Dienstag, 3. April 2012

Auf die Fresse



Schlachthofbronx „Dirty Dancing“ (Disko B)
Möchte man den zum Duo geschrumpften Schlachthofbronx, den Buddies Bene und Jakob also, glauben, dann sollte eine CD wie die vorliegende eigentlich keine adäquate Ausdrucksform für ihre Musik und den damit verbundenen Anspruch sein. Einmal auf den Silberling Gepresstes ist unwiderruflich gefixt, in der vorliegenden Fassung unabänderlich und – trotz unleugbarer Qualitäten – nur in dieser starren, immergleichen Version wiederholbar. Dass sie diese strikt geregelte Abfolge von Bits und Bytes insgeheim so ganz und gar nicht mögen, vermutet, wer sie hinter all ihrem Equipment auf der Bühne selig lächelnd schwitzen sieht, sicher nicht zu Unrecht – sie lieben die Roughness, das Unbehauene, Schiefe, Spontane, geben der ausgelassenen, hungrigen Crowd gern das, was sie gerade braucht – und es gibt wohl nicht viele Beispiele, in denen der von der „Basswatschn“ (BR2) gehörige Geprügelte gleichermaßen selig zurücklächelt.

Seit 2008 verquirlen die Münchner nun schon Dancehall, Dub, Electro, Breakbeats und Baile Funk zu einer wilden, explosiven Mischung, eine Reihe von EPs und nunmehr zwei Alben sind das unbedingt hörenswerte Ergebnis, sie bespielen – ihrer Heimatstadt längst entwachsen – als „Bavarian Bulldozers“ (Selbstbezichtigung) die verschiedensten Flecken der Erde, und mit „Dirty Dancing“, ihrem neuen Longplayer, wird sich daran so schnell nichts ändern. Es ist wieder fett geworden – schon die ersten Takte von „Slowine“ lassen daran keinerlei Zweifel aufkommen: träge noch, aber schon raumgreifend, spätestens bei „Juego“ mit ihrem alten Bekannten Doubla J ist es an der Zeit, seinen Füssen (ungefragt) Auslauf zu gönnen – sie werden, das ist sicher, bis zum Schluß nicht mehr zur Ruhe kommen.

Das analoge Schlagwerk bei „Agwazo“ könnte man schon mal als Vorgriff auf den im Interview geäußerten Wunsch der beiden werten, irgendwann mal eines ihrer Sets dem Publikum komplett live zu präsentieren. Vorerst geht’s jedoch auch bestens ohne Band, dafür mit anständiger Gästeliste: Natalie Storm aus Jamaika scattet sich durch den nervösen Breakbeat von „Touch Your Toes“, die Puppetmastaz geben sich bei „One Hand“ die Ehre und Gnucci Banana, gerade erst auf dem Album „Father Creeper“ von Partner Spoek Mathambo veredelt, meldet sich für die Dancehallbeats von „Singstar“ zu Wort.

Im Vergleich zum Vorgänger präsentiert sich die vorliegende Platte zwar formstark und bis zum Ende ohne jeden Hänger, die Schlachthofbronx gestatten sich allerdings weitaus weniger Ausflüge jenseits des beschriebenen Parcours. Kein „Schorschl“ also, auch kaum etwas von dem, was man platterdings gern als „Balkanbeat“ verallgemeinert – gut möglich, dass sich den beiden da mittlerweile zu viele Wannabees im Ring tummeln. Wirklich schmerzhaft ist das nicht, denn auch die „Nummer Sicher“ bringt einen genügend aus der Puste und am Ende gibt’s mit „Copenhagen“ immerhin noch ein sattes Technobiest auf die Ohren. Allzulang sollte man sich mit der CD allerdings nicht aufhalten, denn mehr als bei anderen Platten kann das hier nur der erste Schritt sein – zum besseren Verständnis ist ein baldiger Konzertbesuch dringend anzuraten. Für's erste - Stream bei Soundcloud, Infos bei Schlachthofbronx.

Und live/dirty in nächster Zeit:
20. April Hannover, Weidendamm
21. April Krefeld, Schlachthof
04.05. Köln, Uni Mensa
05.05. Mühlheim/Ruhr, Ringlokschuppen

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