Mittwoch, 11. November 2009

Gehört_76



Bad Lieutenant „Never Cry Another Tear“ (Universal)
Zum Thema “Rockmusik und alte Männer“ fallen einem auf Anhieb eine ganze Menge garstige Vergleiche und Metaphern ein, wobei „zahnlos“ an erster Stelle stehen dürfte, dicht gefolgt von „inkontinent“ – Sinnbild für den unaufhörlichen Drang nach Veröffentlichung jedweden Materials unabhängig von dessen Qualität und Relevanz. Das trifft natürlich nicht zu 100 Prozent auf die neue Band von Bernard Sumner zu, aber ganz so abwegig kann der Vorwurf auch nicht sein. Zähne zeigen war Sumners Sache wahrscheinlich eh’ noch nie – nach dem Ende von Joy Division steuerten New Order nach und nach vom Postpunk über Wave zum gitarrenumspülten Dancepop und schon diesen Weg mochte der eine oder andere Fan der ersten Stunde nur schwerlich mitgehen. Doch spätestens mit seinem Nebenprojekt Electronic, gegründet mit Gitarrenguru Johnny Marr, hatte die Musik jene Unverwechselbarkeit verloren, war weder stilprägend noch maßgeblich und doch nicht schlecht. Und Bad Lieutenant machen da ansatzlos weiter: routiniert gespielte Tanznummern, belanglos aber schön. Nach dem Einstieg mit „Sink Or Swim“ und „Twist Of Fate“, die beide noch am ehesten an New Order und deren perfekten, schimmernden Sound erinnern, kommt eine ganze, große Menge an recht durchschnittlichem Popmaterial, was sich ganz gut nebenbei hören läßt – zum pophistorischen Diskurs allerdings taugt es nicht. „Dynamo“ versucht zur Mitte hin, ein wenig aus diesem gefälligen Schema auszubrechen, möchte böse und laut klingen – aber hey, das haben Midnight Oil vor Jahren doch schon eine Spur bissiger hinbekommen. „These Changes“ mit Jake Evans am Mikro wiederum ist eher Grunge als Pop, was die Sache aber auch nicht unbedingt besser macht. Richtig sauer kann den dreien trotzdem niemand sein, es klingt nichts falsch, drängt sich aber auch beileibe kein Stück in Vordergrund. Was man den Jungs allerdings sehr wohl vorwerfen muß ist der eklatante Fehlgriff bei der Wahl des Bandnamens, denn „Bad Lieutenant“ ist ein so abgründiger, verstörend düsterer Film, der einen mit einer gehörigen Portion Unwohlsein zurückläßt – nichts davon hat diese Musik. Hier wäre „Das große Krabbeln“ sicher die bessere und treffendere Alternative gewesen.

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