Dienstag, 4. Mai 2010

Gehört_136



The National „High Violet“ (4AD)
Wollte man die Musik von The National mit einem einzigen Wort umschreiben, so fiele mir als erstes „gedämpft“ ein. Alles, was die fünf Amerikaner in letzter Zeit abgeliefert haben, grob gerechnet ab der Veröffentlichung ihres dritten Albums „Alligator“, scheint mit dicken Samtbahnen ausgefüttert zu sein, die jede übertriebene Erschütterung und noch den kleinsten Ausreißer herunterzudimmen vermögen. Wenn sich auf „Sad Songs For Dirty Lovers“ Sänger Matt Berninger noch zu dem einen oder anderen Schrei hinreißen ließ, so scheint ihm danach, spätestens aber mit dem neuen Album jedwede Aufgeregtheit fremd geworden zu sein. Das mag sich jetzt vielleicht negativ anhören, ist aber keineswegs als Böswilligkeit gemeint – man hat sich halt eingerichtet im schummrigen Kosmos der Band und nimmt eine so melancholisch angewärmte Platte wie „High Violet“ trotz oder auch wegen fehlender Innovationen wohlwollend zur Kenntnis. Wie immer bei solch verhaltenen Produktionen sind es die Kleinigkeiten, die das Herz resp. Ohr erfreuen: der düstere Charme des traurigen „Sorrow“, die fast schon aufgeweckte Rhythmik bei „Anyone’s Ghost“, die elektronischen Spielereien zu Beginn von „Little Faith“. Die beiden ersten Leaks vor Erscheinen, „Afraid Of Everyone“ und „Bloodbuzz Ohio“, stehen mit ihren schwelgerischen Melodien stellvertretend für die Grundstimmung, bei ersterem gibt’s noch ein paar knorrige Gitarrenakkorde als Farbtupfer dazu und am Ende ein wenig Geschrammel, wobei man sich angenehm an die späten Platten von Wedding Present erinnert fühlt. Auch bei den folgenden Songs denke ich mir jedes Mal, jetzt müßtest du doch mal genug haben von all dem tiefsinnigen, grüblerischen Gegrummel und – schwupps, kommen „Conversation 16“, „England“ etc. um die Ecke und man lehnt sich wieder wohlig erschaudernd zurück. Es bleibt also dabei, The National machen Platten für Feinschmecker, Berninger gilt mit seinem Timbre immer noch als Märchenonkel Nr. 1 für meine Kinder und wenn die neue Interpol in diesem jahr ein Reinfall werden sollte, dann haben wir mit „High Violet“ trotzdem schon mal ein Schaf im Trockenen. Der eine kleine imaginäre Stern, der am Ende fehlt, sollte mehr Ansporn sein denn Kritik, doch ab und zu mal wieder die Leinen loszumachen ...
http://www.americanmary.com/

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