Hamburg sind momentan zwei Dinge, die leider gut zusammengehen - vor einigen Tagen ist das Oberstübchen des Goldenen Pudel in St. Pauli abgebrannt und die Fragen nach dem Wer? Weshalb? Warum? sind noch nicht nachhaltig beantwortet. Passt also ganz gut, dass Trümmer, also die Band, am 29. April via PIAS die Veröffentlichung ihres zweiten Album "Interzone", den Nachfolger also zu ihrem Debüt aus dem Jahr 2014, planen, die erste Auskopplung "Grüße aus der Interzone" darf man schon mal bei Spotify anhören. Allen anderen bleibt ein Konzertbesuch in den nächsten Tagen.

22.02.  Berlin, Columbiahalle
27.02.  Köln, Palladium
28.02.  Frankfurt, Batschkapp

Donnerstag, 18. Februar 2016

Isolation Berlin: Berührungspunkte

Morgen soll es nun endlich erscheinen, das lang erwartete Debüt "Und aus den Wolken tropft die Zeit" von Isolation Berlin und die Vorbesprechungen sind nicht weniger als hymnisch. Was erstaunlich ist, denn schließlich kehrt Sänger Tobias Bamborschke in jedem der neuen Stücke seine dunkle Seele nach außen und zwar mit einer Ehrlichkeit, die so entwaffnend wie beängstigend ist. Grund genug, den blassen jungen Mann zu fragen, wie es denn zu dieser großen Traurigkeit kommen konnte und wie man mit ihr durch’s Leben kommt.

Mit dem aktuellen Album sollte es mit der Isolation in Berlin und anderswo ja nun endgültig vorbei sein – wie kann man sich die letzten Jahre der Band so vorstellen?
Der Grundstein der Band beruht auf meiner eigenen Isolation, ich hatte mich damals von meiner Freundin und meinen Freunden getrennt und befand mich dann eben in dieser Isolation – das war das Gefühl, was ich beim Laufen durch die Straßen von Berlin am stärksten empfunden habe. Daraus sind dann erste Songs entstanden und auf meiner Suche nach Leuten, die mit mir diese Musik machen wollten, bin ich auf Max gestoßen. Wir sind dann zu zweit ziemlich lange vor uns hingedümpelt, haben so auch „Aquarium“ aufgenommen und kurz vor Veröffentlichung dieser ersten EP kamen dann Simeon und David dazu. In dieser Besetzung wurde dann „Körper“ eingespielt und jetzt das erste Album.

Die verschiedenen Cover, die recht unterschiedlichen musikalischen und visuellen Stile – einverstanden, dass man Euch auch Irritation Berlin nennen könnte?
Also wir legen es eigentlich nicht darauf an, aber anscheinend irritiert es doch ziemlich viele Leute. Wir beginnen eigentlich jeden Song als neues Projekt, mit den dazugehörigen Gefühlen, dem jeweiligen Stil, und dann kucken wir gemeinsam und fassen es musikalisch zusammen. So steht jeder Song irgendwie für sich und dadurch entwickelt sich dann diese Vielschichtigkeit.

Die Spannweite zwischen, sagen wir „Annabelle/Swantje“ und „Ich küss dich“/“Ich wünschte, ich könnte“ ist doch schon sehr groß - was treibt euch zu dieser Unterschiedlichkeit?
Die verschiedenen Songs entstehen ja oft zu gleichen Zeiten, also da gibt es keine Trennung oder Abgrenzung. Ich schreibe über Gefühle, über Geschichten, die ich erlebe und aus diesen Worten entsteht dann der Sound. Wir versuchen dabei nicht, in ein bestimmtes Schema zu passen, sondern schauen jedes Mal neu, was sich ergibt.



Protopop hin, Post-Punk her, wie ist das mit solchen Schubladen oder Etiketten? Helfen sie, fordern sie eher heraus oder nerven sie einfach nur?
Also das mit dem Protopop war ja eher als Spaß gedacht, wir schieben uns selber nicht in einer Schublade, wollen eigentlich immer frei sein, so dass es halt dem Song dient. Und wenn die Leute das jetzt als Post-Punk oder was auch immer bezeichnen, dann ist das in Ordnung, aber wir selbst machen uns da eigentlich keine Gedanken zu.

Ist es schwierig, Stereotypen, Erwartungen, Gestaltungsmustern aus dem Weg zu gehen, diese zu brechen oder passiert das bei Euch eher spontan?
Schon letzteres, wir warten eigentlich darauf, dass die Songs kommen und wenn sie kommen, dann sind sie da – damit arbeiten wir dann und viel mehr Gedanken machen wir uns darüber nicht.

Aber das, was dann zu Sprache kommt, Tobias, ist dann schon sehr persönlich? Das ist ja nicht immer selbstverständlich, oft betonen Künstler ja, dass ihre eigene Person, ihre eigenen Gefühle nicht viel mit den in den Liedern geschilderten Dingen gemein haben …
Doch, das hat schon sehr viel mit mir, mit meinen Emotionen zu tun. Das entsteht alles immer aus einer Geschichte, die ich gerade erlebt habe – wobei es auch Sachen sein können, die ich von Freunden gehört habe und die dann so zu meinen werden. Oder dass ich durch die Stadt laufe und dann Schicksale sehe, die mich berühren.



Kommt Ihr nicht drumherum: Euer tatsächliches Verhältnis zu Berlin?
Also ich habe noch nie woanders gelebt und deshalb kann ich dazu wenig sagen. Aber ich weiß von vielen Leuten, dass sie das ähnlich wie ich empfunden haben, dass sie also in Berlin eben eine große Isolation gespürt haben. Wenn man in Berlin traurig und einsam ist, dann halt richtig. Man ist in dieser Stadt eben auch so vielen traurigen Schicksalen ausgesetzt, dass sich damit irgendwie auch niemand mehr befassen will und viele regelrecht überfordert sind. Wenn man jeden trösten wollte, der hier traurig durch die Gegend läuft, dann müsste man eine Lebensaufgabe draus machen und würde immer noch nicht zurande kommen.

Depression Berlin, Grauzonenmusik - auch die quasihistorischen Bezüge sind kaum zu vermeiden. Also mehr Sven Regener, Rio Reiser oder doch eher Peter Hein?
Zu Rio Reiser gibt es gar keinen Bezug, die Fehlfarben hat man vielleicht mal in einer bestimmten Phase gehört – aber Sven Regener ist auf jeden Fall eine Inspiration von mir. Element Of Crime waren für mich schon ganz früh eine Art Aha-Erlebnis, weil ich mich schon immer für Musik, aber vor allem für Texte, für die Lyrik interessiert habe. Anfangs waren das zwei ganz verschiedene Welten, die ich nicht so richtig zusammenbekommen habe, was sehr schade war – und durch Element Of Crime habe ich dann gemerkt, dass es doch geht.

Euer Gesamtwerk, nimmt man die aktuelle Platte und die beiden EP zusammen, ist ja nun weiß Gott kein fröhliches – Todessehnsucht, Flucht, Autoaggression, Misstrauen, Verlust, Vereinsamung – hilft denn da das selbstgeschriebene Lied?
Das hilft sehr, doch. Kunst ist für mich die einzige Möglichkeit, aus Leid, also etwas Negativem, das Glück, also etwas Positives zu schaffen.

Wie realistisch ist es denn, für diese Themen geliebt zu werden?
Das ist schon irgendwie absurd: Am Anfang habe ich ja geschrieben, weil ich Songs haben wollte, die meinem Gemütszustand entsprechen und in denen ich mich verstanden fühlte. Und ich habe eigentlich nicht daran geglaubt, dass das funktioniert, dass also größere Massen sich dafür interessieren würden, aber es scheint so zu sein, es passiert wirklich.



Ihr habt eine Coverversion von Joy Divisions „Isolation“ auf der aktuellen EP-Sammlung untergebracht, die überraschend gut funktioniert. Das gilt auch für das Pulp-Cover „Gewöhnliche Leute“ - wie groß war die Gefahr, dass das in deutscher Sprache daneben geht und albern klingt?
Der Song von Pulp ist ja generell schon etwas humoristisch angelegt, bei „Isolation“ hatte ich allerdings schon etwas Bammel. Der Rolling Stone hatte uns gefragt, ob wir einen Song von Joy Division covern wollen und wir haben uns dann den ausgesucht. Bei der Übersetzung hab ich dann schon ganz schön geschwitzt, weil Joy Division ja doch sehr ernst sind, denen kann man sich mit einem Augenzwinkern schlecht nähern. Zudem haben wir uns bewusst sehr nah am Originaltext bewegt, da war es schwierig, das richtige Versmaß hinzubekommen und den Sinn im Deutschen noch zu bewahren. Es war auf jeden Fall eine Herausforderung.

Und wie war’s mit Nina Hagen – „Fall In Love Mit Mir“ klingt ja regelrecht aufgekratzt und herausfordernd?
Mein Vater hat die Platte schon immer im Schrank stehen gehabt, ich höre Nina Hagen also schon seit Jahren. Wenn Max und ich zu Hause saßen, hab ich manchmal Nina Hagen angemacht und aus Spaß dazu getanzt und Playback gesungen und irgendwann ist dann daraus dieses Cover entstanden.

Zum Schluss – wie kam es zur Zusammenarbeit mit Yannick Riemer, dem ihr ja nicht nur das aktuelle Cover zu verdanken habt, sondern der für Euch auch schon diverse Videos produziert hat?
Yannick ist ein Schulfreund von David, unserem Bassisten und er wohnt seit anderthalb Jahren auch mit mir zusammen – ich schlürf also morgens einfach zu ihm rüber und sag „Yannick, komm, lass uns mal’n Video drehen“ oder „Mach mal bitte ein Cover“ – naja, so ungefähr. Seine Arbeit passt auch gut zu unserem Ansatz, jedes Stück von neuem und gesondert zu betrachten, also auch das Artwork und die visuelle Umsetzung.

Rigna Folk: Parallelwelt 3.0

Rigna Folk
„Nova Void“

(Dunstan Music)

Hand auf’s Herz, da reicht oftmals schon einer der folgenden Begriffe, um die Kauflust zu zügeln: episch, instrumental, Konzeptalbum. Die Ulmer Band Rigna Folk traut sich zum wiederholten Mal, gleich alle drei Schubladen zu öffnen und aus ihrer Sicht ist das gar nicht mal so verwegen. Immerhin haben sich Victor Nordir, Jens Schalle, Chriss Fakler und Vlad Müller mit den beiden ersten Alben „Astropolis“ und „Sól“ schon eine kleine, aber sehr treue Fangemeinde erarbeitet und die Chancen, dass anhaltende Mühe belohnt wird, stehen auch mit „Nova Void“ nicht ganz so schlecht. Auch auf dieser Platte geht es um das imaginäre „Regenvolk“, dessen Geschicke in einem Paralleluniversum weitererzählt werden – das Sterben des eigenen Planeten zwingt die Bewohner in zwei verschiedene Lager, denen auch das vorliegende Werk mit seiner Teilung folgt: „Nova“ begleitet den Aufbruch und die Suche nach einem neuen Zuhause, wohingegen “Void” das bedingungslose Festhalten an der alten Heimat, also die Bewahrung des bis dato Geschaffenen thematisiert. Klingt alles recht fantastisch und verwirrend, nicht ohne Grund benennen Rigna Folk ja auch die etwas versponnenen Isländer von Sigur Rós als eine ihrer Hauptinspirationsquellen.

Wen das eher abschreckt, der sei beruhigt – ganz so märchenhaft verspielt geht es auf dem Album gar nicht zur Sache. Im Gegenteil, die vier Herren wissen ordentlichen Krach und feine, melodische Gitarrenakkorde (“Jailbird”) sehr wohl zu schätzen. So kombinieren sie recht gekonnt Anleihen aus Prog-, Post-, Indie- und Hardrock miteinander, auch ein anständiges Bluesriff wie bei “Propaganda” darf dabei nicht fehlen. Und auch wenn Radiohead die andere Referenzhälfte stellen sollen – dem Zuhörer drängen sich da eher Muse und Placebo auf. Wogegen ja grundsätzlich mal nichts einzuwenden ist. Mit dem Song “Kosmonavt” wagen Rigna Folk im Übrigen ein weiteres Experiment, wird er doch auf Russisch gesungen, was in erster Linie daran liegt, dass Victor Nordir ursprünglich aus Sibirien stammt. Hintergedanke war hier, den Zerfall der Welt mittels ungewöhnlicher Sprachwahl an den Kalten Krieg des vergangenen Jahrtausends anzulehnen, die aktuelle politische Entwicklung zeigt ja, dass derartige Vergleiche keineswegs vom Tisch sind. Und weil mit “Jura” auch nur ein einziger Instrumentaltitel in Langform dabei ist, gibt es für Berührungsangst eigentlich keinen Grund. Man muss sich halt nur zurechtfinden in dieser Utopie. http://www.rignafolk.de/

Head Wound City: Reaktivierung

Auch wenn sicher keine bleibenden Schäden zu erwarten sind, der Name klingt hier wie ein Programm: Nick Zinner, neben Karen O die treibende Kraft hinter den Yeah Yeah Yeahs, hat zusammen mit Cody Votolato und Jordan Billie von den Blood Brothers seine Band Head Wound City reaktiviert. Im Jahr 2005 gab es von den Herren schon mal eine EP zu hören, nun soll am 13. Mai via Vice das Debütalbum "A New Wave Of Violence" (Cover Art siehe oben) erscheinen, die erste Single "Scraper" hier schon mal im Vorabstream.

Poliça: Komplettierung

So nach und nach wird's komplett: Poliça haben einen weiteren Track aus ihrem neuen Album "United Crushers", geplant via Memphis Industries für den 4. März, ins Netz gestellt, "Lately" folgt damit den bisher bekannten Stücken "Lime Habbit" und "Wedding". Zudem gibt es für den Herbst auch noch ein paar Tourtermine zu vermelden.

11.10.  Zürich, Mascotte
27.10.  Köln, Die Kantine
28.10.  Frankfurt, Batschkapp
29.10.  Hamburg, Uebel und Gefährlich
04.11.  Berlin, Astra Kulturhaus
05.11.  München, Technikum

Mittwoch, 17. Februar 2016

The Boxer Rebellion: Luft nach oben

Schön ist das nicht: Für das Cover haben sich The Boxer Rebellion schon mal nicht allzu viel Arbeit gemacht, die neue Single "Keep Me Close" zum mittlerweile fünften Longplayer "Ocean By Ocean" kommt mit bunten Schlieren und Standardschriften daher, da hat man weiß Gott schon Einfallsreicheres gesehen. Könnte aber im Umkehrschluss bedeuten, dass alle Inspiration in die Musik geflossen ist, was nach der letzten Platte "Promises" auch dringend angeraten war. Die aktuelle Vorauskopplung jedenfalls klingt schon mal ungewöhnlich elektronisch, der Rest bleibt abzuwarten.

12.05.  Köln, Luxor
13.05.  Hamburg, Schanzenpark

Neonschwarz: Wieso? Weshalb? Warum?

Post in schweren Zeiten, und zwar von Audiolith - das kann nur Gutes bedeuten: Absender allerdings sind genaugenommen Captain Gips, Johnny Mauser, Marie Curry und Spion Ypsilon, besser bekannt unter dem Sammelnamen Neonschwarz. Die nämlich haben seit heute einen neuen Song samt Video draußen - "Dies Das Ananas" kümmert sich, wie könnte es anders sein, um klare Ansagen zu brenzligen Dingen, im Speziellen mit dem Thema Vergangenheitsbewältigung. Dann mal los ...

08.04.  Hamburg, Uebel und Gefährlich
16.04.  Zürich, m4music Ticketlink
15.05.  Flensburg, Dockyard Festival
27.05.  Augsburg, Kongress am Park (Modular Festival)
25.06.  Leipzig, Laut und Live
15.07.   Jena, JG Stadtmitte
16.07.  Goldenstedt, Afdreiht un Buten
22.07.  Wiesen, Hip Hop Open Austria
06.08.  Hamburg, Spektrum Festival
11.08.  Püttlingen, Rocco del Schlacko
27.08.  Hannover, Irie Revoltés Open Air

Foreign Air: Vorausschauend [Update]

Der Kicker des Tages kommt heute vom amerikanischen Indietronik-Duo Foreign Air: Die beiden Jungs Jesse und Jacob werden schon vollmundig als die legitimen Nachfolger von Alt-J und den Glass Animals gepriesen und auch wenn das vielleicht etwas voreilig sein mag, ist ihre erste Single "Free Animal" gar nicht mal so ohne - die EP dazu soll im Februar kommenden Jahres erscheinen.

Update: Neues Jahr, neue Single - jetzt also noch "In The Shadows" im Stream.

Tamper: Sonderangebot

Ganz so billig hätten sie es dann aber nicht machen müssen: Tamper, australisch-irisches Duo, hatte ja im vergangenen Jahr mit einer Reihe sehr gelungener Coverversionen einigen Applaus eingesammelt, bevor sie nun 2016 ihr komplettes Debütalbum angehen, wird noch eine weitere EP erwartet. Zu dieser gehört der feine, vorabgestreamte Song "Bought And Sold", der laut Anspielung auf dem Cover für schlappe 99 Cent über den Ladentisch gehen soll - fischen die beiden Herren da nach Komplimenten?

Dienstag, 16. Februar 2016

Isolation Berlin: Ausbruch oder Einschluss

Isolation Berlin
„Und aus den Wolken tropft die Zeit“

(Staatsakt)

Platten, in deutscher Sprache gesungen, die einen Lied für Lied aus den Schuhen zu hauen vermögen, sind rar gesät. Zuletzt gelang das Anfang des vergangenen Jahres den Berliner Grimepoeten von Zugezogen Maskulin, die Liebe, Schmerz und Wut aus dem betonierten Plattenghetto in die heile Welt hinausschrien, „Alles brennt“ kam daher wie ein Fanal, vollkommen überdreht, kurzatmig und fast schon soziopathisch. Und nun schon wieder die Hauptstadt, diesmal sogar gebürtig – Tobias Bamborschke, Max Bauer, David Specht und Simeon Köster sind die jungen Kinder einer Stadt, die sie mit ihrer Tristesse, Anonymität und fieberhaften Geschäftigkeit in die Isolation, also die gemeinsame Einsamkeit als Band getrieben hat. „Wenn es dir dreckig geht, bist du nicht zu beneiden, passiert dir das in Berlin, bist du am Arsch“ – ein Satz, den Sänger Bamborschke wohl unterschreiben würde. Dem grellen Zorn von ZM setzt der Junge eine offenherzige Dünnhäutigkeit entgegen, die einen sofort für ihn einnimmt.

Sven Regener und seine Kapelle Element Of Crime in diesem Zusammenhang nicht zu erwähnen, wäre für einen Rezensenten nicht nur kaum möglich, sondern sogar eine grobe Unterschlagung, denn des Bremers hohe Kunst, dunkle Gedanken in tröstlich-melancholische Reime zu fassen, war für Bamborschke Erweckungserlebnis und hohe Schule zugleich, hier fand er nach eigenen Angaben die einzige Möglichkeit, aus eigenem Leid Gewinn zu schöpfen. Und auch wenn einen die Optik eher auf Rio Reiser tippen läßt und die seltenen Wutausbrüche vielleicht Peter Heins Fehlfarben ins Bild rücken – es bleibt Regener, der die meisten Ansatzpunkte bietet. Stücke wie „Aufstehn, losfahrn“, „Du hast mich nie geliebt“ und „Der Garten Deiner Seele“ atmen so viel von der Grauzonenromantik des knurrigen Hanseaten, dass diesen fast schon väterliche Gefühle überkommen müssten.

Auch an beißend ironischer Schwarzmalerei mangelt es den Texten nicht, Bamborschke besingt die Vergeblichkeit, die ihn dem Alkohol in die Arme treibt, weil doch zu Hause nur die Depression lauert und nicht nur die: „… in der Dusche hockt die nackte Angst und der Menschenhass im Bücherregal“. Die Bereitwilligkeit, mit der hier der Düsternis, dem Misstrauen und selbst dem Wahn Platz gemacht werden, verblüfft, man möchte den Jungen fast in den Arm nehmen, so verfahren und ausweglos erscheint die Welt seiner Lieder, so unnachgiebig bestehen Band und Sänger auf Trübsinn und Niedergeschlagenheit. Unterstrichen wird die frostige Stimmung zuweilen von einem Sound, der Isolation Berlin nicht ganz zu Unrecht das Etikett des Post-Punk einbrachte – die schmissigen Funkgitarren bei „Verschließe Dein Herz“, knirschende New-Wave-Beats in „Ich küss dich“ und das Lärmcrescendo von „Ich wünschte, ich könnte“ kontrastieren fabelhaft mit dem Kaschemmenblues an anderer Stelle.

So vielschichtig und wandelbar die vier sich musikalisch präsentieren, so wenige Alternativen bieten sie dem zunehmend traurigen Gemüt, von Rettungsanker oder Hoffnung möchte man erst gar nicht sprechen. Abhauen wäre eine Möglichkeit, sich aus dem Staub machen („Fahr weg“) oder eben die Flucht in den Fatalismus, von der Bamborschke zum Schluss dieses großartigen Albums („Herz aus Stein“) erzählt. Kurz gesagt: Wer den Ausbruch nicht wagt, dem bleibt am Ende nur eines – der Einschluss. Unbedingt erwähnt werden muss an dieser Stelle noch die zeitgleich veröffentlichte Zusammenfassung der beiden ersten EP („Körper“ und „Aquarium“) der Band unter dem ziemlich albernen resp. irreführenden Titel „Berliner Schule/Protopop“, denn hier finden sich neben dem sinnstiftenden Song „Isolation Berlin“ auch noch zwei glänzende Coverversionen. Zum einen Nina Hagens „Fall In Love Mit Mir“ und die Übersetzung des Joy-Division-Klassikers – na?! – „Isolation“, ersteres herrlich übergeschnappt, letzteres überraschend stimmig. Dass schlechte Laune und gute Musik durchaus harmonieren können, haben die Herren aus Manchester ja schon länger bewiesen – nicht die schlechteste Schule, möchte man meinen.

19.02.  Berlin, Feierhalle am Südstern
30.03.  Leipzig, Moritzbastei
31.03.  Rostock, Peter-Weiss-Haus
01.04.  Hamburg, Molotow
02.04.  Münster, Gleis 22
03.04.  Hannover, Faust
04.04.  Haldern, Pop Bar
05.04.  Wiesbaden, Schlachthof
06.04.  Nürnberg, MUZclub
07.04.  Coburg, Sonderbar
08.04.  Karlsruhe, Kohi
09.04.  Stuttgart, Goldmark's
10.04.  München, Feierwerk
... weitere Termine auf der Facebook-Seite der Band

Montag, 15. Februar 2016

Alibis: The kids are allright

Neues aus dem Londoner Süden: Alibis sind ein noch sehr junges Duo, Richie Skint und Harvey Lee sind beide gerade mal 22 und haben mit "Therapy" dieser Tage ihre erste EP veröffentlicht - produziert hat Cam Blackwood (George Ezra, London Grammar), klanglich geht das schon sehr in Richtung The Clash oder Richard Hawley, also beileibe nicht die schlechtesten Vorbilder.

Samstag, 13. Februar 2016

Fortressless: Wahlverwandtschaften

Wer sich ein paar Stichworte zum Projekt Fortressless zusammensammelt, erhält dabei ein bunt gemischtes Potpourri aus Namen wie Beta Band, Talk Talk, Pet Shop Boys, Candelilla, Die Nerven, Serengeti und Oval (um nur einige wenige zu nennen). Das deutsch-schweizerische Joint Venture von Fabian Tormin (Hamburg) und Christian Keller (Zürich) bezieht sich mit seinem vertrackten Electronik-Mashup stilistisch auf eine Schnittmenge aus den drei Erstgenannten, Tormin betreibt zudem ein Mastering-Studio und hatte dort schon eine ganze Reihe einheimischer Bands zu Besuch. Und die beiden derzeit bekanntesten Stücke der beiden "Smoke Bomb Blisters" und "Neoteny" wurden u.a. auch von Oval und Serengenti (David Cohn, Collab-Partner von Sufjan Stevens bei "Sisyphus") veredelt. Alles zusammen und mehr wird Mitte April auf dem Hamburger Label Insular erscheinen - reinhören hier, zugreifen später. Das Foto da oben ist im Übrigen das einzig verfügbare von Fortressless - wer nun wer ist, ließ sich beim besten Willen nicht so schnell herausfinden, ebensowenig, warum aus dem Duo hier ein Trio geworden ist ...

Satangkai: Freudiges Rätselraten [Update]

Göteborg ist unbestritten momentan eines der kreativsten Pflaster unter der Sonne und auch diese beiden wollen ihren Teil dazu beitragen: Das schwedische Electro-Duo Satangkai hat gerade seine erste EP "Jimmy Says/An Object" online gestellt, der Rest ist zu gleichen Teilen aufrichtige Freude über feinen Retrosound und lustiges Rätselraten, was es wohl mit dem geheimnisvollen, asiatisch anmutenden Bandnamen auf sich hat. Wurde die philippinische Insel Sitangkai samt aller zweitausend Einwohner etwa vom Teufel im Sturm genommen oder handelt es sich eher um eine brandneue, höllische Rosensorte? Nun, wir werden's bald erfahren...

Update: Okay, wir können lösen: Enja Kronlid und Sebastian Olsson sind beide leidenschaftliche Fans der TV-Serie "How The West Was Won" aus den 70ern, Satangkei nannte sich dort der Häuptling eines Sioux-Stammes, der einen bleibenden Eindruck bei den beiden hinterlassen haben muss.

Tender: Der Name ist Programm

Schon mal auf die Idee gekommen, dass es schön wäre, einen Nachfolger für AIR in petto zu haben? Kann man immer brauchen. Nun, die Feinschmeckerseite Turntablekitchen hat gerade mit Tender eine Alternative vorgestellt, die nicht weit weg ist vom Ideal. Das Londoner Elektronikduo hat bislang eine Reihe von EPs veröffentlicht, nun gibt es ein paar neue Songs, die durchaus aufhorchen lassen. Wer über die hier gestreamten "Cut", "Lost" und "Afternoon" hinaus weiterhören möchte, kann das auf ihrer Soundcloud-Seite tun, da gibt es im Übrigen auch ein feines Cover des Drake-Killers "Hotline Bling".

Freitag, 12. Februar 2016

Dirk Darmstaedter: Schon Sommer

Dass Dirk Darmstaedter, der Mann also, der mal die Jeremy Days groß machte (und keinesfalls umgekehrt), ein neues Album plant, ist schon seit einiger Zeit bekannt, nun dürfen wir das Ganze auch mit Tönen und Bildern unterfüttern und deshalb muss das hier schnell raus: Für den 8. April ist die Platte mit dem Titel "Beautiful Criminals" auf Darmstaedters Label Beg Steal And Borrow angekündigt und folgt damit dem vorzüglichen "Before We Leave" aus dem Jahr 2014, die erste Single heißt "Summer Camp Girls" und klingt tatsächlich sommerlich entspannt.

06.05.  Magdeburg, HofGalerie
08.05.  Leipzig, Täubchenthal
09.05.  Frankfurt, Mousonturm
10.05.  Berlin, AusterClub (Ex-Privatclub)
11.05.  Hamburg, Knust
12.05.  Düsseldorf, Pitcher
13.05.  Köln, Stereo Wonderland
17.05.  München, Milla
24.05.  Dresden, Bärenzwinger

Black Mountain: Eindeutig und vierhändig

Beginnen wir den Tag mit etwas Schwarzem: Dass das neue Video der Black Mountains zur ersten Single "Mothers Of The Sun" mit einem düsteren Bergmassiv startet, ist vielleicht nicht ganz so doppeldeutig, aber durchaus konsequent, schließlich haben sie auch ihr Debüt schon mit einem ähnlichen Gesteinsbrocken geschmückt. Die achteinhalb Minuten vom für den April bei Jagjaguwar angekündigten Album "IV" wurden von Ben Jacques ins Szene gesetzt und dass Stephen McBean mehr als zwei Arme sein Eigen nennt, war allen Fans des bärtigen Gitarrenmannes ohnehin schon vorher klar.

06.04.  Zürich, Bogen F
07.04.  Genf, PTR Usine
16.04.  Berlin, Lido


Donnerstag, 11. Februar 2016

Peaches: What's up, bitch!?

Das nächste visuelle Highlight dieses Tages: Peaches hat einen weiteren Song, nämlich das dunkle "Free Drink Ticket", ihres aktuellen Albums "Rub" bebildern lassen und zwar von der amerikanischen Modemacherin Sara Sachs - der Film entpuppt sich schnell als furchteinflößender Albtraum voller cineastischer Querverweise und sexuell aufgeladener Metaphorik.

OK Go: Less gravity, more fun

So, jetzt mal alle schön festhalten: Damian Kulash und seine Band OK Go sind also nicht so die Weicheier, die nur Popmusik am Motherboard machen und sich ansonsten lieber ins flauschige Hinterstübchen verziehen. Beweise? Im Video zu ihrem Song "Upside Down And Inside Out" (vom letzten Album "Hungry Ghosts", 2014) präsentieren sich die vier Herren aus Chicago inklusive zweier gut trainierter Stewardessen ziemlich gravitationslos - entstanden ist der ganze Spaß auf diversen Parabelflügen über russischem Boden und wenn einem selbst beim Zuschauen schon schlecht wird, dann weiß man, welche Leistung hinter dieser Gaudi steckt.


The Cult: Wieder mehr Kredit

The Cult
„Hidden City“

(Cooking Vinyl)

Keine Ahnung, wie nahe sich olle Lemmy Kilmister und Ian Astbury zu Lebzeiten von Motörhead gestanden sind – irgendeine engere Verbindung aber sollte es gegeben haben. Die Vermutung jedenfalls liegt nahe, dass Kilmister gleich nach dem Gang an die himmlischen Whisky-Reserven schnurstracks in der überirdischen Gebetsannahmestelle eingefallen sein muss, um sich dort lauthals darüber zu beschweren, dass die göttliche Vorsehung eine so wunderbare Band wie The Cult über die Jahre, ja fast Jahrzehnte mit gröbster Ignoranz und ungerechtfertigten Schaffenskrisen bestraft, wo doch zu gleicher Zeit so viele mittelmäßige Untalente mit den Durchmarsch in den Rockhimmel belohnt werden.

Nun, er scheint mächtig Eindruck hinterlassen zu haben, denn kurz darauf veröffentlicht Astbury und Billy Duffy mit "Hidden City" erstmals ein Album, das sich ansatzweise mit der letzten Großtat der Band, dem auf ewig unterbewerteten, selbstbetitelten und grungebeeinflussten Werk von 1994 messen lassen kann. Denn: Sie haben wieder Melodien, sie haben wieder die Power, den Zug, es brettert und kracht gar mächtig im Gebälk. Ob böllerndes „Dark Energy“ oder schepperndes „Hinterland“ – wenn es nicht zu platt rüberkäme, man würde gern von einer späten Wiedergeburt sprechen wollen. Auf ewig in den Händen von Bob Rock, hier hat der Mann mal wieder vieles richtig gemacht und am Ende stören nicht einmal die Streicher von „Deeply Ordered Chaos“ und das spärlich klimpernde Piano bei „Sound And Fury“. Und auch wenn der leidenschaftliche Lärm von Stücken wie „Black Sun“ und „Star“ oder die Inbrunst eines „Saints Are Down“ nicht ganz erreicht werden, Astbury scheint wieder etwas Kredit von oben bekommen zu haben. Lemmy sei Dank! http://thecult.us

Feine Sahne Fischfilet: Abschied mit Gebrüll

Mit dem Album sind wir an dieser Stelle ja nicht so gnädig zu Werke gegangen, dieses Video ändert zwar nicht alles, entschädigt aber für vieles: Feine Sahne Fischfilet haben zur letzten Auskopplung aus "Bleiben oder gehen" einen Kurzfilm konzipiert, der ganz schön an die Nieren geht - "Warten auf das Meer" handelt von Liebe und Abschied, von Schmerz, Verlust und heiligen Erinnerungen und passenderweise spielen im Clip von Aron Krause Charly Hübner und Bruno Alexander die Hauptrollen.

Yeasayer: Bilder einer Ausstellung

Die New Yorker Kapelle Yeasayer hat gerade das komplette Artwork für ihr neues Album "Amen And Goodbye" vorgestellt - was sonst eher eine Randnotiz wäre, ist hier ein regelrechtes Happening, wurde doch die Platte vom kanadischen Bildhauer David Altmejd gestaltet. Yeasayer dazu stolz: "Sgt. Pepper meets Hieronymus Bosch meets Salvadore Dalí meets PeeWee's Playhouse", da muss dann schon ein ordentliches Gatefold-Cover her. Durch die Skulpturensammlung führt übrigens auch der neue Teaser, das Album kommt samt erster Single "I Am Chemistry" am 1. April in den Handel.

Mittwoch, 10. Februar 2016

Eliza Shaddad: Weitverzweigt

Das ist schon von einer bemerkenswerten Intensität, was diese junge Dame hier abliefert: Eliza Shaddad, Tochter eines sudanesisch-schottischen Elternpaares und in der Tradition eines weitverzweigten Künstlerstammbaumes, hat gerade die zweite Single ihrer kommenden EP "Run" veröffentlicht - der Titelsong folgt dem Song "Wars", zu dem es mittlerweile auch ein Video gibt. Mitte März soll das Kurzformat via Beatnik Creative erscheinen, wer mag, kann sich Shaddad im Übrigen auch hierzulande noch auf zwei Kurzabstechern ansehen bzw. -hören.

12.04.  Berlin, Privatclub
13.04.  Köln, Studio 672


Porches: Nicht so hastig!

Porches
„Pool“
(Domino Records)

Über die Musik von Aaron Maine gibt es, das ist nicht weiter überraschend, mehr als zwei Meinungen. Die einen halten den New Yorker für ein exaltiertes Genie und den Sound seiner Band Porches für ausgesprochen lässig und unaufgeregt, anderen stoßen Auftreten und Aussehen des Mannes gewaltig auf und widmen deshalb seinen Stil schnell mal zu prätentiös-schwülstigem Kitsch um. Man muss die „Erlaubt ist was gefällt“-Karte aber erst gar nicht ziehen, Maine liebt die Gratwanderung und das Spiel in den Grenzbereichen, alles andere wäre für ihn wohl keine Herausforderung. Auf seinem neuen Album hat er sich einmal mehr dem warmen, analogen Klang programmierter Synthetik verschrieben, anschmiegsame, weiche Melodieflächen, die ein sanftes Gitzern verursachen und die entspannte Bewegungsunfähigkeit feiern. Viel ist von Wasser, Poolatmosphäre, von „slow motion“ die Rede, nur keine ruckartigen, überhasteten Bewegungen, „Weck mich nicht zum Dinner“, just relax! Mal ein hübsches Saxophon-Solo erholungshalber eingebaut („Shaver“), ein wenig House kann auch nicht schaden („Braid“) oder ein paar schimmernde Gitarrenakkorde wie bei „Car“ – nichts da, was überfordern könnte, eine Platte wie ein Sedativum. Dabei ist das Hin und Her durchaus nicht ohne Reiz: Im Video zur Single „Be Apart“, einem der beiden Stücke, die Maine mit seiner Freundin Greta Kline aka. Frankie Cosmos gemeinsam singt, bewegt sich die Kamera auf schwerem Plüsch zwischen gelangweilten Upperclass-Gesichtern und der Refrain läßt den Zuhörer rätseln – singt er nun “I wanna be a part” oder doch “I wanna be apart”? Nun, er wird sich nicht erklären, denn genau das ist das Spiel. Kein so schlechtes, nebenbei … https://porchesmusic.bandcamp.com/