Donnerstag, 8. Oktober 2009

Gehört_65



Editors „In This Light And On This Evening“ (PIAS)
Was für eine große Versuchung, dieses dritte Album der Editors mal so richtig in Grund und Boden zu schreiben. Die Erwartungen waren ja nach dem lauwarmen Vorgänger „An End Has A Start“ sowieso schon in Bodennähe angesiedelt, das Debüt schien in unerreichbare Höhen gerückt und dann meinte Sänger Tom Smith zu allem Überfluß auch noch jedem erzählen zu müssen, er hätte außer Depeche Mode’s „Violator“ in letzter Zeit eigentlich nichts von Belang angehört. Puh – das war zwar sehr ehrlich, ließ einen aber auch mit gehörigem Mißtrauen zurück. Was nun zuerst auffällt – auch die Band selbst war offensichtlich mit dem zweiten Wurf nicht so zufrieden, wie sonst wäre der deutliche Schwenk in Richtung synthetischer Klänge sonst zu erklären. Bei der Vorauskopplung „Papillon“ meinte man ja schon seinen Ohren nicht zu trauen, nun, ganz so umgekrempelt erscheinen sie dann doch nicht über die kompletten neun Songs. Zum Einstand ein Hammer, der Titelsong „In This Light And On This Evening“ ist von einer atemberaubenden Finsternis, tiefschwarzes Raunen auf einem Teppich aus verzerrter Gitarre, Klavier und wuchtigem Drumset – schon ein Höhepunkt. Im folgenden wird dann schnell klar, dass die Editors auch hier sehr wohl die Editors bleiben, sie haben ihre großen Melodiebögen behalten, Smith’s Gesang verfängt noch immer, es gibt wieder gefällige Rhytmen und choralen Backround und natürlich die gewohnte (Über-)Dosis Pathos und Zuckerguß. „Bricks And Mortar“ hat all das, „Papillon“ steht als knochentrockner Crowdpleaser wohl außer Frage und für sich selbst, auch „You Don’t Know Love“ geht in Ordnung, wenn hier auch die Vocals ein wenig dünn wirken. Nicht alles gelingt freilich, aber das unbedingte Bemühen ist ihnen anzumerken. „The Big Exit“ kann sich zwischen Stampfen und Schwelgen nicht recht entscheiden, dafür ist ihnen mit „The Boxer“ wieder ein wunderbar tieftrauriges Rührstück gelungen, an das „Like Treasure“ fast ansatzlos anschließen kann. Bei „Eat Raw Meat = Blood Drool“ wird dann noch mal alles aus der Steckdose gezogen, was gerade verfügbar war, der Refrain gerät etwas schief, aber der Song als solcher ist recht kraftvoll und durchaus interessant. „Walk The Fleet Road“ am Ende ist, um beim anfänglichen Vergleich zu bleiben, kein „Clean“ geworden, dazu fehlt ihm ein wenig das Gore’sche Genie. Er schließt aber stimmig ein Album ab, auf das man so nicht gefaßt war, was in dieser neuen Ausrichtung aber nicht nur überraschen, sondern größtenteils auch überzeugen kann. Es wird spannend sein zu beobachten, wohin der Weg der Editors führt, bewegen sie sich doch, wie in der „Visions“ treffend bemerkt, in die entgegengesetzte Richtung, die Depeche Mode damals mit „Violator“ eingeschlagen haben. Keine Platte also, für die man sich schämen muß, bleibt zu hoffen, dass ihr Mut auch von ihrem Publikum honoriert werden wird.

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